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WettbewerbsrechtKfz-Werbung auf Social Media: So gelingt Ihnen Posten und Teilen rechtssicher
| Instagram, TikTok, Facebook & Co. – ohne Social Media kommt heutzutage wohl kein Autohaus mehr aus. Beim Posten und Teilen kann rechtlich aber auch einiges schiefgehen. Missachten Sie nämlich die Pkw-EnVKV drohen kostenpflichtige Abmahnungen und Unterlassungsklagen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzvereine. Das zeigen zwei aktuelle Urteile des OLG Köln und des OLG Brandenburg. ASR macht Sie mit den Urteilsdetails vertraut und gibt Handlungsempfehlungen für sicheres Posten und Teilen auf Social Media. |
Dreh- und Angelpunkt ist die Pkw-EnVKV
Dreh- und Angelpunkt der Urteile des OLG Köln und des OLG Brandenburg ist die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV). Sie setzt die EU-Richtlinie 1999/94/EG um und enthält Vorgaben für die Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauchs von Neufahrzeugen. Damit richtet sie sich gleichermaßen an Kfz-Hersteller und Kfz-Händler, nämlich an Kfz-Unternehmen, die Neufahrzeuge ausstellen, zum Kauf oder Leasing anbieten und für diese werben (§ 1 Abs. 1 Pkw-EnVKV). Für Gebrauchtfahrzeuge gilt die Pkw-EnVKV nicht.
Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen sind auszuweisen
Wie Sie als Händler von Neufahrzeugen Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen in Ihrer Werbung richtig ausweisen, ist in § 5 Pkw-EnVKV festgeschrieben. Er gilt für sämtliche „Werbewege“ – von der klassischen Werbung im Papierformat über Werbung im Fernsehen bis hin zur Internet-Werbung.
Nach § 5 Pkw-EnVKV müssen Sie in Ihrer Werbung Angaben über die Verbrauchswerte – den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus – der beworbenen Modelle machen. Ganz konkret sind die Anforderungen an die Verbrauchskennzeichnung in der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV geregelt.
Wichtig | Bewerben Sie kein spezifisches Modell, sondern z. B. allgemein die Fahrzeugmarke, spielt § 5 Pkw-EnVKV keine Rolle.
Angaben sind gleichwertig und gleichzeitig mit Werbebotschaft zu machen
Die Angaben müssen bei flüchtigem Lesen gut lesbar und leicht verständlich sein. Zudem dürfen sie nicht weniger hervorgehoben sein als der Hauptteil der Werbebotschaft; sprich Sie dürfen die Verbrauchsangaben nicht in das „Kleingedruckte“ verschieben. Werben Sie online, müssen Sie sicherstellen, dass der Empfänger in dem Augenblick von den Verbrauchsangaben Kenntnis erlangt, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung (z. B. Motorleistung), Hubraum oder Beschleunigung gezeigt werden.
Wichtig | Missachten Sie die Informationspflichten aus § 5 Pkw-EnVKV, kann eine unlautere geschäftliche Handlung nach §§ 3, 4, 5a, 8 UWG vorliegen. Das bedeutet: Ihre Wettbewerber sowie Verbraucherschutzvereine haben Anspruch auf Unterlassung. Folglich drohen Unterlassungsklagen und kostenpflichtige Abmahnungen.
Zwei OLG-Urteile klären zu Anforderungen der Pkw-EnVKV auf
Ob die Werbung zweier Kfz-Händler auf Facebook den Anforderungen aus § 5 Pkw-EnVKV genügt, haben unlängst das OLG Köln (Urteil vom 06.10.2022, Az. 6 U 3/22, Abruf-Nr. 240127) und das OLG Brandenburg (Urteil vom 18.04.2023, Az. 6 U 75/21, Abruf-Nr. 240128) in zwei ähnlich gelagerten Fällen geklärt.
Darum ging es vor dem OLG Köln und dem OLG Brandenburg
In beiden Fällen verklagten Verbraucherschutzvereine den jeweiligen Kfz-Händler auf Unterlassung ihrer Werbung auf Facebook. Die Kfz-Händler hatten jeweils ein Video auf ihrer Facebook-Seite geteilt, dass zuvor bereits der jeweilige Kfz-Hersteller auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte. Die Videos bewarben jeweils ein konkretes Neufahrzeugmodell.
Die Verbrauchsangaben befanden sich in beiden Fällen in der jeweiligen „Post-Beschreibung“, waren aber erst zu sehen, nachdem man auf den Button „Mehr anzeigen“ klickte. Im Fall vor dem OLG Köln erschien zudem nach 17 Sekunden Videolaufzeit – das Video dauerte insgesamt 25 Sekunden – eine Fußnote, die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen enthielt. Damit seien die Informationspflichten im Sinne der Pkw-EnVKV nicht erfüllt – zu dem Schluss kam sowohl das OLG Köln als auch das OLG Brandenburg.
