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ProzessrechtWie Sie die Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze organisieren

Abo-Inhalt11.06.20254806 Min. Lesedauer

| Wenn Sie Fristen verpassen, hat das gravierende Folgen: Versäumen Sie Notfristen, führt das zu unmittelbaren Rechtsverlusten. Wenn Sie sonstige gesetzliche und richterliche Fristen verpassen, erwarten die vertretene Partei rechtliche Nachteile. Für Sie besteht die Gefahr eines Haftungsfalls. Der BGH hat sich nun im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung (BGH 11.5.21, VIII ZB 9/20, 21.3.23, VIII ZB 80/22 sowie 30.1.24, VIII ZB 85/22) noch einmal zu den Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze über das beA geäußert. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Im konkreten Fall legte der Rechtsanwalt rechtzeitig Berufung ein. Er beantragte die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Das Berufungsgericht gewährte diese, jedoch kürzer als beantragt. Innerhalb der Frist übermittelte der Anwalt eine Datei mit einer E-Mail an seine Partei, in der er sie aufforderte, den Kostenvorschuss für das Berufungsverfahren zu zahlen. Das Berufungsgericht beachtete die Mitteilung nicht.

Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist kündigte das Gericht an, die Berufung als unzulässig zurückzuweisen (§ 522 Abs. 1 ZPO), weil die Begründung nicht fristgerecht eingegangen sei. Den Wiedereinsetzungsantrag wies das OLG zurück. Diese Entscheidung bestätigte der BGH (11.2.25, VIII ZB 65/23, Abruf-Nr. 247272).

Relevanz für die Praxis

Der BGH zeigt dabei die Grundsätze, die in der täglichen Praxis der Kanzleiorganisation beachtet werden müssen. Ein Rechtsanwalt muss durch organisatorische Vorkehrungen sicherstellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu muss er grundsätzlich sein Möglichstes tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH müssen Bevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuverlässig gewährleistet, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen.

Praxistipp | Dabei entsprechen die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen mittels beA nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH denjenigen bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch bei der Nutzung des beA ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen.

Checkliste / Anforderungen an die Kontrolle des Übermittlungsvorgangs nach BGH

  • Kontrollieren Sie, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt worden ist.
  • Dokumentieren Sie die Art und Weise sowie den Zeitpunkt und Umfang der Kontrolle in Arbeitsanweisungen.
  • Die Kontrollpflichten erstrecken sich unter anderem darauf, ob die Übermittlung
    • die richtige Datei betrifft (was auch anhand des Dateinamens zu prüfen ist),
    • vollständig erfolgte und
    • das richtige Gericht erreicht hat.
  • Sie können die Ausgangskontrolle zwar auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und müssen sie nicht selbst vornehmen. Übernehmen Sie die Kontrolle im Einzelfall selbst, müssen Sie auch selbst für eine wirksame Ausgangskontrolle Sorge tragen.

Im konkreten Einzelfall muss die Postausgangskontrolle dargelegt und glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht werden. Daran fehlte es im konkreten Fall des BGH.

Ein Gericht ist nur unter besonderen Umständen gehalten, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. Denn der gerichtlichen Fürsorgepflicht ist im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz nach dem BGH Grenzen gesetzt. Das Gericht darf allerdings nicht sehenden Auges zulassen, dass ein offenbares Versehen einer Partei zur Versäumung einer Rechtsbehelfsfrist und damit zu Rechtsnachteilen für die Partei führt. Es muss deshalb bei ohne Weiteres erkennbaren Fehlern im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs darauf hinweisen, um der Fristversäumnis entgegenzuwirken.

Einen Fehler des Gerichts sieht der BGH im vorliegenden Fall allerdings nicht. Er wehrt sich gegen eine Verantwortungsverlagerung auf das Gericht. Der Eingang einer nicht an das Gericht adressierten Datei lässt aus der Sicht des Gerichts nicht erkennen, dass auch die nach der Übermittlung vorzunehmende beA-Ausgangskontrolle des absendenden Rechtsanwalts versagt hat. Die Ausgangskontrolle soll gerade (auch) eine Prüfung der Übereinstimmung der tatsächlich übermittelten mit der beabsichtigt zu übermittelnden Datei umfassen. Daraus war für das Gericht nicht ersichtlich, dass der absendende Anwalt sich fehlerhaft vorstellte, mit der versendeten Datei die Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben.

Die bloße Möglichkeit einer unzureichenden Ausgangskontrolle rechtfertigt es nicht, das Gericht mit der Pflicht zu einem Hinweis zu belasten. Ein solcher Hinweis ist im Regelfall überflüssig, weil der Absender durch seine Ausgangskontrolle bereits gewarnt ist. Er wird in den meisten Fällen bereits die Übermittlung der richtigen Datei veranlasst oder die versehentlich bei Gericht eingereichte Datei nun an den richtigen Empfänger übermittelt haben. Vielmehr läuft eine entsprechende Hinweispflicht auf eine weitgehende Verlagerung der Verantwortung für die Ausgangskontrolle von dem dafür zuständigen Absender auf das Gericht und damit auf eine Überspannung der gerichtlichen Fürsorgepflicht hinaus.

AUSGABE: AK 6/2025, S. 97 · ID: 50367174

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