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BetriebsausgabenabzugSo können angestellte Anwälte Bewirtungskosten absetzen
| Während selbstständige Anwälte Bewirtungskosten als Betriebsausgabe absetzen können, ist bei angestellten Anwälten nur ein Werbungskostenabzug möglich. Doch unter welchen Voraussetzungen gilt dieser und was ist zu beachten? Lassen sich nur Bewirtungen von Geschäftspartnern absetzen oder auch die Kosten für eine Jubiläums- oder Abschiedsfeier? Dieser Beitrag liefert die Antworten. |
1. Grundsatz des einfachen Werbungskostenabzugs
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Das ist die Grundaussage des § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG. Nach dieser Definition ist es für den Werbungskostenabzug lediglich erforderlich, dass zwischen den Aufwendungen des angestellten Anwalts und den steuerpflichtigen Einnahmen (dem Arbeitslohn) ein objektiver Veranlassungszusammenhang besteht. Die Aufwendungen müssen also objektiv mit dem Beruf zusammenhängen (und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden) (BFH 1.2.07, VI R 25/03).
2. Erhöhter Aufwand für Bewirtungskostenabzug
Für Bewirtungskosten genügt dieser objektive Veranlassungszusammenhang allein nicht. Denn der Werbungskostenabzug ist hier dreistufig zu prüfen:
- a) Liegt eine berufliche oder private Veranlassung vor?
- b) Wie sind gemischt veranlasste Aufwendungen aufzuteilen?
- c) Besteht eine Abzugsbeschränkung?
Beachten Sie | Das gilt nicht nur für die Bewirtung von Geschäftspartnern und Kunden, sondern auch für die Bewirtung von Arbeitskollegen und unterstellten Mitarbeitern.
a) Prüfungsschritt 1: Berufliche oder private Veranlassung
Für den Abzug von Bewirtungskosten ist nach der Rechtsprechung des BFH in erster Linie der Anlass der Bewirtung maßgebend (10.7.08, VI R 26/07; 20.1.16, VI R 24/15) – und dieser muss beruflicher Natur sein. Zwar ist der Anlass nicht das alleinige Kriterium, aber ihm kommt ein erhebliches Indiz bei der Einordnung der Aufwendungen zu. Als weitere Kriterien sind daneben die gesamten übrigen Umstände der Bewirtung einzubeziehen, also z. B. der Ort der Veranstaltung, der Veranstalter, die verschiedenen Teilnehmer und die Modalitäten der Durchführung. Letztlich sind für die steuerliche Einordnung und die sich anschließende Frage, ob sich Werbungskosten ergeben oder nicht, die gesamten Umstände des Einzelfalls entscheidend.
Bewirtet der angestellte Anwalt einen Geschäftspartner, z. B. anlässlich eines Vertragsabschlusses, ist die für den Abzug erforderliche berufliche Veranlassung unstrittig gegeben. Aber auch herausgehobene persönliche Ereignisse können nach den Umständen des Einzelfalls beruflicher Natur sein, wie ein Dienstjubiläum. Denn bei diesem spricht der Arbeitgeber dem angestellten Anwalt Dank und Anerkennung für seine Treue aus (vgl. BFH 20.1.16, VI R 24/15). Gleichermaßen können nach den Umständen des Einzelfalls abzugsfähig sein:
- Aufwendungen eines GmbH-Geschäftsführers anlässlich seines 60. Geburtstags (BFH 10.11.16, VI R 7/16),
- Feier eines angestellten Anwalts, mit der einerseits sein runder Geburtstag und andererseits seine Zulassung als Anwalt gefeiert wird (vgl. für einen Steuerberater: BFH 21.10.15, VI R 46/14).
Auch der Ort der Bewirtung muss für eine berufliche Veranlassung sprechen. Findet die Bewirtung in den Räumlichkeiten der Kanzlei und idealerweise während der gewöhnlichen Arbeitszeit statt, spricht dies generell für eine berufliche Veranlassung. Wird hingegen in einer luxuriösen Umgebung – z. B. auf einer Jacht oder in einem Schlosssaal – bewirtet, deutet das eher auf eine private Motivation hin. Das gilt insbesondere, wenn die Aufwendungen für die Bewirtung in einem krassen Missverhältnis zu den Einnahmen des bewirtenden Anwalts stehen und er keine erfolgsabhängigen Vergütungen erhält.
