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UmsatzsteuerAutohaus-Inhaber entnimmt von privat gekauftes Kfz: Besteht ein Umsatzsteuerrisiko?
| Ein Autohaus kauft ein rares Fahrzeug von privat an. Zunächst sollte es gewinnbringend weiterveräußert werden, dann entschied sich aber der Inhaber, das „Schätzchen“ selbst zu behalten und privat zu nutzen. Dieses Szenario hat ein Leser ASR geschildert. Jetzt fragt er sich: Hat die Entnahme des Fahrzeugs aus dem Unternehmensvermögen umsatzsteuerliche Konsequenzen? |
Angekauftes Kfz ist dem Unternehmensvermögen zuzuordnen
Kauft Ihr Autohaus einen Gebrauchtwagen von privat an, fällt beim Erwerb keine Umsatzsteuer an. Schließlich handelt der Verkäufer nicht als Unternehmer. Deshalb wird in der Ankaufrechnung auch keine Umsatzsteuer offen ausgewiesen – und folglich können Sie auch keine Vorsteuer abziehen. Dennoch ist das Fahrzeug dem Unternehmensvermögen Ihres Autohauses zuzuordnen. Und zwar, weil zum Zeitpunkt des Erwerbs die spätere (gewinnbringende) Veräußerung des Fahrzeugs geplant und somit ein Zusammenhang zum Unternehmen des Autohauses gegeben ist. Ein Wahlrecht, das von privat erworbene Fahrzeug nicht dem Unternehmen zuzuordnen, besteht aufgrund der ausschließlich unternehmerischen Nutzung – dem geplanten Verkauf des Fahrzeugs – nicht.
Praxistipp | Verkaufen Sie das Fahrzeug wieder, unterliegt der Erlös grundsätzlich in Gänze der Umsatzsteuer zu 19 Prozent. Besser fahren Sie beim Verkauf eines von privat angekauften Fahrzeugs, wenn Sie die Differenzbesteuerung i. S. v. § 25a UStG anwenden. Dann unterliegt nämlich nur die Marge zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis der Umsatzsteuer. |
Grundsatz: Entnahme bleibt umsatzsteuerfrei
Entscheiden Sie sich nach einiger Zeit dazu, das angekaufte Fahrzeug nicht zu verkaufen, sondern dieses ausschließlich privat zu nutzen, müssen Sie es aus dem Unternehmensvermögen entnehmen. Sie haben auch hier kein Wahlrecht. Bleibt die Frage, ob die Entnahme der Umsatzsteuer unterliegt. Das wäre – mangels Zahlung eines Kaufpreises – nur dann der Fall, wenn die Entnahme den Tatbestand einer unentgeltlichen Wertabgabe erfüllt (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG). Voraussetzung dafür: Das Fahrzeug oder seine Bestandteile müssen zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b S. 2 UStG). Diese Anforderung erfüllt die Entnahme aber nicht, weil Sie das Fahrzeug von privat ohne Vorsteuerabzug erworben haben. Folglich ist die Entnahme nicht steuerbar und damit fällt keine Umsatzsteuer an.
Beispiel 1 |
Entnahme bleibt mangels ... Autohaus-Inhaber A hat von einer Privatperson am 01.02.2024 einen Bentley zum Weiterverkauf für 150.000 Euro erworben. Am 01.10.2024 entscheidet sich der Inhaber dazu, den Bentley ausschließlich privat zu nutzen. ... Vorsteuerabzug umsatzsteuerfrei Lösung: Obwohl der Bentley zwingend am 01.02. dem Unternehmensvermögen zuzuordnen war, steht dem Autohaus aus der Anschaffung kein Vorsteuerabzug zu (Erwerb von privat). Parallel unterliegt die Entnahme des Fahrzeugs aus dem Unternehmensvermögen mangels Vorsteuerabzug auch nicht der Umsatzsteuer. |
Wann die Entnahme Umsatzsteuer auslöst
In der Autohaus-Praxis werden von privat erworbene Fahrzeuge jedoch oft erstmal in der Werkstatt aufbereitet – und das kann zu einem Umsatzsteuerrisiko führen. Konkret sind zwei Risiken denkbar:
Steuerrisiko 1: Zwischenzeitlicher Einbau von Bestandteilen
Bauen Sie in das angekaufte Fahrzeug Bestandteile ein, für die Sie bzw. Ihr Autohaus zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, unterliegen genau diese Bestandteile bei der Entnahme der Umsatzsteuer.
Hintergrund | Bestandteile eines Gegenstands sind die Dinge, die aufgrund ihres Einbaus ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verlieren und die zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten, Werterhöhung des Gegenstands führen.
