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Unsicherheiten bleiben bestehenGezillmerte Tarife bei Entgeltumwandlung -ArbG Siegburg urteilt arbeitgeberfreundlich

Abo-Inhalt07.07.20088 Min. Lesedauer von RA Dr. Alexander Klein, Leiter Recht, SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, Swiss Life Gruppe, München

In das Thema „Entgeltumwandlung und Zillmerung“ kommt Bewegung. Nachdem das ArbG Stuttgart (Ausgabe 5/2006, Seite 90) und die vierte Kammer des LAG München (Ausgabe 7/2007, Seite 106) arbeitgeberfeindlich entschieden haben, hat sich das ArbG Siegburg jetzt arbeit­geberfreundlich gezeigt und einen differenzierten Lösungsansatz zur Zillmerung aufgezeigt.

In das Thema „Entgeltumwandlung und Zillmerung“ kommt Bewegung. Nachdem das ArbG Stuttgart (Ausgabe 5/2006, Seite 90) und die vierte Kammer des LAG München (Ausgabe 7/2007, Seite 106) arbeitgeberfeindlich entschieden haben, hat sich das ArbG Siegburg jetzt arbeit­geberfreundlich gezeigt und einen differenzierten Lösungsansatz zur Zillmerung aufgezeigt.

Entscheidung des ArbG Siegburg

In dem vom ArbG Siegburg entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer von 2000 bis 2007 als Personalreferent angestellt. Im Jahr 2004 vereinbarte er mit seinem Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung zugunsten einer Pensionskassenversorgung. Für die Zeit vom 11. Dezember 2004 bis 1. September 2007 zahlte der Arbeitnehmer 34 Monatsbeiträge à 204 Euro an die Pensionskasse. Zum 30. September 2007 schied er aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Der Personalreferent verlangt von seinem früheren Arbeitgeber die Auszahlung der umgewandelten Entgeltbestandteile in Höhe von 7.004 Euro. Er ist der Ansicht, dass die entsprechende Vereinbarung unwirksam ist. Denn die Anwartschaft sei aufgrund des gezillmerten Rentenversicherungsvertrags der Pensionskasse nicht wertgleich im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG. Das ArbG hält die Vereinbarung dagegen für wirksam (Urteil vom 27.2.2008, Az: 2 Ca 2831/07; Abruf-Nr. 081464081464).

Was heißt „Wertgleichheit“?

Das ArbG hat den Begriff „Wertgleichheit“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG anhand der Gesetzesmaterialien analysiert, weil es im Gesetz keine Definition gibt. Es kommt zum Schluss, dass bei der Wahl eines versicherungsförmigen Durchführungswegs (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) Wertgleichheit immer dann gegeben sei, wenn der Arbeitgeber die umgewandelten Entgeltteile vollständig, das heißt betragsgleich, an den durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigten Versorgungsträger abgeführt habe. Somit sei auch bei gezillmerten Tarifen Wertgleichheit gegeben.

Vertragliche Definition der Wertgleichheit?

Ferner setzt sich das ArbG ausführlich mit der in der Literatur vertretenen Meinung auseinander, dass es den Vertragsparteien (Arbeitgeber, Arbeitnehmer) obliegt, die Wertgleichheit der Versorgung zum umgewandelten Entgelt zu definieren.

Folge man dieser Ansicht, so würde die Zillmerung des Rentenversicherungsvertrags nur dann Bedenken begegnen, wenn der Arbeitnehmer

  • entweder keine Zillmerung wollte, diese also nicht vereinbart war,
  • oder nicht hinreichend auf die Folgen der Zillmerung des abzuschließenden Rentenversicherungsvertrags hingewiesen worden wäre.

Im Urteilsfall war der Arbeitnehmer nach Ansicht des ArbG über die Zillmerung angemessen informiert, und nach dem Parteiwillen war auch der Abschluss eines gezillmerten Tarifs gewollt.

Selbst wenn man annehmen würde, dass die Parteien explizit einen ungezillmerten Tarif wählen wollten, wäre die Entgeltumwandlung nicht komplett unwirksam. Vielmehr müsste der Arbeitgeber die Differenz zwischen dem Rückkaufswert des gezillmerten zum ungezillmerten Tarif ausgleichen.

LAG München und die Zillmerung

Schließlich wandte sich das ArbG ungewöhnlich scharf gegen die Argumente des LAG München. Letzteres hatte entschieden, dass eine Zillmerung im Rahmen der Entgeltumwandlung generell unwirksam sei (Urteil vom 15.3.2007, Az: 4 Sa 1152/06; Abruf-Nr. 071464071464; Ausgabe 6/2007, Seite 106).

Wenn das LAG München zu verlangen scheine, so das ArbG, dass der Rückkaufswert stets dem umgewandelten Entgelt betragsmäßig entsprechen müsse, so sei dies zumindest lebensfremd. Denn mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen würden Kosten anfallen. Diese müssten vom Arbeitnehmer getragen werden, und nicht vom Arbeitgeber, der nach § 1a BetrAVG zur Durchführung der Entgeltumwandlung verpflichtet sei.

Die völlige Unwirksamkeit der Entgeltumwandlung würde dem Ziel des Aufbaus einer betrieblichen Altersversorgung zuwiderlaufen und dem Arbeitnehmer den Insolvenzschutz seiner Versorgungsanwartschaften nehmen, den Versicherungsschutz nicht gewährleisten. Diese Konsequenz würde auch nicht dem Parteiwillen entsprechen, weil gerade der Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung für den Arbeitnehmer gewünscht und gewollt war.

Wichtig: Das Urteil des ArbG Siegburg ist nicht rechtskräftig. Der Arbeitnehmer hat Berufung zum LAG Köln eingelegt.

Widersprüchliche Urteile - BAG muss entscheiden

Die widersprüchlichen Urteile sorgen weiter für Unsicherheiten bei der betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Endgültige Klarheit wird erst das beim BAG unter dem Aktenzeichen 3 AZR 376/07 anhängige Verfahren bringen.

AUSGABE: LGP 7/2008, S. 125 · ID: 120358

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