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CBChefärzteBrief

ArbeitszeitAltersteilzeit für Chefärzte: So vermeiden Sie finanzielle Nachteile

Abo-Inhalt31.05.20234915 Min. LesedauerVon RA, FA MedR, FA ArbR und RA Mehmet Yildirim, Bochum

| Sowohl aus privaten als auch aus beruflichen Gründen stellt sich für den ein oder anderen Chefarzt – auch nicht erst seit der Anhebung des Regelrentenalters – die Frage nach einer vorzeitigen altersbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Teilweise kommt den Krankenhausträgern die vorzeitige Ablösung entgegen, weil der Nachfolger bereits gefunden ist oder politisch bedingte strukturelle Änderungen oft auch personelle Änderungen nach sich ziehen. Anstelle der Eigenkündigung durch den Chefarzt gibt es verschiedene Modelle, die dem Chefarzt den Übergang ins Rentenalter bei Vermeidung finanzieller Nachteile ermöglichen könnten. |

Die Altersteilzeit im „Blockmodell“

Eine abgestufte Beendigung – ein einvernehmliches Ausscheiden auf Raten – stellt die sog. Altersteilzeit dar. Hiernach reduziert der Chefarzt seine Arbeitszeit, aber nicht, wie bei der „üblichen“ Teilzeit die Wochenstundenzahl, sondern er „arbeitet vor“ und hat anschließend – unter Fortzahlung der Vergütung – „arbeitsfrei“. Dieses – in der Praxis vorherrschende – sog. Blockmodell teilt sich also in eine Arbeitsphase und eine Freistellungsphase auf.

Beispiel: 24-monatige Altersteilzeit (50 Prozent) im Blockmodell

Chefarzt Dr. Müller erreicht das gesetzliche Rentenalter zum 30.06.2025. Bis dahin ist, beginnend ab dem 01.07.2023 eine 24-monatige Altersteilzeit im Blockmodell geplant. Herr Dr. Müller reduziert seine Arbeitszeit um 50 Prozent.

  • In der Arbeitsphase, beginnend ab dem 01.07.2023, arbeitet Herr Dr. Müller nicht hälftig, sondern unverändert zu 100 Prozent über 12 Monate weiter.
  • In der anschließenden Freistellungsphase, beginnend ab dem 01.07.2024, wird Herr Dr. Müller mit dem ersparten „Arbeitszeitguthaben“ weitere 12 Monate von der Arbeitsleistungspflicht freigestellt.

Anspruch auf Altersteilzeit?

Die Altersteilzeit ermöglicht älteren Chefärzten somit einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente. Dabei handelt es sich um eine Teilzeitbeschäftigung, die durch das Altersteilzeitgesetz (AltTZG) geregelt ist. Während die Altersteilzeit früher finanziell durch sog. Aufstockungen der Vergütung und Sozialversicherungsbeiträge gefördert worden ist, ergibt sich heutzutage nicht einmal mehr ein Anspruch auf Altersteilzeit aus dem AltTZG, sondern allenfalls noch aus tarifvertraglichen Bestimmungen, wie dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit für Ärztinnen und Ärzte / Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-ATZ-Ärzte/VKA), von dessen Anwendungsbereich Chefärzte allerdings grundsätzlich ausgenommen sind. So bedarf es einer individuellen Vereinbarung zwischen dem Krankenhausträger und dem Chefarzt über die Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit.

Auswirkungen der Altersteilzeit auf das Arbeitsverhältnis

Mit der Vereinbarung von Altersteilzeit im Blockmodell besteht das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt fort – auch während der Freistellungsphase. Daraus folgt, dass für den Chefarzt weiterhin das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt und die Verwendung der eigenen Arbeitskraft beispielsweise zur Praxis-/Urlaubsvertretung etc. grundsätzlich der Zustimmung des Krankenhauses bedürfte.

Zudem darf der Chefarzt in dieser Freistellungsphase keine Nebentätigkeit ausüben, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) IV überschreitet, es sei denn, diese Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ist bereits innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ständig ausgeübt worden (vgl. analog § 6 TV-ATZ-Ärzte/VKA; online unter iww.de/s7930).

Das Nebentätigkeitsverbot gilt jedoch nicht für den Fall, wenn keine Aufstockungsleistung (s. u.) gewährt wird (vgl. analog § 8 Abs. 3 TV-ATZ-Ärzte/VKA). Danach ruht nämlich die Aufstockungsleistung während der Zeit, in der eine unzulässige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, die den Umfang der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV überschreitet. Folglich sollte bei Nichtleistung des Aufstockungsbetrags eine Nebentätigkeit erlaubt sein.

Merke | Weitere Folge der Freistellungsphase: Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub. Denn die Chefärzte sind lediglich in der Arbeitsphase zur Erbringung ihrer Dienste verpflichtet (vgl. auch Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 24.09.2019, Az. 9 AZR 481/19).