Wichtig | Der Einbau eines Bestandteils in einen Gegenstand führt aber nur dann zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten, Werterhöhung des Fahrzeugs, wenn er nicht lediglich zur Werterhaltung beiträgt. Unterhalb einer Bagatellgrenze liegende Aufwendungen für den Einbau von Bestandteilen führen deshalb nicht zu einer dauerhaften Wert-erhöhung des Fahrzeugs (BFH, Urteil vom 18.10.2001, Az. V R 106/98, Abruf-Nr. 011519). Keine dauerhafte Werterhöhung nimmt die Finanzverwaltung an, wenn die vorsteuerbelasteten Aufwendungen für den Einbau von Bestandteilen
Beispiel 2 |
... führen zu dauerhafter Werterhöhung Autohaus-Inhaber A erwirbt am 01.07.2024 von privat einen gebrauchten Pkw für 10.000 Euro und ordnet ihn seinem Autohaus zu. Am 15.08.2024 lässt er in den Pkw nachträglich eine Klimaanlage für netto 2.500 Euro einbauen. Dafür nimmt er den Vorsteuerabzug von 475 Euro (2.500 Euro x 19 Prozent) in Anspruch. Am 01.10.2024 entnimmt er den Pkw seinem Unternehmensvermögen. Der Aufschlag auf den Marktwert des Pkw im Zeitpunkt der Entnahme für die nachgerüstete Klimaanlage beträgt nach der „Schwacke-Liste“ 2.000 Euro. |
Lösung: Für den nachträglichen Einbau der Klimaanlage muss A ein Entgelt von 2.500 Euro aufwenden. Das sind mehr als 20 Prozent der Anschaffungskosten des Pkw (10.000 Euro). Somit ist die Vereinfachungsregel nicht anwendbar. Mit dem Einbau der Klimaanlage in den Pkw hat diese ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren und zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten, Werterhöhung des Pkw geführt. Die Entnahme der Klimaanlage unterliegt daher nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG mit einer Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG von 2.000 Euro der Umsatzsteuer. |
Vereinfachungsregel für jede Maßnahme separat prüfen Praxistipp | Bauen Sie in ein Fahrzeug mehrere Bestandteile in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang ein, handelt es sich um mehrere Maßnahmen. Folglich können Sie für jede separat die Vereinfachungsregel prüfen. |
- weder 20 Prozent der Anschaffungskosten des Fahrzeugs
- noch einen Betrag von 1.000 Euro übersteigen (Abschn. 3.3 Abs. 4 UStAE).
Steuerrisiko 2: Zwischenzeitlich vorgenommene Dienstleistungen
Nehmen Sie an dem angekauften Fahrzeug Dienstleistungen vor, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind (z. B. Karosserie- und Lackarbeiten), führen diese – nach geltender BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 18.10.2001, Az. V R 106/98, Abruf-Nr. 011519 und Urteil vom 20.12.2001, Az. V R 8/98, Abruf-Nr. 020301) nicht zu Bestandteilen des Fahrzeugs und damit nicht zu einer zu versteuernden unentgeltlichen Wertabgabe.
Weil die Finanzverwaltung in der Entnahme des Fahrzeugs ohne Anwendung des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG aber eine Änderung der Verhältnisse sieht, kann eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 3 UStG nötig sein.
Beispiel 3 |
Wie Beispiel 1; allerdings hat Autohaus-Inhaber A an dem Bentley am 01.03.2024 die Lackierung durch eine Spezialwerkstatt erneuern und an den Originalteilen Karosseriearbeiten durchführen lassen. Die Rechnung über 10.000 Euro zzgl. 1.900 Euro Umsatzsteuer hat das Autohaus von A bezahlt und auch Vorsteuer gezogen. Am 01.10.2024 entnimmt A den Bentley aus dem Unternehmensvermögen. ... und macht eine Vorsteuerberichtigung erforderlich Lösung: Die Entnahme unterliegt nicht der Umsatzsteuer, da weder der Bentley noch seine Bestandteile zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Die Karosserie- und Lackierarbeiten führen aber zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 3 UStG. Weil der Berichtigungszeitraum für ein Fahrzeug fünf Jahre beträgt, ist der Vorsteuerbetrag von 1.900 Euro auf fünf Jahre (60 Monate) zu verteilen. Von diesem Zeitraum sind bereits sieben Monate verstrichen (01.03.2024 bis 01.10.2024). Somit muss A von der Vorsteuer 53/60 im Rahmen der Vorsteuerberichtigung an das Finanzamt zurückzahlen. Das sind 1.678,33 Euro (1.900 Euro : 60 Monate x 53 Monate). Diesen Betrag muss A in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für 2024 gegenüber dem Finanzamt erklären und an dieses abführen. Hätte er mit der Entnahme noch ein Jahr (bis zum 01.10.2025) gewartet, hätte sich der Vorsteuerkorrekturbetrag auf 1.298,33 Euro reduziert (41/60 von 1.900 Euro). |
Wichtig | Dienstleistungen in ganz kleinem Umfang sind von der Vorsteuerberichtigung nicht betroffen. Nach § 44 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 UStDV findet nämlich keine Vorsteuerberichtigung statt, wenn die auf die Dienstleistung entfallende Vorsteuer einen Grenzbetrag von 1.000 Euro nicht übersteigt.
AUSGABE: ASR 10/2024, S. 6 · ID: 50154333