Ebenso ist auf den konkreten Teilnehmerkreis abzustellen: Handelt es sich bei den bewirteten Personen um Geschäftspartner des Arbeitgebers, Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse oder Arbeitskollegen, spricht dies als gewichtiges Indiz für eine berufliche Veranlassung der Bewirtung. Allerdings ist es etwas anderes, wenn an der Bewirtung nur ganz bestimmte – vom bewirtenden Anwalt ausgesuchte – Arbeitskollegen teilnehmen. Zu diesen werden häufig freundschaftliche Beziehungen gepflegt, sodass es sich in solchen Fällen auch um eine privat motivierte Bewirtung handeln kann (BFH 8.7.15, VI R 46/14). Wird im Gegensatz dazu die komplette Abteilung oder ein bestimmter Bereich aller Arbeitnehmer – z. B. alle zugelassenen Anwälte – eingeladen, ist die berufliche Veranlassung der Bewirtung wahrscheinlich. Dies gilt selbst dann, wenn der bewirtende Anwalt zu einigen der eingeladenen Kollegen freundschaftliche Kontakte pflegen sollte.
Selbst die Tatsache, welche Person die Einladung zu der Bewirtung ausgesprochen hat, ist bei der Würdigung sämtlicher Umstände zu berücksichtigen. Hat der Arbeitgeber die Veranstaltung ohne ein Mitspracherecht des angestellten Anwalts organisiert und ausgerichtet – tritt also der Arbeitgeber als Gastgeber auf und bestimmt die Gästeliste –, handelt es sich um ein Fest des Arbeitgebers. Hat der angestellte Anwalt hierfür Aufwendungen getragen oder die Feier bezuschusst, sind diese Kosten als Werbungskosten abzugsfähig. Organisiert der angestellte Anwalt jedoch parallel eine weitere Veranstaltung aus Anlass desselben Ereignisses, spricht einiges dafür, dass die privaten Gründe für das weitere Fest in den Vordergrund treten und die Aufwendungen nicht abzugsfähig sind.
b) Prüfungsschritt 2: Gemischt veranlasste Aufwendungen aufteilen?
Ist die Bewirtung nach alledem beruflich veranlasst, wird geprüft, welche Aufwendungen abzugsfähig sind. Denn das ist nicht automatisch für 100 % der Aufwendungen der Fall. Haben an der beruflich veranlassten Bewirtung nämlich Personen aus privatem Anlass teilgenommen (z. B. Familienangehörige, Freunde und Nachbarn des angestellten Anwalts), sind die auf diese Personen entfallenden Aufwendungen nicht abzugsfähig. Die gesamten Kosten der Bewirtung müssen nun auf die verschiedenen Teilnehmer nach Köpfen aufgeteilt werden (BFH 8.7.15, VI R 46/14). Nur der Anteil, der auf die beruflichen Gäste entfällt, ist zu berücksichtigen.
c) Prüfungsschritt 3: Besteht eine Abzugsbeschränkung?
Bei einer Bewirtung durch einen angestellten Anwalt wird die in § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG verankerte Abzugsbeschränkung für die Bewirtung durch selbstständige Anwälte nach § 9 Abs. 5 S. 1 EStG sinngemäß angewendet. Daraus folgt, dass bei der Bewirtung zu unterscheiden ist, wer bewirtet wurde und ob die Bewirtung geschäftlich veranlasst ist – oder eben nicht.
aa) Die Bewirtung ist nicht geschäftlich veranlasst
Findet die Bewirtung nicht aus geschäftlichem Anlass statt, kann der bewirtende Anwalt die Bewirtungskosten in voller Höhe als Werbungskosten geltend machen – ohne Abzugsbeschränkungen. Eine Bewirtung ist immer dann nicht geschäftlich veranlasst, wenn der angestellte Anwalt
- 1. nicht selbst als bewirtende Person auftritt, weil es sich um ein komplett vom Arbeitgeber ausgerichtetes Fest handelt (BFH 11.1.07, VI R 52/03; 19.6.08, VI R 48/07),
- 2. erfolgsabhängige Bezüge erhält und ihm unterstellte Mitarbeiter bewirtet, um sie zu einer Leistungssteigerung zu motivieren (BFH 19.6.08, VI R 33/07), oder
- 3. aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt (BFH 10.7.08, VI R 26/07).
