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Werkstattrecht/SchadenersatzAutohaus haftet für Brandschaden nach Werkstattaufenthalt – Das sind die Folgen für die Praxis

Top-BeitragAbo-Inhalt17.03.20232856 Min. LesedauerVon Andrej Pletter, Rechtsanwalt und Notar, Buchholz in der Nordheide

| Was klein anfängt, kann sich ganz schnell zu einer großen Sache auswachsen. Das zeigt ein Urteil des OLG Koblenz. In dem Fall hatte eine Reparaturmaßnahme, für die ein Autohaus nur 107,10 Euro in Rechnung stellte, zur Folge, dass das Autohaus dem Fahrzeugeigentümer wegen fehlerhafter Ausführung der Reparaturmaßnahme auf Schadenersatz in Höhe von 257.000 Euro haftete. ASR macht Sie mit dem Urteil vertraut und erläutert Ihnen, wie Sie solch einen Schadenersatz-Fall in Ihrem Autohaus vermeiden. |

Der Schadenersatz-Fall vor dem OLG Koblenz

In dem Fall vor dem OLG Koblenz beauftragte ein Privatmann ein Autohaus mit dem Ölwannenwechsel an seinem Lamborghini Murcielago. Dazu wurde das Motoröl im Lamborghini abgelassen und aufgefangen. Nach Durchführung des Ölwannenwechsels wurde dieses Öl wieder eingefüllt. Zusätzlich füllten die Mitarbeiter des Autohauses neues Motorenöl über den Öleinfüllstutzen ein. Dieses Öl stammte aus zwei vom Lamborghini-Eigentümer mitgebrachten Öldosen von jeweils einem Liter Inhalt. Das Autohaus berechnete für die Arbeiten insgesamt 107,10 Euro.

Als der Lamborghini zurück zu seinem Eigentümer gefahren wurde, brannte dieser wegen Überfüllung des Ölvorratsbehälters vollständig aus. Da der Lamborghini zu dem Zeitpunkt mit einem roten Überführungskennzeichen unterwegs war, erstattete der Versicherer dem Lamborghini-Eigentümer „lediglich“ den vereinbarten Höchstentschädigungsbetrag von 115.000 Euro abzüglich 153 Euro Selbstbeteiligung. Der Gesamtschaden belief sich aber auf 257.000 Euro.

Der Lamborghini-Eigentümer wollte auf den übrigen Kosten nicht sitzen bleiben, zumal er die Brandursache in der Überfüllung des Ölvorratsbehälters und das Verschulden damit auf Seiten des Autohauses sah. Deshalb klagte er. Strittig war

  • zum einen die Menge des zusätzlich eingefüllten neuen Motoröls und
  • zum anderen, ob der Motor des Lamborghini nach dem Einbau der neuen Ölwanne und vor Verlassen der Werkstatt durch Laufenlassen auf Betriebstemperatur gebracht wurde und anschließend eine Kontrolle des Ölstands durch die Mitarbeiter des Autohauses durchgeführt wurde.

OLG-Koblenz: Autohaus muss Schaden ersetzen

Das OLG Koblenz sprach dem Lamborghini-Eigentümer Schadenersatz zu. Es muss 142.153 Euro (257.000 Euro Gesamtschaden abzüglich 115.000 Euro Versicherungsentschädigung zzgl. 153 Euro Selbstbeteiligung) zahlen (OLG Koblenz, Urteil vom 01.08.2022, Az. 12 U 1607/21, Abruf-Nr. 234047).

Gericht sieht Autohaus in der Beweislast

Das Autohaus sei nämlich – so das OLG Koblenz – in der Pflicht, zu beweisen, dass die Überfüllung des Ölvorratsbehälters nicht durch die Autohaus-Mitarbeiter verursacht worden ist. Diesen Beweis konnte das Autohaus aber nicht erbringen. Zwar trage grundsätzlich nach § 280 Abs. 1 BGB der Lamborghini-Eigentümer als Gläubiger die Beweislast für die objektive Pflichtverletzung, die Schadenentstehung und den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Das gelte nach Ansicht des OLG Koblenz aber nicht, wenn feststeht, dass als Schadenursache nur eine Pflichtverletzung aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Autohauses als Schuldner in Betracht kommt. Dann muss sich das Autohaus nicht nur hinsichtlich der subjektiven, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten.

Diese „Beweislastumkehr“ kommt in dem Fall vor dem OLG Koblenz zur Anwendung. Denn aus Sicht des Gerichts spreche hier nahezu alles dafür, dass die Schadensursache (Überfüllung des Ölvorratsbehälters) aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Autohauses stammt. Das belege die Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen, wonach die Überfüllung des Ölvorratsbehälters die alleinige Brandursache des Lamborghinis gewesen sei.

So hätte sich das Autohaus entlasten können

Um nicht haftbar gemacht werden zu können, hätte das Autohaus beweisen müssen, dass die schadensverursachende Überfüllung des Ölvorratsbehälters nicht durch dessen Mitarbeiter verursacht wurde. Dazu hätte es nachweisen müssen, dass der Ölstand nach Abschluss der Arbeiten von den Mitarbeitern korrekt gemessen wurde und nicht zu viel Öl in den Ölvorratsbehälter eingefüllt worden war. Das konnte das Autohaus aber nicht nachweisen.

Empfehlungen für Ihre Autohaus-Praxis

Das Urteil des OLG Koblenz mahnt Autohäuser zur Vorsicht. Drei Empfehlungen lassen sich für Ihre Praxis daraus ziehen:

  • Empfehlung Nr. 1: Dokumentieren Sie auch bei vermeintlich geringwertigen Reparaturen jeglichen Arbeitsschritt. Eine engmaschige Dokumentation, die nicht nachträglich veränderbar ist, zwingt Ihre Mitarbeiter zu einer gründlichen Arbeitsweise. Geraten Sie mal in eine ähnliche Situation wie das Autohaus in dem Fall vor dem OLG Koblenz, kann Ihnen eine sorgfältige Dokumentation viel Geld sparen.
  • Empfehlung Nr. 2: Zwar springt bei Schäden, die Sie oder Ihre Mitarbeiter verursachen, in der Regel Ihre Betriebshaftpflichtversicherung ein. Bei solch hohen Summen schließt sich aber zumeist ein weiterer Rechtsstreit mit dem Versicherer an. Auch hierfür ist eine lückenlose Dokumentation unabdingbar. Sonst laufen Sie Gefahr, auf einem Teil der Kosten aufgrund eines etwaigen Mitverschuldeneinwands sitzen zu bleiben.
  • Empfehlung Nr. 3: Nutzen Sie die Betriebshinweise des Herstellers als Reparaturgrundlage. Sollten die Hinweise fehlerhaft sein, haften Sie nur, wenn die Fehlerhaftigkeit für Sie erkennbar war.

AUSGABE: ASR 4/2023, S. 4 · ID: 49191925

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