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UmsatzsteuerBMF-Schreiben: Wie Tankkartenumsätze umsatzsteuerlich zu behandeln sind

Abo-Inhalt13.03.20254156 Min. LesedauerVon San Kim, Rechtsanwältin, und Rainald Vobbe, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt, Flick Gocke Schaumburg

| Unternehmen, die Tankkarten nutzen, u. a. Autohäuser, ziehen daraus vielfältige Vorteile. Sie profitieren von einer umfassenden Kostenkontrolle der Unternehmensflotte, einer automatisierten und unkomplizierteren Abrechnung und – last but not least – auch von günstigeren Konditionen. Allerdings stellt sich auch die Frage, wie die Tankvorgänge unter Einsatz solcher Karten umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen sind. ASR gibt die Antwort. |

Verschiedene Leistungsbeziehungen bei Tankkartenmodell

Zu beachten sind bei einem Tankkartenmodell die verschiedenen Leistungsbeziehungen:

  • Einerseits nimmt der Tankkarteninhaber physisch den Kraftstoff von der Tankstelle ab.
  • Die Abrechnung erfolgt aber zwischen der Mineralölgesellschaft und dem Tankkartenausgeber.
  • Letzterer schließt wiederum einen entsprechenden „Tankkartenvertrag“ mit dem Tankkarteninhaber, also dem Empfänger des Kraftstoffs, ab.

Die Beurteilung solcher Vorgänge war lange ungeklärt. Die beteiligten Unternehmen gingen grundsätzlich von einer Lieferkette dergestalt aus, dass der Kraftstoff von der Mineralölgesellschaft an das Tankkartenunternehmen und von diesem an den Karteninhaber geliefert wurde.

Wichtig | Im Lichte der EuGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2019 (EuGH, Urteil vom 15.05.2019, Rs. C-235/18, Vega International, Abruf-Nr. 209563) hat das BMF nun rund sechs Jahre nach der EuGH-Entscheidung einheitliche Maßstäbe festgelegt (BMF, Schreiben vom 21.01.2025, Az. III C 2 – S 7116/00010/005/168, Abruf-Nr. 247043).

EuGH-Urteil zum Tanken mit einer Tankkreditkarte

Das BMF-Schreiben stützt sich dabei auf das genannte EuGH-Urteil aus dem Jahr 2019, das wiederum Bezug auf das EuGH-Urteil vom 06.02.2003 nimmt (Rs. C-185/01, Auto Lease Holland, Abruf-Nr. 042231).

Die Rs. Auto Lease Holland betraf einen Sachverhalt, bei dem ein Kfz-Leasingnehmer aufgrund einer Vereinbarung mit dem Leasinggeber berechtigt war, im Namen und auf Rechnung des Leasinggebers Kraftstoff mittels einer Tankkreditkarte zu tanken. Zum Jahresende sollte dann, zzgl. einer Gebühr, eine vollständige Abrechnung über den tatsächlich bezogenen Kraftstoff erfolgen.

In der Rs. Vega International hatte dagegen eine Muttergesellschaft den Mitarbeitenden ihrer Tochtergesellschaft Tankkarten zur Verfügung gestellt und anschließend die entstandenen Tankkosten zzgl. einer Gebühr abgerechnet.

EuGH: Keine Lieferkette zwischen den Beteiligten

Der EuGH stellte zunächst für den Leasingfall und unter Übertragung der Argumentation auch für Tankkarten fest, dass keine Lieferkette zwischen den Beteiligten vorliege. Eine Lieferung des Kraftstoffs erfolge lediglich von der Mineralölgesellschaft an den Karteninhaber, da nur dieser unmittelbar die Verfügungsgewalt über die Kraftstoffe erhalte. Der Kartenaussteller könne demgegenüber nicht über die Verwendung des Kraftstoffs bestimmen.

Wichtig | Die Vereinbarungen zwischen Kartenaussteller und Karteninhaber seien daher als Finanzierungsverträge zu betrachten, in denen der Kartenaussteller die Funktion des Kreditgebers einnehme und mit der Kreditgewährung lediglich eine Dienstleistung an den Karteninhaber erbringe.

