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NachhaltigkeitMit der eigenen Kanzlei als gutes Beispiel vorangehen

Abo-Inhalt14.02.20259 Min. LesedauerVon Carl-Dietrich Sander, UnternehmerBerater, Karst

| Nachhaltigkeit ist eines der zentralen Zukunftsthemen sowohl für die Gesellschaft als auch für die weitere erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung insgesamt und jedes einzelnen Unternehmens. Damit sind auch Steuerberatungskanzleien als Unternehmen gefragt, sich zu diesem Thema zu positionieren. Das gilt unabhängig davon, welche Schritte die einzelne Kanzlei auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit bereits gegangen ist. Und es gilt, den eigenen Weg Richtung Nachhaltigkeit nach außen deutlich zu machen, diesen also bewusst und aktiv zu kommunizieren. |

Die Erwartungen werden zunehmen

Können Steuerberatungskanzleien das Thema Nachhaltigkeit einfach übergehen? Im Prinzip ist das natürlich möglich. Aber: Wäre eine solche Haltung sinnvoll mit Blick auf die Erwartungen, die von verschiedenen Seiten auch zu diesem Thema an eine Steuerberatungskanzlei herangetragen werden? Zu denken ist dabei an folgende Erwartungsträger:

Eigenanspruch der Inhabenden

An erster Stelle steht der eigene Anspruch, den die Berufsträger in der Kanzlei an sich selber und ihr Unternehmen zu diesem Thema haben. Denn viele Verantwortliche für die Kanzleistrategie werden aus eigener Motivation und eigenem Anspruch handeln, um den Weg der Kanzlei zu (noch) mehr Nachhaltigkeit gezielt zu steuern. Wenn der eigene Anspruch bereits durch Aktivitäten erfüllt erscheint, sollte der Blick auf die weiteren Erwartungsträger gerichtet werden.

Ansprüche der Mandantschaft

Die Mandanten der Kanzlei sind die zentralen Bezugspersonen für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft. Welche Erwartungen haben die privaten wie die gewerblichen Mandanten an die Kanzlei zum Themenkreis Nachhaltigkeit? Wie genau kennen alle Handelnden in der Kanzlei diese Erwartungen? Wird in den Mandantengesprächen (systematisch) danach gefragt, welchen Stellenwert das Thema für diese selbst hat? Welche Erwartungen leiten sich daraus ggf. an die Kanzlei ab – heute und mit Blick auf die Zukunft? Werden die Erkenntnisse aus diesen Fragen im Kreis der Handelnden zusammengeführt? Gibt es dazu einen Austausch? Wird darüber gesprochen, welche Handlungskonsequenzen sich daraus für die Kanzlei heute und morgen ergeben? Und wie diese Konsequenzen konkret umgesetzt werden?

Dabei sollte nicht nur an die bestehenden Mandanten gedacht werden. Mit Blick auf die normale „Fluktuationsquote“ (oder sogar eine gewollte) ergibt sich eventuell die Notwendigkeit, neue Mandate zu akquirieren. Damit stellt sich die Frage, welche Art von Mandanten das idealerweise sein sollten, um die Mandanten-Ertrags-Struktur der Kanzlei weiter zu verbessern. Und daran schließt sich die Frage an, welche Erwartungen diese Ideal-Ziel-Mandanten zum Themenkreis Nachhaltigkeit haben werden. Und wenn eine Kanzlei diese Akquisition sinnvollerweise über Empfehlungsmarketing angehen will, dann stellt sich die gleiche Frage zu den Mandanten, die man auf mögliche Empfehlungen aktiv ansprechen möchte.

