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NachhaltigkeitsberichtOmnibus-Paket der EU-Kommission: Wer jetzt noch einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen muss

Top-BeitragAbo-Inhalt13.03.20254227 Min. LesedauerVon Dr. Werner Koller, freiberuflicher Unternehmer und Dozent zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement

| Die EU-Kommission hat am 26.02.2025 den Entwurf des ersten sog. Omnibus-Pakets zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht. Der Entwurf sieht weitreichende Anpassungen der regulatorischen Anforderungen vor, die mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der EU-Taxonomie und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) einhergehen. ASR stellt die Anpassungen vor und erläutert, was sie für Autohäuser bedeuten. |

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Omnibus-Initiative will Bürokratieaufwand verringern

Die Omnibus-Initiative möchte die Berichtspflichten und damit den Bürokratieaufwand in der Europäischen Union deutlich verringern und so die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen stärken. Der jetzt veröffentlichte Entwurf des ersten Omnibus-Pakets macht deutlich: Die Berichtspflichten im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung ändern sich stark. Die Änderungen sind relevant für alle Unternehmen, die in den bisherigen Anwenderkreis der Regulatorik fielen. Das betrifft etwa 400 Autohandelsgruppen in Deutschland.

Wichtig | Es handelt sich jedoch zunächst nur um einen Gesetzesentwurf, der vor Inkrafttreten ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss. Insofern sind alle folgenden Informationen vorläufig.

Anwenderkreis der CSRD soll eingeschränkt werden

Der Omnibus-Entwurf sieht eine deutliche Einschränkung des Anwenderkreises der CSRD vor.

So sollen künftig nur noch Unternehmen

  • mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und
  • entweder einem Nettojahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro
  • oder einer Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro (unabhängig davon, ob es sich um kapitalmarktorientierte Unternehmen handelt oder nicht)

unter die Berichtspflicht fallen. Der Anwenderkreis der CSRD soll somit an den Anwenderkreis der CSDDD angenähert werden. Für Unternehmen unterhalb dieser Schwellenwerte (inkl. kapitalmarktorientierte KMU), von denen zahlreiche bereits mit den Vorbereitungen zur erstmaligen Erstellung eines CSRD-konformen Nachhaltigkeitsberichts begonnen haben, würde die Pflicht zur Berichterstattung also entfallen. Dies betrifft nach Angaben der EU-Kommission rund 80 Prozent der ursprünglich betroffenen Unternehmen.

Berichtspflicht soll später kommen als geplant

In Bezug auf die Fristen zur erstmaligen Berichterstattung nach CSRD hat die EU-Kommission einen „Stop-the-clock“-Vorschlag vorgelegt. Dieser sieht vor, die Einführung der Berichtspflicht für erstmalig ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtige Unternehmen um zwei Jahre zu verschieben (d. h. erstmalige Berichterstattung im Jahr 2028 für das Geschäftsjahr 2027). Für Unternehmen der sog. „Welle 1“ (kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern) würde die Verschiebung nicht gelten; sie müssten wie bereits für 2024 auch für das Geschäftsjahr 2025 Bericht erstatten.

Anwenderkreis der Taxonomieverordnung ändert sich

Durch die geplante Reduktion des Anwenderkreises der CSRD würde sich auch der Anwenderkreis der EU-Taxonomieverordnung ändern. Das Omnibus-Paket schlägt hier Folgendes vor:

  • Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und weniger als 450 Mio. Euro Umsatzerlösen: Taxonomieberichterstattung erfolgt auf freiwilliger Basis.
  • Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, aber weniger als 450 Mio. Euro Umsatzerlösen: Taxonomieberichterstattung erfolgt auf freiwilliger Basis; falls eine Berichterstattung erfolgt, muss der Umsatz- und CapEx-KPI vorgelegt werden, die Berichterstattung zum OpEx-KPI ist freiwillig.
  • Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. Euro Umsatzerlösen: Pflicht zur Offenlegung aller Taxonomiekennzahlen; Ausschluss des OpEx-KPI nur dann möglich, wenn der Anteil taxonomiefähiger Umsätze weniger als 25 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht.

