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Photovoltaik auf dem AutohausPV-Anlage und Autohaus-Personengesellschaft bilden zwei Betriebe: So erfolgt die Besteuerung

Abo-Inhalt01.10.20241779 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Autohäuser haben einen hohen Stromverbrauch. Das ist Fakt. Ebenfalls Fakt ist, dass die meisten Autohäuser über große Dachflächen verfügen. Da drängt sich ein Gedanke nahezu auf: Photovoltaik. Bei aller Euphorie darf die Besteuerung aber nicht in Vergessenheit geraten – und die variiert je nach Größe der PV-Anlage und in Abhängigkeit von der Rechtsform des Autohauses. Was ertrag- und umsatzsteuerlich gilt, wenn das Autohaus als Personengesellschaft geführt und die PV-Anlage als gesonderter Gewerbebetrieb betrieben wird, zeigt Teil 4 der ASR-Serie „Photovoltaik auf dem Autohaus“. |

Musterfall: PV-GbR verkauft Strom an Autohaus-KG

Auf dem Betriebsgebäude einer Autohaus-KG – für eine GbR, OHG oder GmbH & Co. KG gelten die folgenden Ausführungen ebenso – soll eine PV-Anlage mit 30 kWp und Batteriespeicher errichtet werden. Hierfür wurde als zweite Gesellschaft die PV-GbR gegründet. Diese besteht aus Personen, die auch an der Autohaus-KG beteiligt sind (Schwesterpersonengesellschaft mit identischen Beteiligungsverhältnissen). Der von der PV-Anlage erzeugte Strom wird vorrangig an die Autohaus-KG zu fremdüblichen Preisen zzgl. Umsatzsteuer veräußert; auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat die PV-GbR nämlich verzichtet. Soweit die Autohaus-KG den Strom nicht benötigt, erfolgt eine Einspeisung an den örtlichen Netzbetreiber. Dafür erhält die PV-GbR eine EEG-Vergütung.

Das gilt für die Umsatzsteuer

Mit dem Verkauf des erzeugten Stroms an die Autohaus-KG bzw. den Netzbetreiber erbringt die PV-GbR umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Umsätze. Weil die PV-GbR auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet hat, erhebt das Finanzamt diese Umsatzsteuer auch. Folglich muss die PV-GbR 19/119tel der erhaltenen Umsatzerlöse an das Finanzamt abführen; und das nicht nur für das Jahr 2022, sondern auch für die Folgejahre.

Analog zur Steuerpflicht ist die PV-GbR zum Vorsteuerabzug berechtigt; auch der für den Erwerb der PV-Anlage inkl. Speicher gezahlten Umsatzsteuer.

Praxistipp | Wäre die PV-Anlage ab 2023 geliefert worden, würde der Erwerb zu null Prozent der Umsatzsteuer unterliegen (§ 12 Abs. 3 UStG). In dem Fall sollten Sie sich gründlich überlegen, ob ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung sinnvoll ist (Stichwort: Bürokratie), die Vorsteuer würde sich nämlich entsprechend auch auf null Euro belaufen.

Parallel zur Umsatzsteuerpflicht der PV-GbR steht ihren Leistungsempfängern – der Autohaus-KG und dem Netzbetreiber – nach Maßgabe des § 15 UStG der Vorsteuerabzug zu, weil sie den von der PV-GbR produzierten Strom entgeltlich beziehen. Für die Autohaus-KG ist deshalb zu prüfen, ob sie Umsätze tätigt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das ist bei einem Autohaus typischerweise der Fall. Somit ist der Vorsteuerabzug zulässig.

Das gilt für die Einkommensteuer

Der Gewinn der PV-GbR ist – im Gegensatz zum Gewinn der Autohaus-KG – nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei. Die PV-GbR unterfällt der Steuerbefreiung, weil sie lediglich eine PV-Anlage auf einem nicht Wohnzwecken dienenden Gebäude betreibt, und die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage lt. Marktstammdatenregister (MaStR) nicht mehr als 30 kWp beträgt. Die Steuerbefreiung bringt zwei Vorteile mit sich:

  • 1. Sowohl die von der Autohaus-KG als auch die vom Netzbetreiber gezahlten Vergütungen sind steuerfrei, weil sich die Steuerbefreiung auf alle Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit der PV-Anlage erstreckt.
  • 2. Aufgrund der Steuerfreiheit muss für die PV-GbR kein Gewinn ermittelt werden. Das führt zu einer deutlichen Entlastung in Sachen Bürokratie.

