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Minderung und Rücktritt vom Kaufvertrag Fehlendes Ausstattungsmerkmal: Das sind die Rechte des Käufers
| Wenn sich ein Kunde vom Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug lösen will, sucht er nach Mängeln. Denn Kaufreue reicht nicht aus, um sich vom Vertrag zu lösen. Daher werden bei Rücktrittsklagen alle Register gezogen – und seien die Mängel noch so unbedeutend. ASR erläutert, wann ein Kunde rechtmäßig vom Kaufvertrag zurücktreten kann und wie Sie als Händler richtig darauf reagieren. |
Grundvoraussetzung für Rücktritt: Sachmangel
Grundvoraussetzung für einen Rücktritt, das schärfste Schwert bei einer fehlenden Ausstattung, ist der Sachmangel nach § 434 BGB, der bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen haben muss. Die Sache ist nach § 434 BGB frei von Sachmängeln,
- wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen,
- den objektiven Anforderungen und
- den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
Wichtig | Sollte ein vereinbartes Ausstattungsmerkmal fehlen, fehlt es an einem Teil der vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Recht zur zweiten Andienung ist essenziell
Allein das Fehlen eines vereinbarten Ausstattungsmerkmals reicht nicht aus, um einen Rücktritt zu rechtfertigen. Der Kunde muss Sie als Verkäufer erst einmal auffordern, den Mangel zu beseitigen. Dieses Recht zur zweiten Andienung ist essenziell.
Wichtig | Sollte Ihnen die Mangelbeseitigung nicht möglich sein oder fehlschlagen, kann der Kunde seine Sekundärrechte geltend machen. Er kann den Kaufpreis mindern oder unter Umständen vom Kfz-Kaufvertrag zurücktreten.
Mit dem Rücktritt wird das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Folge: Der Kunde hat Anspruch auf Rückgewähr des gezahlten Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs. Dies sollten Sie versuchen zu vermeiden.
Weitere Voraussetzung: Erheblichkeit des Mangels
Weitere Voraussetzung für den Rücktritt ist die Erheblichkeit des Mangels im Sinne der §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Beurteilung der Frage, ob die Pflichtverletzung unerheblich i. S. v. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist, eine Abwägung der Interessen des Gläubigers (= Kunde) an einer Rückabwicklung des Vertrags und der des Schuldners (= Autohaus) am Bestand des Vertrags unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (BGH, NJW 2006, 1960, 1961). Dabei wird grundsätzlich auf die Höhe des Kostenaufwands für die Beseitigung des Mangels abgestellt.
Praxistipps |
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Sollte ein sicherheitsrelevantes Ausstattungsmerkmal, wie das Bremssystem, betroffen sein, ist ein Rücktritt auch gerechtfertigt, wenn der Kostenaufwand unter fünf Prozent liegt. Im Gegenzug können Sie allerdings auch gut vertreten, dass bei lediglich „kosmetischen“ Mängeln ein Rücktritt nicht möglich ist, auch wenn die Fünf-Prozent-Schwelle überschritten ist.
Nach Ansicht des OLG Hamm mit Urteil vom 21.07.2016 (Az. 28 U 2/16, Abruf-Nr. 187996) soll es für einen Rücktritt jedoch schon ausreichen, wenn das Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“, das auf dem Internetportal mobile.de genannt wird, tatsächlich nicht vorhanden ist.
Wichtig | Diese Entscheidung zeigt, wie sorgfältig Sie schon bei der Erstellung eines (Internet-)Inserats arbeiten müssen, um sich nicht angreifbar zu machen.
Praxistipp | Wenn Sie im Nachhinein merken, dass die Anzeige fehlerhaft ist, weisen Sie den Kunden vor Kaufvertragsschluss gesondert schriftlich darauf hin, des Weiteren noch einmal im Kaufvertrag selbst. |
Wer die Beweislast trägt
Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Unerheblichkeit des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB vorliegen, tragen Sie als Verkäufer.
Fordert Sie ein Kunde aufgrund fehlender Ausstattungsmerkmale zur Nacherfüllung auf, hilft es nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Sie müssen auf dieses Schreiben reagieren. Dabei bietet sich folgende Formulierung an:
Musterformulierung / Nacherfüllung bei Mängeln |
Sehr geehrte(r) Herr/Frau, wir bieten im Rahmen unserer Einstandspflicht die Nacherfüllung an, sollten Mängel im Rechtssinne vorliegen. Dafür müssen wir das Fahrzeug begutachten. Wir schlagen einen der folgenden drei Termine vor: a) Termin 1 b) Termin 2 c) Termin 3 Sollten Transportkosten anfallen, bieten wir an, einen angemessenen Transportkostenvorschuss zur Anweisung zu bringen. Mit freundlichen Grüßen |
Dem Käufer steht ein Transportkostenvorschuss zu
Sollten Sie das Fahrzeug nicht bei dem Käufer abholen wollen, müssen Sie einen Transportkostenvorschuss anbieten. Die BGH-Rechtsprechung ist eindeutig: Der Käufer eines Pkw kann dessen Verbringung an den Geschäftssitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen (BGH, Urteil vom 19.07.2017, Az. VIII ZR 278/16, Abruf-Nr. 195564).
Wichtig | Wenn Sie einen solchen Vorschuss nicht anbieten, kann der Kunde unter Umständen nach Fristablauf anderweitig das fehlende Ausstattungsmerkmal einbauen lassen und sich die Rechnung von Ihnen erstatten lassen.
Einstandspflicht aufgrund einer Garantieerklärung
Neben der Verantwortlichkeit aus einer Beschaffenheitsvereinbarung kommt auch eine Einstandspflicht aufgrund einer Garantieerklärung in Betracht. Der zusätzliche, besondere Einstandswille hebt die Garantieübernahme von der Beschaffenheitsvereinbarung ab.
Eine Garantieübernahme zeichnet sich dadurch aus, dass Sie als Verkäufer sich für ein Beschaffenheitsmerkmal stark machen. Dieses Kriterium ist bei den Angaben eines Händlers eher erfüllt als bei denen eines Privatverkäufers. Beschreibungen gattungsmäßiger Merkmale wie Leistung und Geschwindigkeit sind eher als Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen, die Hervorhebung individueller Merkmale wie Alter und Laufleistung sind eher als Garantieübernahme zu bewerten.
Die Fahrzeugbeschreibung im Internet wird oft als Garantie für die aufgeführten Ausstattungsmerkmale anzusehen sein. Das Ankreuzen von „unfallfrei“ im Kaufvertrag durch einen Händler wird als Garantieübernahme bewertet (LG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2005, Az. 8 O 614/04, Abruf-Nr. 052892). Sollte das Fahrzeug nicht unfallfrei sein, ist eine Behebung dieses Mangels nicht möglich, sodass der Rücktritt gerechtfertigt sein wird.
- Beitrag „Welche Mindestangaben müssen Verkaufsannoncen für Gebrauchtwagen enthalten?“ in ASR 7/2022, Seite 4 → Abruf-Nr. 48392945
AUSGABE: ASR 3/2025, S. 8 · ID: 50282982