Weiterhin sieht das Omnibus-Paket vor, die Erhebung der Taxonomiekennzahlen zu vereinfachen, unter anderem durch die Einführung von Wesentlichkeitsgrenzen: So sollen Unternehmen nur noch die Aktivitäten bewerten müssen, die finanziell wesentlich für ihr Geschäftsmodell sind. Aktivitäten, die insgesamt weniger als zehn Prozent der relevanten Kennzahlen ausmachen, dürften hierbei als „nicht wesentlich“ betrachtet werden.

Berichtspflichten für KMU sollen minimiert werden

Die Berichtspflichten für KMU sollen laut Omnibus-Entwurf auf ein Minimum reduziert werden. Kapitalmarktorientierte KMU wären dann nicht mehr Teil des CSRD-Anwenderkreises. Zudem sollen große Unternehmen von Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern keine zusätzlichen Nachhaltigkeitsinformationen mehr verlangen dürfen, die über die freiwillig anzuwendenden speziellen ESRS für KMU (VSME-Standards) hinausgehen. Es sei denn, es sind aus triftigen Gründen konkrete zusätzliche Informationen nötig.

So soll der sog. Trickle-Down-Effekt abgeschwächt werden. Aktuell führt dieser dazu, dass kleinere Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette immer höheren Berichtspflichten ausgesetzt werden als ursprünglich gedacht.

Die bereits durch die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) verabschiedeten und übermittelten VSME-Standards sollen als Basis für die EU-Kommission dienen, einen verhältnismäßigen Standard für nicht berichtspflichtige Unternehmen als delegierten Rechtsakt zu erlassen.

EU möchte auch die Sorgfaltspflichten vereinfachen

Auch die Sorgfaltspflichten möchte die EU deutlich vereinfachen. Primär werden diese Pflichten durch die CSDDD auferlegt. Zu ihnen muss jedoch bereits auf Basis der CSRD im Nachhaltigkeitsbericht transparent Bericht erstattet werden. Laut Entwurf dürfte sich die Analyse der Nachhaltigkeitsrisiken primär auf direkte Geschäftspartner (sog. Tier 1-Lieferanten) beschränken und müsste nicht mehr zwingend die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. Eine erweiterte Sorgfaltspflicht für indirekte Geschäftspartner soll nur gelten, wenn es plausible Hinweise auf Risiken bzw. negative Auswirkungen gibt (z. B. durch Berichte von Medien oder NGOs).

Unternehmen sollen trotzdem Code of Conduct durchsetzen

Unternehmen sollen ihren Code of Conduct dennoch entlang der Wertschöpfungskette durchsetzen und Maßnahmen ergreifen, wenn sie bei Geschäftspartnern Risiken bzw. negative Auswirkungen identifizieren. Die Angemessenheit und Wirksamkeit der Sorgfaltspflichtenmaßnahmen soll nur noch alle fünf Jahre überprüft werden müssen. Und: Die in der CSDDD vorgesehene EU-weite zivilrechtliche Haftung („civil liability“) sowie die Pflicht zur Implementierung eines Klimaübergangsplans sollen gestrichen werden.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist von Änderungen nicht betroffen

Um den Bürokratieaufwand für Unternehmen in Grenzen zu halten, soll der Zeitpunkt der Erstanwendung der CSDDD um ein Jahr auf den 26.07.2028 verschoben werden. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist von diesen Änderungen derzeit nicht betroffen und bleibt damit gültig.

