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Autokauf/Innergemeinschaftliche LieferungEtwaig verspätete Rückerstattung der Mehrwertsteuer – Autohaus gewinnt Rechtsstreit
| Die Gelangensbestätigung dient als Nachweis über eine innergemeinschaftliche Lieferung. Mit ihr bestätigt der Abnehmer den Erhalt der Ware im EU-Ausland. Die Lieferung ist dann umsatzsteuerfrei. Was aber passiert, wenn eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer nach innergemeinschaftlicher Lieferung aufgrund atypischer Umstände verzögert erfolgt? Ist das ein Fall für einen Verzugsschaden? AG Tostedt und LG Stade hatten das zu entscheiden. ASR nennt die Details und erläutert, warum das Autohaus alles richtig gemacht hat. |
Mehrwertsteuer bleibt als Kaution beim Autohaus
Der Fall: Ein Betrieb aus Rumänien (Kläger) kaufte bei einem deutschen Autohaus (Beklagte) einen BMW X 3. Im Kaufvertrag vereinbarten die Parteien, dass die Mehrwertsteuer als Kaution bei dem verkaufenden Betrieb verbleibt. In der Bestellbescheinigung war dazu geregelt: „19 Prozent Deposit till the Gelangensbescheinigung is back in original form by post“.
Hintergrund dieser Vereinbarung ist der § 4 Nr. 1 b) UStG. Er sieht vor, dass innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne des § 6 UStG steuerfrei sind. § 6a Abs. 1, Abs. 2 UStG stellt dann in Verbindung mit den §§ 17 a, 17 b UStDV die Unterlagen dar, die notwendigerweise vorzulegen sind. Hierzu gehört unter anderem auch die „Gelangensbestätigung“ im Sinne des § 17 b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStDV.
Wichtig | Bei der Gelangensbestätigung handelt es sich um eine Bestätigung des Abnehmers, dass der Gegenstand der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Das ausführende Unternehmen ist hier spätestens bei einer Steuerprüfung nachweispflichtig.
Gelangensbestätigung des rumänischen Unternehmens ist fehlerhaft
Das Autohaus erhielt von dem rumänischen Betrieb als Nachweis und Gelangensbestätigung den „CMR-Frachtbrief“ sowie eine Transportbescheinigung. In dem Frachtbrief war
- die rumänische Gesellschaft „A“ und
- in der Transportbescheinigung die hiervon abweichende Gesellschaft „B“ ausgewiesen.
Autohaus fordert Abholvollmacht
Vor dem Hintergrund verlangte das Autohaus eine Abholvollmacht für die tatsächliche Frachtführerin „A“. Der rumänische Betrieb übermittelte diese Vollmacht dann jedoch mit fehlerhaftem Inhalt (nunmehr auf eine dritte Gesellschaft „C“ ausgestellt).
Autokäufer fordert Rechtsanwaltskosten
Dies reichte dem Autohaus verständlicherweise nicht aus. Sodann bestellte sich eine Anwaltskanzlei für die Gesellschaft „A“ und forderte erneut die Erstattung der Mehrwertsteuer. Erst dann schickte der rumänische Betrieb die korrekt ausgestellte Abholvollmacht zu. Daraufhin überwies das Autohaus die Mehrwertsteuer binnen weniger Tage. Aber: Das rumänische Unternehmen klagte dann die entstandenen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden ein.
AG Tostedt: Autohaus war nicht in Verzug
Der Käufer kann nicht die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vom Autohaus als Verzugsschaden verlangen, so das AG Tostedt (Urteil vom 01.07.2024, Az. 18 C 147/23, Abruf-Nr. 246084).
Die Klage scheitert bereits daran, dass der Rechtsanwalt des Käufers zunächst die Vertretung des rumänischen Betriebs „A“ angezeigt hatte. Hierbei handelte es sich aber nicht um den richtigen Kläger als Partei des Kaufvertrags.
Die anwaltliche Vertretung des Autohauses hatte ihrerseits schon im Rahmen der Klageerwiderung darauf hingewiesen: Wenn schon die anwaltliche Vertretung bei der Bezeichnung der einzelnen Gesellschaften durcheinandergeriet, warum sollte es dann zur Absicherung keine korrekt ausgestellte Abholvollmacht fordern dürfen?
So entschied es in anderen Worten auch das AG: Das Autohaus habe vor dem Hintergrund die Abholvollmacht fordern dürfen; es habe sich daher nicht mit der Erstattung der Mehrwertsteuer in Verzug befunden, als die Anwaltskanzlei der Käuferin tätig wurde.
LG Stade: Autohaus durfte Haftungsrisiko minimieren
Das LG Stade bescheinigt der Berufung des Käufers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (LG Stade, Hinweisbeschluss vom 01.07.2024, Az. 5 S 32/24, Abruf-Nr. 246085).
Das LG unterstreicht, dass es nicht allein auf die Gelangensbestätigung ankommt. Maßgeblich sei auch, ob das Autohaus berechtigt befürchten durfte, im Fall einer Steuerprüfung wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch genommen zu werden. Denn bei späterer Feststellung, dass die Voraussetzungen einer Umsatzsteuerbefreiung wegen unrichtiger Angaben des Käufers fehlen, ist eine Lieferung nur dann noch als steuerfrei für das liefernde Autohaus anzusehen, wenn dieses das Fehlen der Voraussetzungen – bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns – nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 UStG).
Vor diesem Szenario stellt das LG fest: Der rumänische Betrieb hat keinen Anspruch darauf, dass das Autohaus eine eventuelle Haftung wegen Missachtung der kaufmännischen Sorgfalt in Kauf nimmt – möge diese auch nur theoretisch bestehen. Nach dieser klaren Aussage hat der rumänische Betrieb die Berufung zurückgenommen.
AUSGABE: ASR 3/2025, S. 6 · ID: 50297979