In welchen Fällen doch eine Lieferkette anzunehmen ist

Zu der Vega International-Entscheidung hat der MwSt-Ausschuss der EU-Kommission (VAT Expert Group, VEG) am 06.09.2023 eine Einschätzung abgegeben und zunächst das EuGH-Urteil bestätigt. Daneben hat die VEG aber auch aufgezeigt, unter welchen drei Voraussetzungen doch eine Lieferkette anzunehmen ist:

  • 1. Die Mineralölgesellschaft muss das Eigentum an dem Kraftstoff auf den Tankkartenaussteller übertragen.
  • 2. Die Lieferung an und durch den Tankkartenaussteller muss gleichartig sein.
  • 3. Schließlich ist eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber (Einkaufskommission: Tankkarteninhaber oder Verkaufskommission: Mineralölgesellschaft) und dem Tankkartenaussteller, der als Kommissionär agiert, erforderlich. Durch die Ausgestaltung des Tankkartensystems als Kommissionsgeschäft wird eine Lieferkette fingiert. Dabei darf sich der Vertrag nicht auf eine Kreditgewährung oder die Verwaltung von Kraftstofflieferungen beziehen und muss die wirtschaftliche Realität widerspiegeln. Letztlich muss der Tankkartenaussteller gerade für seine Kommissionsleistung eine Vergütung vom jeweiligen Auftraggeber erhalten.

BMF berücksichtigt ausschließlich EuGH-Rechtsprechung

Das BMF geht in seinem Schreiben jedoch nicht auf die Äußerungen der VEG ein und knüpft damit nicht an eine Ausgestaltung des Tankkartensystems als Kommissionsgeschäft an, sondern beurteilt die Fälle ausschließlich unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung.

Sofern keine besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, geht die Finanzverwaltung daher davon aus, dass es sich bei der Leistung des Tankkartenausstellers an den Tankkarteninhaber um ein Finanzierungsgeschäft handelt.

Tankkartenausgeber finanziert den gelieferten Kraftstoff

Der unmittelbar von der Mineralölgesellschaft an den Tankkarteninhaber gelieferte Kraftstoff wird durch den Tankkartenausgeber also lediglich finanziert. Für diese Beurteilung spricht insbesondere eine Vereinbarung über die Verwaltung von Kraftstoffen, über eine Kreditgewährung sowie das Betanken des Fahrzeugs im eigenen Namen des Tankkarteninhabers.

Lieferkette nur unter bestimmten Voraussetzungen

Dagegen soll eine Kraftstofflieferung von der Mineralölgesellschaft an den Tankkarteninhaber vorliegen, wenn keine gesonderte Vereinbarung über die Verwaltung von Kraftstoff oder die Kreditgewährung geschlossen wird. Daneben muss das Fahrzeug erkennbar im Namen und auf Rechnung des Tankkartenausstellers betankt werden, und der Aussteller der Tankkarte darf von seinem Recht, die Betankung in seinem Namen und für seine Rechnung zu untersagen, keinen Gebrauch gemacht haben.

Das Entgelt für den Vorgang muss zudem auf jeder Lieferstufe zwischen den beteiligten Parteien gesondert vereinbart werden, wobei jede ihr eigenes Risiko des Zahlungsausfalls trägt. Leistungsstörungen müssen im jeweiligen Vertragsverhältnis geltend gemacht werden.

Weiter Unklarheiten bei internationalen Sachverhalten

Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, dass das BMF klare Kriterien für die Beurteilung des Tankkartengeschäfts festgelegt hat. Nichtsdestotrotz bestehen für internationale Sachverhalte weiterhin Unsicherheiten, da die Leitlinien der VEG keine zum BMF-Schreiben deckungsgleichen Voraussetzungen vorgeben. Eine Klarstellung bzw. Bezugnahme seitens der Finanzverwaltung wäre daher wünschenswert gewesen.

EuGH hat E-Ladeleistungen klar von Tankkartensystemen abgegrenzt

Zudem hat sich das BMF nicht zu der sehr ähnlichen Konstellation der E-Ladeleistungen geäußert. Diese hatte der EuGH (Urteil vom 17.10.2024, Rs. C-60/23, Digital Charging Solutions, Abruf-Nr. 245147) von den Tankkartensystemen entscheidend abgegrenzt und ein Kommissionsgeschäft bejaht.

Deutsche Finanzverwaltung: Abgrenzung beim E-Charging teils ungeklärt

Entscheidend dafür war, dass es beim E-Charging keinen Kreditmechanismus gab und auch kein prozentuales Entgelt für den bezogenen Strom, sondern ein festes Entgelt vereinbart wurde. Nach welchen Kriterien die deutsche Finanzverwaltung die Abgrenzung beim E-Charging vornimmt, bleibt somit teilweise ungeklärt.

Wichtig | Das BMF-Schreiben zu Tankkarten hat auch Bedeutung für Autohändler, die entsprechende Tankkarten nutzen bzw. an ihre Mitarbeiter ausgeben. Diese müssen darauf achten, dass sie weiterhin Rechnungen der Mineralölgesellschaften und nicht der Tankkartengesellschaften über den Kraftstoffbezug erhalten, da andernfalls ein Vorsteuerrisiko besteht.

AUSGABE: ASR 4/2025, S. 10 · ID: 50347086

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