Ansprüche der Mitarbeitenden

Die Mitarbeitenden sind eine weitere zentrale Gruppe von Erwartungsträgern. In Zeiten des Fachkräftemangels sollte darauf ein besonderer Blick liegen. Auch für sie bekommt das Thema immer mehr Gewicht. Das gilt für die vorhandene Belegschaft und noch viel mehr für das Werben um neue Köpfe für die Kanzlei. Es geht also darum, ob die Kanzlei in der Wahrnehmung von innen und von außen ein attraktiver Arbeitgeber ist. Dabei hilft auch ein Blick auf die Altersstruktur des Teams und die übliche Fluktuationsquote: Je mehr Mitarbeitende in den kommenden Jahren in den verdienten Ruhestand wechseln werden, umso bedeutender wird das Thema für eine Kanzlei. Dahinter steht auch die Frage nach der Empfehlungsbereitschaft als guter Arbeitgeber durch die eigenen jüngeren Mitarbeitenden.

Bestandsaufnahme machen

Wie immer ist der erste Schritt eine ehrliche und selbstkritische Bestandsaufnahme:

  • Wie steht es um die eigene Anspruchshaltung?
  • Was wissen wir über die Haltung unseren Mandanten und eventuell nötiger künftiger Mandanten?
  • Was wissen wir über die Haltung unseres Kanzleiteams und der jüngeren Generation am Arbeitsmarkt?
  • Was tun wir heute schon in Sachen Nachhaltigkeit?

Ziele formulieren und umsetzen

Auf Basis der Bestandsaufnahme werden im nächsten Schritt konkrete Ziele erarbeitet. Dabei können zwei Zielrichtungen in den Blick genommen werden:

  • Was können wir selbst tun, um die Nachhaltigkeit der Kanzlei zu verbessern? Was können wir z.B. konkret tun, um den CO2-Fußabdruck der Kanzlei zu reduzieren?
  • Was können wir tun, um unsere Mandanten auf deren Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten und zu unterstützen? Damit verbunden ist die Frage, welche Möglichkeiten für Synergien (Zusammenwirken) sich dabei ergeben können, sodass beide Partner ihren CO2-Fußabdruck reduzieren können – wie z. B. durch eine intensivere digitale Zusammenarbeit. Dabei ist auch die Frage erlaubt, welche weiteren Geschäftsmöglichkeiten sich daraus für die Kanzlei ergeben könnten – wie z. B. durch eine Beratung und Begleitung zu den ESG-Risiko-Scoring-Systemen der Kreditinstitute.

Gerade wenn die Motivation zu einem Thema groß ist, laufen Unternehmen allerdings Gefahr, sich bei den eigenen Vorhaben zu übernehmen – also zu viel auf einmal zu wollen. Ziele und die daraus abgeleiteten Aktivitäten müssen in einem Unternehmen immer parallel zum Tagesgeschäft umgesetzt werden. Es gilt daher zu überlegen, welche Kapazitäten benötigt werden, um als sinnvoll erkannte Maßnahmen zu realisieren.

Dabei hilft es, jede Aktivität in einem klaren Muster zu beschreiben:

  • Wer: Wer hat die Verantwortung für die Durchführung dieser Aktivität?
  • Was: Was genau ist die Aufgabe, was genau ist zu tun? An dieser Stelle lohnt es sich, ausführlich zu sein und den Umfang der Aktivität – ggf. in Teilschritten – klar zu beschreiben.
  • Mit wem: Wer muss mitarbeiten, um die Aktivität zum Erfolg zu führen? Dabei ist sowohl an die eigenen Mitarbeitenden zu denken als auch an eventuelle Externe.
  • Bis wann: Bis zu welchem Endtermin soll diese Aktivität erfolgreich beendet sein? Meist ist es vorteilhaft, mit Blick auf definierte Teilschritte mit Zwischenterminen zu arbeiten.

Wichtig ist, dass eine Person dafür verantwortlich ist, die (Zwischen-) Termine aller Aktivitäten im Auge zu behalten und die unter „wer“ Benannten ggf. auf den Stand anzusprechen, wenn es keine positiven Rückmeldungen zum Stand der Umsetzung gibt.