Zudem geht der Autohaus-KG als die den Strom erwerbende und für betriebliche Zwecke nutzende Gesellschaft nicht der Betriebsausgabenabzug verloren. Vielmehr kann sie die an die PV-GbR für den verbrauchten Strom geleisteten und fremdüblich bemessenen Zahlungen als Betriebsausgaben vom Gewinn absetzen.

Wichtig | Die PV-Anlage stellt auf Ebene der Autohaus-KG kein Sonderbetriebsvermögen dar. Der KG wird die PV-Anlage nämlich nicht – wie es § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG fordert – zur Nutzung überlassen, Vielmehr erwirbt sie den erzeugten Strom. Es könnte höchstens – je nach konkreter Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge und der Frage danach, ob die Autohaus-KG der PV-GbR die für den Betrieb der PV-Anlage benötigten Dachflächen entgeltlich oder unentgeltlich überlässt – eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorliegen. Das würde an der ertragsteuerlichen Beurteilung jedoch nichts ändern, weil die Einkünfte der PV-GbR weiterhin nach § 3 Nr. 72 steuerfrei sind und die Autohaus-KG als potenzielle „Besitzgesellschaft“ sowieso der Gewerbesteuer unterliegt.

Fallabwandlung: PV-GbR überlässt Strom unentgeltlich

Wie ist umsatz- und ertragsteuerlich vorzugehen, wenn die PV-GbR den von der PV-Anlage erzeugten Strom der Autohaus-KG unentgeltlich überlässt?

Wichtig | Der von der Autohaus-KG nicht benötigte Strom wird wie bisher an den örtlichen Netzbetreiber veräußert.

Das gilt für die Umsatzsteuer

Dass die PV-GbR den Strom unentgeltlich an die Autohaus-KG überlässt, spielt für ihre Unternehmereigenschaft keine Rolle. Sie ist – wie bisher – Unternehmer, weil sie den erzeugten Strom u. a. an den Netzbetreiber veräußert und somit eine gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt (§ 2 Abs. 1 UStG). Deshalb unterliegen die vom Netzbetreiber gezahlten EEG-Vergütungen der Umsatzsteuer.

Wichtig | Sollte die PV-GbR mindestens zehn Prozent des erzeugten Stroms einspeisen – und das ist regelmäßig der Fall –, kann sie die PV-Anlage vollständig ihrem Unternehmen zuordnen (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Somit steht ihr weiterhin der volle Vorsteuerabzug zu.

Die Kehrseite des vollen Vorsteuerabzugs und der teilweisen unentgeltlichen Überlassung ist jedoch, dass insoweit eine unentgeltliche Wertabgabe vorliegt (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG). Das hat zur Folge, dass die PV-GbR für den von der Autohaus-KG genutzten Strom Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen muss, ohne dafür ein Entgelt zu bekommen. Die Bemessungsgrundlage richtet sich dabei nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG. Folglich ist in erster Linie der fiktive Einkaufspreis für einen gleichartigen Gegenstand (Strom) im Zeitpunkt des Umsatzes anzusetzen (BFH, Urteil vom 12.12.2012, Az. XI R 3/10, Abruf-Nr. 130718).

Parallel dazu ist die Empfängerin der unentgeltlichen Wertabgabe – das ist die Autohaus-KG – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, sodass sie die geschuldete Umsatzsteuer definitiv belastet. Das liegt daran, dass über unentgeltliche Wertabgaben nicht mit einer Rechnung abgerechnet werden kann und somit eine elementare Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nicht erfüllt wird (Abschn. 3.2 Abs. 2 UStAE).

Praxistipp | Die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe lässt sich vermeiden, indem die PV-GbR die PV-Anlage nur anteilig – und zwar im Umfang der Einspeisungen an den Netzbetreiber – ihrem Unternehmen zuordnet. Damit geht dann jedoch der anteilige Verlust des Vorsteuerabzugs aus den Erwerbskosten für die PV-Anlage inkl. Speicher einher. Deshalb rät ASR davon ab.

Das gilt für die Einkommensteuer

Der unentgeltlich zur Verfügung gestellte Strom stellt bei der PV-GbR eine gewinnerhöhende Entnahme dar. Die ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG mit dem Teilwert zu bewerten. Der Teilwert dürfte im Fall von Strom regelmäßig dem gemeinen Wert, also dem üblichen Verkehrswert, entsprechen, sodass stille Reserven aufgedeckt werden. Der Gewinn der PV-GbR bleibt aber nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG in voller Höhe steuerfrei, weil sich die Steuerbefreiung neben den Einnahmen auch auf die Entnahmen erstreckt.