Zudem kann auch die Feier eines runden Geburtstags nicht geschäftlich veranlasst und damit vollständig abzugsfähig sein. Das ist der Fall, wenn die Feier nicht in erster Linie der Ehrung des Jubilars (dem angestellten Anwalt), sondern dem kollegialen Miteinander und daher der Pflege des Betriebsklimas dient, der angestellte Anwalt mit der Einladung der Belegschaft Dank und Anerkennung zollt oder gefestigten betrieblichen Gepflogenheiten Rechnung trägt (BFH 10.11.16, VI R 7/16). Entsprechend lassen sich auch die Aufwendungen für eine betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums vollständig absetzen, wenn der angestellte Anwalt die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt (BFH 20.1.16, VI R 24/15).
bb) Die Bewirtung ist geschäftlich veranlasst
In allen anderen Fällen handelt es sich um eine berufliche Bewirtung aus geschäftlichem Anlass. Hierunter fällt klassischerweise die Bewirtung von Geschäftspartnern und Kunden des Arbeitgebers. Der Nachteil ist: Für diese Aufwendungen gilt § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG und deshalb lassen sich nur 70 % der Kosten als Werbungskosten absetzen.
Und es gilt noch eine weitere Hürde zu nehmen: Für diesen auf 70 % verringerten Abzug muss der bewirtende Anwalt die formalen Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllen. Er muss also neben dem ohnehin erforderlichen Nachweis der beruflichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen auch noch den Ort, den Tag, die Teilnehmer und den Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen dokumentieren.
Merke | Eine beruflich veranlasste und zu 70 % abzugsfähige Bewirtung kann übrigens auch in einem „Katerfrühstück“ mit einem Geschäftspartner nach einer durchzechten Nacht bestehen (FG Berlin-Brandenburg 8.11.21, 16 K 11381/18, rkr., Abruf-Nr. 228670). |
3. Was gilt für eine Abschiedsfeier?
Wenn angestellte Anwälte früher oder später aus dem Berufsleben ausscheiden, geht damit häufig eine Abschiedsfeier einher. Um die hierfür aufgewendeten Kosten abzusetzen, gelten die bereits erläuterten Grundsätze:
- Es ist zu prüfen, ob die Bewirtung beruflich oder privat veranlasst ist.
- Gemischt veranlasste Aufwendungen sind aufzuteilen.
- Es sind die Abzugsbeschränkungen zu beachten.
Keine Rolle spielt es bei dem Abzug der Aufwendungen für eine Abschiedsfeier, dass der Anwalt aus dem Unternehmen ausscheidet und in den Ruhestand geht. Die Aufwendungen für die Feier können sich deshalb zwar tatsächlich nicht auf die steuerpflichtigen Einkünfte auswirken (BFH 28.10.80, VI R 193/77). Von der Rechtsprechung wurden aber bereits diverse Abschiedsfeiern als beruflich veranlasst anerkannt und damit der Werbungskostenabzug „abgesegnet“, z. B.:
Praxistipp | Ist die beruflich veranlasste Abschiedsfeier nicht geschäftlich veranlasst, lassen sich die Aufwendungen zu 100 % absetzen. Denn die in § 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG verankerte Abzugsbeschränkung gilt nur für geschäftlich veranlasste Abschiedsfeiern (BFH 10.7.08, VI R 26/07, Rn. 40). |
- Kommandoübergabe mit Verabschiedung aus dem Dienst eines Brigadegenerals (BFH 11.1.07, VI R 52/03),
- Abschiedsfeier eines leitenden Beamten (FG München 21.7.09, 6 K 2907/08),
- Abschiedsfeier eines Oberarztes (BFH 26.1.10, VI B 95/09).
- Wenn der selbstständige Anwalt Geschenke macht und Bewirtungskosten hat, AK 24, 177
AUSGABE: AK 11/2024, S. 195 · ID: 50140528