Weniger obligatorische ESRS-Datenpunkte für Unternehmen

Laut Omnibus-Entwurf soll die Pflicht zur Einführung sektorspezifischer Standards nun aus der CSRD gestrichen werden, um die Menge an vorgeschriebenen Datenpunkten für Unternehmen nicht zu erhöhen. Und zwar sollen diejenigen obligatorischen ESRS-Datenpunkte gestrichen werden, die für die allgemeine Nachhaltigkeitsberichterstattung als am wenigsten wichtig erachtet werden. Zudem soll quantitativen Datenpunkten Vorrang vor narrativen Texten eingeräumt werden. Darüber hinaus soll stärker zwischen obligatorischen und freiwilligen Datenpunkten unterschieden werden.

Änderungen bei der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte

Laut aktueller Fassung der CSRD unterliegen Nachhaltigkeitsberichte zunächst einer inhaltlichen Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“), die mittelfristig in eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“) übergehen soll. Einheitliche Prüfungsstandards für die Prüfung mit begrenzter Sicherheit sollten ursprünglich bis zum 01.10.2026 durch die EU-Kommission verabschiedet werden.

EU-Kommission wird gezielte Leitlinien für die Prüfung herausgeben

Die Kommission wird nun stattdessen bis 2026 gezielte Leitlinien für die Prüfung herausgeben. Die Option, künftig von der Prüfung mit begrenzter Sicherheit auf eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit überzugehen, soll gestrichen werden. Damit sollen steigende Prüfungskosten vermieden und somit Planungssicherheit für die Unternehmen geschaffen werden.

Das gilt für Unternehmen mit Muttergesellschaften in Drittstaaten

Mutterunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 150 Mio. Euro in der EU oder mit einer Tochtergesellschaft in der EU, die selbst in den Anwendungsbereich der CSRD fällt, sollten laut CSRD ebenfalls ab dem Geschäftsjahr 2028 detaillierte Nachhaltigkeitsberichte nach eigenen ESRS für Drittstaatenunternehmen („Non-EU ESRS“) vorlegen. Der Anwenderkreis soll angepasst werden und laut Entwurf nun nur Unternehmen ab einer Umsatzschwelle von 450 Mio. Euro in der EU umfassen.

Handlungsempfehlungen für Autohäuser

Die im Omnibus-Paket vorgesehene Einschränkung des Anwendungsbereichs würden bedeuten, dass für viele Autohandelsgruppen die Pflicht zur Berichterstattung nach CSRD und EU-Taxonomie entfällt.

Praxistipps | Die betroffenen Autohäuser sollten sich bewusst machen: Ihre bisher unternommenen Anstrengungen zur Erfüllung der erwarteten Berichtspflichten sind nicht umsonst gewesen. Das Herzstück der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, bleibt ein wichtiger und auch im Omnibus-Paket verankerter Ansatz, der weiterhin Potenziale für die langfristige Unternehmensstrategie bieten kann. Autohäuser sollten die hohe Relevanz des Themas Nachhaltigkeit nicht unterschätzen.

Auch die EU-Kommission betont, dass nachhaltiges Wirtschaften am Markt als wichtiges strategisches Element weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen wird. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass viele Unternehmen sich in der Wertschöpfungskette berichtspflichtiger Unternehmen befinden und diesen Auskunft zu zentralen ESG-Datenpunkten geben müssen.

Praxistipps | Indem sie VSME-Standards freiwillig anwenden, könnten Autohäuser künftig sicherstellen, dass sie sowohl den Anforderungen der Stakeholder gerecht werden als auch selbst langfristig von den Vorteilen profitieren, die mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensstrategie einhergehenden. Beispiele hierfür sind

  • eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit,
  • höhere Mitarbeiterbindung,
  • besserer Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten oder
  • ein positiveres Image bei Kunden und Geschäftspartnern.

Änderungen am Gesetzestext im Laufe des Verfahrens sind üblich. Es empfiehlt sich daher, die Entwicklungen abzuwarten und sich nicht vorschnell auf die aktuell vorgesehenen Anpassungen einzustellen. ASR bleibt am Ball.

AUSGABE: ASR 4/2025, S. 17 · ID: 50348882

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