So haben die OLG entschieden
Das OLG Brandenburg stellte zunächst klar, dass die Händler durch das Teilen des Hersteller-Posts Werbeschriften i. S. v. § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV weitergaben. Durch die Einbettung in den gewerblichen Internetauftritt – dazu zählt die Facebook-Seite – sei der Post für den angesprochenen Verkehrskreis als Werbung erkennbar. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Werbung selbst erstellt oder – wie in den beiden Fällen – bloß geteilt wird.
Die Einblendung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen nach 17 Sekunden genügte nach Ansicht des OLG Köln nicht den Anforderungen aus der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV. Zuvor seien im Video nämlich Angaben zum Hubraum („1.2 Benziner“) gemacht worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten also auch die Verbrauchsangaben eingeblendet werden müssen.
Dass die Verbrauchsangaben auch in den Beschreibungen zu den Posts vermerkt waren, sei ebenfalls nicht ausreichend. Darin stimmen OLG Köln und OLG Brandenburg überein; und zwar weil man erst auf „Mehr anzeigen“ klicken musste, um die Informationen zu erhalten. Hierbei sei der Hintergrund der EU-Verordnung entscheidend. Deren Sinn und Zweck sei es auf der einen Seite, sicherzustellen, dass Verbraucher über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen informiert sind und ihre Kaufentscheidung in voller Sachkenntnis treffen können (Art. 1 RL 1999/94/EG). Nur so könne der Verbraucher zum Kauf sparsamerer, CO2-reduzierter Fahrzeuge motiviert werden. Auf der anderen Seite solle den Kfz-Herstellern ein Anreiz gesetzt werden, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu produzieren. Um zu verhindern, dass der Verbraucher eine Vorabentscheidung – z. B. aufgrund einer ihn ansprechenden Motorisierung – trifft, müssen die Verbrauchsangaben eben gleichzeitig und gleichwertig erkennbar sein.
Nach Einschätzung des OLG Köln halte der Verbraucher nämlich selbst dann an einer getroffenen Entscheidung fest, wenn sie sich nachträglich als doch nicht so vorteilhaft erweise. Die CO2-Emissionen als Auswahlkriterium zu berücksichtigen, sei derzeit noch nicht gang und gäbe. Deswegen sei die Gefahr, dass die Angabe gänzlich unbeachtet bliebe, umso größer, wenn sie nur nachrangig dargestellt würde; der Verbraucher stufe diese dann automatisch als weniger bedeutsam ein. Und all das liefe dem Verordnungszweck zuwider.
Handlungsempfehlungen für das richtige Posten und Teilen
Die beiden Urteile des OLG Köln und des OLG Brandenburg lehren vor allem eins: Posten oder teilen Sie die Werbung für ein Neufahrzeug auf Social Media, müssen Sie sicherstellen, dass die Werbung den Informationspflichten aus § 5 Pkw-EnVKV genügt; dies gilt unabhängig davon, ob Sie selbst oder der Kfz-Hersteller Urheber der Werbung sind.
Vor dem Hintergrund der beiden Urteile lassen sich folgende Handlungsempfehlungen für Ihre Praxis ableiten:
- Nennen Sie bei Werbung für Neufahrzeuge den Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des Kfz-Modells.Kraftstoffverbrauch und Emissionen ...
- Gestalten Sie die Verbrauchsangaben so, dass diese auch bei flüchtigem Lesen der Werbung gut lesbar und leicht verständlich sowie gleichwertig zum Hauptteil der Werbebotschaft sind.... müssen offiziell sein und gut lesbar
- Machen Sie die Verbrauchsangaben in Ihrer Werbung spätestens in demselben Augenblick sichtbar, in dem Sie erstmalig Angaben zu Motorisierung, Hubraum und Beschleunigung zeigen.
- Wichtig | Nicht ausreichend ist es, wenn der Empfänger der Werbung irgendeinen Zwischenschritt (z. B. einen Mausklick) machen muss, um an die Verbrauchsangaben zu gelangen. Sie müssen für ihn direkt sichtbar sein.
- Stellt Ihnen der Kfz-Hersteller Werbevorlagen zur Verfügung, prüfen Sie diese vor der Verwendung dahingehend, ob sie die Informationspflichten aus § 5 Pkw-EnVKV einhalten.Werbevorlage des Herstellers prüfen
AUSGABE: ASR 4/2024, S. 3 · ID: 49952220