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BerufsausübungBrauchen Steuerkanzleien bald einen Compliance-Beauftragten?

Abo-Inhalt14.02.20254 Min. LesedauerVon RA Hans-Günther Gilgan, Senden

| Der Begriff der „Compliance“ hat in den letzten Jahren in vielen Wirtschaftssektoren an Bedeutung gewonnen. Auch für Rechtsanwälte und Steuerberater steht die Frage im Raum, ob es notwendig wird, einen speziellen Compliance-Beauftragten zu benennen, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Dieser Beitrag beleuchtet die berufsrechtlichen Compliance-Vorgaben für Rechtsanwälte und Steuerberater und zeigt auf, welche Aufgaben ein Compliance-Beauftragter in einer Kanzlei übernehmen könnte. |

Berufsrechtliche Compliance-Vorgaben

Bereits in den letzten Jahren wurden die berufsrechtlichen Regelungen für Kanzleien verschärft, um sicherzustellen, dass berufsrechtliche Pflichten eingehalten werden. Sowohl für Steuerberater als auch für Rechtsanwälte ist es von grundlegender Bedeutung, dass sie geeignete Maßnahmen zur Einhaltung dieser Pflichten umsetzen. Die gesetzlichen Grundlagen sind dabei im Steuerberatungsgesetz (StBerG) sowie in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) verankert.

Compliance im Steuerberatungsgesetz (StBerG)

Mit der großen Berufsrechtsreform im Jahr 2022 wurde auch der Grundstein für eine Compliance-Struktur in Steuerkanzleien gelegt. Die Berufsausübungsgesellschaften (BAG) sind gemäß § 52 Abs. 2 StBerG dazu verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt und abgestellt werden. Bei BAG mit Angehörigen anderer Berufe (§ 50 Abs. 1 S. 1 StBerG) ist durch geeignete gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, dass die BAG für die Erfüllung der Berufspflichten sorgen kann. Diese gesetzliche Aufforderung sollte dahin gehend verstanden werden, dass es nicht um Einzelmaßnahmen (Zugriffsbeschränkungen, Prüfungen bei Interessenkollisionen, sichere Aufbewahrung der Handakten) geht, sondern die BAG muss ein System implementieren, dass geeignet ist, die Einhaltung der Berufspflichten jederzeit zu gewährleisten.

Zusätzlich enthält die Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) spezifische Vorgaben, die zur Einhaltung der berufsrechtlichen Pflichten beitragen sollen. So verpflichtet etwa § 5 BOStB den Steuerberater, dafür Sorge zu tragen, dass Unbefugte keinen Zugang zu mandatsrelevanten Informationen erhalten. Dies schließt sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen ein (s. in diesem Kontext auch die §§ 3, 4 und 8 BOStB).

Compliance im Berufsrecht der Rechtsanwälte

Auch für Rechtsanwälte und deren Berufsausübungsgesellschaften haben sich die Compliance-Anforderungen in den letzten Jahren verändert. Die BORA und die BRAO enthalten allgemeine Verpflichtungen zur Einhaltung des Berufsrechts. Beispielsweise müssen Rechtsanwälte gemäß § 59q Abs. 3 BRAO in einer Bürogemeinschaft angemessene organisatorische, personelle und technische Maßnahmen treffen, um die Einhaltung der Berufspflichten sicherzustellen. Eine wichtige Neuerung stellt die Einführung von § 31 BORA dar, die am 1.10.23 in Kraft trat. Diese Regelung legt Mindeststandards für die Einhaltung und Kontrolle berufsrechtlicher Regeln in Anwaltskanzleien fest und benennt explizit die Bestellung einer oder eines Berufsrechtsbeauftragten als geeignete Maßnahme.

Aufgaben und Rolle eines Compliance-Beauftragten

Angesichts dieser wachsenden Anforderungen stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, in Kanzleien einen speziellen Compliance-Beauftragten zu benennen, der sich gezielt um die Einhaltung der berufsrechtlichen Vorschriften kümmert. Auch wenn weder die BORA noch das StBerG ausdrücklich die Ernennung eines solchen Beauftragten verlangen, gibt es zahlreiche Argumente, die dafürsprechen.

Ein Compliance-Beauftragter wäre verantwortlich für die Implementierung und Überwachung eines Compliance-Systems, das die Kanzlei vor rechtlichen und berufsrechtlichen Risiken schützt. Zu den Aufgaben könnte es gehören, interne Richtlinien zu erarbeiten, die sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden der Kanzlei die berufsrechtlichen Vorschriften einhalten. Die Mitarbeitenden müssten dann regelmäßig zu compliance-relevanten Themen unterwiesen werden und die Richtlinien selbst aktuell gehalten werden.

Die Einführung eines Compliance-Beauftragten in einer Kanzlei bietet eine Reihe von Vorteilen: Zum einen wäre das Thema personell adressiert. So kann die Kanzlei nachweisen, dass sie sich des Themas aktiv annimmt. Ein gut strukturiertes Compliance-System trägt aber auch dazu bei, berufsrechtliche und gesetzliche Verstöße frühzeitig zu erkennen und zu verhindern und wirkt risikominimierend. Durch klare Richtlinien und Prozesse können Arbeitsabläufe in der Kanzlei effizienter gestaltet werden. Dies führt langfristig zu Kosteneinsparungen, da weniger Zeit und Ressourcen für die Behebung von Fehlern oder rechtlichen Problemen aufgewendet werden müssen. Die Implementierung eines Compliance-Systems stellt sicher, dass die gesetzlichen und berufsrechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Dies ist insbesondere wichtig, da Berufsausübungsgesellschaften bei Verstößen gegen das Berufsrecht selbst Träger von Sanktionen sein können. Schließlich schützt ein gut funktionierendes Compliance-System nicht nur vor rechtlichen Sanktionen, sondern auch vor einem möglichen Imageschaden, der mit Verstößen gegen berufsrechtliche Pflichten einhergehen könnte.

Fazit | Auch wenn die gesetzlichen Regelungen bisher keinen expliziten Compliance-Beauftragten für Steuerkanzleien vorschreiben, sprechen zahlreiche Gründe dafür, einen solchen in die Kanzleistruktur zu integrieren. Die zunehmende Komplexität der berufsrechtlichen Anforderungen und die damit verbundenen Haftungsrisiken machen es für Kanzleien unerlässlich, entsprechende Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Ein Compliance-Beauftragter könnte maßgeblich dazu beitragen, die Einhaltung der berufsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen, Risiken zu minimieren und die Effizienz der internen Prozesse zu verbessern.

AUSGABE: KP 3/2025, S. 49 · ID: 50053596

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