Auf dieser Basis kann dann entschieden werden, ob alle als sinnvoll erkannten Aktivitäten jetzt möglich sind, oder ob Prioritäten gesetzt werden müssen. Beim Setzen von Prioritäten ist es sinnvoll, nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden, sondern Kriterien für eine Einordnung der Aktivitäten zu nutzen. Hierbei soll folgendes Schema helfen:

Tabelle: Maßnahmenpriorisierung
Kriterium
Maßnahme 1
Maßnahme 2
Maßnahme 3
Maßnahme ist gut zu beeinflussen Skala:
0 = gering
1 =mittel
2 = hoch
021
Maßnahme ist kurzfristig umsetzbar
Skala:
0 = 6 Monate
1 = 3 Monate
2 = 1 Monat
021
Verhältnis von Nachhaltigkeits-nutzen in der Kanzlei und Aufwand in der Kanzlei
Skala:
0 = gering
1 = mittel
2 = hoch
222
Summenscore
264

Das erste Kriterium betrifft die praktische Umsetzbarkeit der Maßnahme. Manche Maßnahmen können „im Handumdrehen“ umgesetzt werden und laufen, einmal implementiert, von selbst weiter. Andere Maßnahmen haben viele Interdependenzen und müssen laufend monitoriert werden. Das zweite Kriterium betrifft den Zeithorizont der Umsetzung und ist eigentlich selbsterklärend. Das dritte Kriterium erfasst den Nachhaltigkeits-„Deckungsbeitrag“ der Maßnahme und setzt voraus, dass die Maßnahmen entsprechend bewertet wurden. Maßnahmen mit einem hohen Summenscore werden priorisiert.

Wie interpretiert man den Summenscore einer Maßnahme? Der Vergleichbarkeit halber enthält die Tabelle drei Maßnahmen mit gleichem Verhältnis aus Nachhaltigkeitsnutzen und Aufwand. Maßnahme 1 ist weder gut beeinflussbar noch schnell umsetzbar. Maßnahme 2 hingegen ein buchstäblicher „Quick-win“. Maßnahme 3 liegt dazwischen. Hier wäre also die Priorisierungs-Reihenfolge: Maßnahme 2 vor Maßnahme 3 vor Maßnahme 1.

Kommunikation auf allen Kanälen

Mit der Kommunikation über die eigenen Aktivitäten sollte nicht gewartet werden, bis ein „perfektes“ Ergebnis vorliegt. Gerade die regelmäßige Information über Schritte und Zwischenergebnisse festigt das Vertrauen der Erwartungsträger, dass die Kanzlei es mit ihrem Engagement für die Nachhaltigkeit wirklich ernst meint. Dies gilt sowohl für die Kommunikation nach innen wie für die Kommunikation nach außen.

Kommunikation nach innen

Die Kommunikation nach innen in die eigene Mannschaft ist Voraussetzung dafür, dass die Motivation zum Thema bei allen hoch bleibt – sowohl bei den direkt an den Aktivitäten beteiligten Mitarbeitern wie bei den Mitarbeitern, die aktuell nicht in einzelne Aktivitäten eingebunden sind. In welchem Umfang dabei elektronische Kommunikationswege genutzt werden und/oder persönliche Gesprächsrunden, hängt von den Gepflogenheiten in der Kanzlei ab. Es sollte überlegt werden, wie das Thema in die regelmäßige Mitarbeiterkommunikation eingebunden wird. Eventuell ist das Thema auch Anlass, über Umfang und Intensität der Mitarbeiterkommunikation wieder einmal nachzudenken.

Kommunikation nach außen

In der Kommunikation nach außen können Kanzleien zwei Gruppen von Erwartungsträgern unterscheiden: die eigenen Mandanten und die breite Öffentlichkeit. Für die eigenen Mandanten wird es direkte Kommunikationswege geben: Neben dem persönlichen Kontakt der für das Tagesgeschäft und die Beratung jeweils verantwortlichen Mitarbeiter Informationsbriefe, Newsletter, Mandantenportal auf der Internetseite etc. Darüber hinaus erreichen natürlich auch die an die breite Öffentlichkeit gerichteten Kommunikationswege die eigenen Mandanten. Die breite Öffentlichkeit wird erreicht über die eigene Internetseite und die Aktivitäten der Kanzlei in den elektronischen Medien aller Art wie LinkedIn, XING, Facebook, Instagram, TikTok etc.