Aufstockungsleistungen durch den Krankenhausträger

Mit der Reduzierung der Arbeitszeit reduziert sich die (Fest-)Vergütung des Chefarztes in selbigem Verhältnis. Sowohl nach dem AltTZG als auch nach dem TV-ATZ-Ärzte/VKA wurde/wird das Regelarbeitsentgelt um mindestens 20 Prozent bzw. auf 83 Prozent des bisherigen Nettoentgelts und die Rentenversicherungsbeiträge auf 90 Prozent aufgestockt.

Diese Aufstockungsleistungen dienen auch bei individueller Vereinbarung von Altersteilzeit als Anhaltspunkte, allerdings erhält der Krankenhausträger hierbei keine entsprechende Förderung mehr.

Praxistipp | Die Höhe des Aufstockungsbetrags ist über die 20 Prozent hinaus individuell frei verhandelbar. Der Aufstockungsbetrag sollte möglichst so bemessen sein, dass das Gesamtentgelt in der Altersteilzeit den Nettoeinnahmen entspricht, die der Chefarzt bis zum Rentenalter ohne Altersteilzeit gehabt hätte.

Der Aufstockungsbetrag ist gemäß § 3 Nr. 28 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei und auch beitragsfrei zur Sozial- und Rentenversicherung. Dies gilt selbst dann, wenn der Krankenhausträger einen höheren Aufstockungsbetrag zu zahlen bereit ist als den im AltTZG und TV-ATZ-Ärzte/VKA vorgesehenen Mindestbetrag.

Variable Vergütungen der Chefärzte?

Bei der Vereinbarung einer Altersteilzeit ist für – liquidationsberechtigte bzw. an den Liquidationseinnahmen beteiligte – Chefärzte Vorsicht geboten, da im „Blockmodell“ während der Freistellungsphase die Liquidationserlöse wegzufallen drohen: Zwar gehören zu dem maßgeblichen Regelarbeitsentgelt sämtliche sozialversicherungspflichtigen Einnahmen, also auch die Liquidationseinnahmen aus wahlärztlichen Leistungen oder eine Beteiligung hieran. Jedoch werden diese Einnahmen des Chefarztes aus wahlärztlichen Leistungen während der Arbeitsphase nicht – wie die Festvergütung – entsprechend der Arbeitszeitverringerung reduziert, sondern weiterhin in voller Höhe gezahlt.

Merke | Zudem erbringt der Chefarzt während der Freistellungsphase keinerlei zur Liquidation berechtigende Leistungen mehr, sodass es einer exakten vertraglichen Regelung bedarf, wie mit den Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen während der Altersteilzeit umzugehen ist.

Vor- und Nachteile im Vergleich zur einvernehmlichen Beendigung mit Abfindung

Im Vergleich zu einer einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung gegen Zahlung einer Abfindung scheint die Altersteilzeit unter Voraussetzung der zusätzlichen Leistungen in Form der Aufstockung der Vergütung und der Rentenversicherungsbeiträge durch den Krankenhausträger durchaus vorteilhaft.

Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass der Chefarzt weiterhin in der Arbeitsphase 100 Prozent an seine Arbeitskraft gebunden ist und in der Freistellungsphase keine konkurrierenden Nebentätigkeiten ausüben darf, sofern diese nicht gesondert vereinbart sind.

Fazit | Die Altersteilzeit kann trotz der vorerwähnten finanziellen Auswirkungen für Chefärzte, aber auch für Krankenhausträger, interessant sein. Chefärzte werden erst durch die finanzielle Absicherung und Vermeidung von Rentenabschlägen die Altersteilzeit als alternatives Instrument des Vorruhestands betrachten. In einem solchen Fall genießt auch der Krankenhausträger den Vorteil, den Differenzbetrag aus dem halbierten Regelarbeitsentgelt und die fiktiven – mindestens – 83 Prozent des vorherigen Nettoentgelts steuer- und sozialversicherungsfrei zu zahlen. Zusätzlich kann die Steuerbegünstigung von Aufstockungsbeträgen eine Altersteilzeitvereinbarung finanziell fördern.

Als weiteres Instrument des Vorruhestands neben den sonstigen Langzeitkonten, Teilrenten und betrieblichen Altersversorgungen kann die Altersteilzeit generell gesehen werden. Welche letztlich die bestmögliche Option für Chefärzte ist, bedarf einer konkreten arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Überprüfung. Insbesondere die altersteilzeitvertragliche Absicherung der Liquidationserlöse sowie diese zur Grundlage des zu errechnenden Aufstockungsbetrags zu machen, erfordert eine dahingehende fachkundige und professionelle Beratung sowohl für den Chefarzt als auch den Krankenhausträger.

AUSGABE: CB 6/2023, S. 6 · ID: 49332912

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