Im Betriebsvermögen der Autohaus-KG liegt zugleich eine Einlage des Stroms vor. Auch die ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten und mindert den steuerpflichtigen Gewinn der Autohaus-KG. Als Einlagewert können höchstens die Herstellungskosten angesetzt werden, weil der Strom innerhalb der letzten drei Jahre vor der Einlage hergestellt wurde – konkret handelt es sich sogar nur um eine logische Sekunde früher.

Die Herstellungskosten ermitteln sich wie folgt:

Herstellungskosten =

insgesamt im Jahr entstandene Kosten

insgesamt im Jahr erzeugte Strommenge

Die Rückfallklausel des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 EStG, nach der die Einlage doch mit dem Teilwert zu bewerten ist, gilt nicht, weil die vorherige Entnahme nicht aus dem Betriebsvermögen der Autohaus-KG, sondern aus dem Betriebsvermögen der PV-GbR – und damit bei einem Dritten – erfolgte.

Wichtig | Die PV-Anlage stellt auf Ebene der Autohaus-KG weiterhin kein Sonderbetriebsvermögen dar, weil sie dieser nicht zur Nutzung überlassen wird; überlassen wird nur der erzeugte Strom (R 4.3 Abs. 4 S. 2 EStR und BMF, 15.06.2022, Rz. 44 analog). Folglich könnte nur der erzeugte Strom Sonderbetriebsvermögen darstellen. Das ist aber nicht der Fall, weil sich der Strom sofort verbraucht.

Übertragung innerhalb der Gesamthandvermögen – geht das?

Weil es sich bei der Autohaus-KG und der PV-GbR um beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften handelt, wäre auch eine Übertragung des Stroms aus dem Gesamthandvermögen der PV-GbR in das Gesamthandvermögen der Autohaus-KG zum Buchwert (= Herstellungskosten) denkbar. Das ist jedoch weder nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG noch nach Auffassung der Finanzverwaltung möglich (BMF, Schreiben vom 08.12.2011, Az. IV C 6 – S 2241/10/10002, Abruf-Nr. 114264, Rz. 18) – zumindest aktuell.

Das BVerfG hat diese Auffassung nämlich jüngst als nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar angesehen (BVerfG, Beschluss vom 28.11.2023, Az. 2 BvL 8/13, Abruf-Nr. 239894) und den Gesetzgeber aufgefordert, rückwirkend für alle Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu schaffen. Wie diese aussieht, ist aber noch unklar. Bis zu deren Inkrafttreten bleibt § 6 Abs. 5 S. 3 EStG anwendbar, jedoch mit der Maßgabe, dass Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten zulässig sind. Auch unter dieser Prämisse würden sich aber weder im Musterfall noch in der Fallabwandlung Änderungen ergeben, weil der Gewinn der PV-GbR nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei bleibt und der Gewinn der Autohaus-KG wie bisher nur um den Buchwert des Stroms, also um die anteiligen Herstellungskosten je kWh, gemindert wird.

Fazit | Führen Sie Ihr Autohaus in der Rechtsform einer Personengesellschaft und soll die PV-Anlage einen gesonderten Gewerbebetrieb darstellen, empfiehlt ASR, eine Schwesterpersonengesellschaft zu gründen und den durch das Autohaus verbrauchten Strom zu fremdüblichen Preisen abzurechnen. So reduziert sich der steuerpflichtige Gewinn des Autohauses, während der (möglichst nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie) Gewinn der PV-Anlage steigt. Von einer unentgeltlichen Nutzung des Stroms durch das Autohaus rät ASR hingegen ab, weil so dann Umsatzsteuer auf Ebene der PV-Anlage anfiele, die zu einer Definitivbelastung führt (kein Vorsteuerabzug für das Autohaus).

Weiterführende Hinweise
  • Sie führen Ihr Autohaus in den Rechtsformen „Einzelunternehmen“ oder „Kapitalgesellschaft“ und wollen eine PV-Anlage installieren? Wie die Besteuerung da zu erfolgen hat, lesen Sie in den Teilen 1 bis 3 der ASR-Serie „Photovoltaik auf dem Autohaus“.

AUSGABE: ASR 10/2024, S. 11 · ID: 50008089

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