Als Einstieg in die weiteren Überlegungen empfiehlt sich auch hier für beide Gruppen erst einmal eine kurze Bestandsaufnahme:

  • Was machen wir derzeit mit welchem zeitlichen Aufwand auf welchen Kanälen?
  • Welche Rückmeldungen erhalten wir dazu?
  • Holen wir systematisch Rückmeldungen ein?
  • Werten wir Rückmeldungen aus und leiten Konsequenzen ab?

Dann ist zu entscheiden, mit Blick auf welche Gruppen das Thema Nachhaltigkeit auf welchen Kanälen transportiert werden soll. Auch hier werden vermutlich Prioritäten erforderlich sein, um die Kräfte in der Kanzlei nicht zu überfordern und/oder das Budget für externe Dienstleister klar zu steuern. Für manche Kanzlei mag die Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit auch Anlass sein, die eigene Kommunikation nach innen und nach außen wieder einmal grundsätzlich zu überdenken und ggf. neu zu strukturieren.

Inhaltlich ist von Vorteil, dass die Botschaften über den Weg der Kanzlei zu (noch) mehr Nachhaltigkeit für alle Kanäle erst einmal die gleichen sind. Allerdings wird die redaktionelle Aufarbeitung für den einen oder anderen Kanal unterschiedlich sein müssen. Auch dabei ist zu entscheiden, welcher Aufwand sinnvoll erscheint. Viele Kanzleien werden erst einmal Prioritäten setzen und sich auf einige wenige Kanäle konzentrieren. Dabei mag auch eine Rolle spielen, auf welchen Kanälen Textbeiträge sinnvoll sind und auf welchen es auf Video-Beiträge ankommt.

Entscheidend bei allen Überlegungen zur Kommunikation des eigenen guten Beispiels ist: Die Informationen dazu dürfen keine Eintagsfliege sein. Denn die schwirrt nur einmal durch den Kopf der Aufnehmenden und gerät im Getümmel der Informationsüberlastung mit großer Wahrscheinlichkeit schnell wieder in Vergessenheit. Dagegen hilft nur Regelmäßigkeit. So könnte eine Leitlinie sein: Wir veröffentlichen einmal im Monat auf den ausgewählten Kanälen eine Information zu aktuellen Ereignissen, Schritten, Themen auf unserem Weg. Diese können dann durchaus sehr unterschiedlich lang ausfallen – Kanzleien sollten sich auch nichts „aus den Fingern saugen“. Hilfreich sind dabei immer persönliche Geschichten, Erfahrungsberichte und Stellungnahmen der eigenen Mitarbeiter und gerne auch von Mandanten.

Weiterführende Hinweise
  • So bringen Sie das Thema Nachhaltigkeit erfolgreich in die Kanzlei ein (KP 25, 5)
  • Die Nachhaltigkeit der eigenen Kanzlei analysieren und darüber berichten (KP 24, 180)
  • Nachhaltigkeit als Herausforderung für Steuerberatungskanzleien (KP 24, 60)
  • So beurteilen Banken Ihre Kanzlei und die Unternehmen Ihrer Mandanten (KP 24, 132)
  • Das IWW-Institut unterstützt Sie mit dem Informationsdienst PN Praxis Nachhaltigkeit. Einmal im Quartal vertiefen Sie im Heft Ihr Wissen zu allen Aspekten des Themas Nachhaltigkeit. Zwischen den Erscheinungsterminen hält Sie ein Online-Portal mit Mitteilungen und Arbeitshilfen auf dem Laufenden: www.iww.de/pn. Zusätzlich gibt es eine Webinarreihe, in der ausgewiesene Experten ausgewählte Schwerpunkte beleuchten: www.iww.de/webinar/praxis-nachhaltigkeit

AUSGABE: KP 3/2025, S. 42 · ID: 50179598

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