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Baukasten für eine optimierte Vereinbarung – Teil 2Diese Vergütungsvereinbarungen sind üblich

Top-BeitragAbo-Inhalt31.10.20243266 Min. LesedauerVon RA Udo Henke, Unna

| Für einen sicheren Umgang mit den Rechtsgrundlagen sowie den wirtschaftlichen Aspekten einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung sollte die anwaltliche Seite – gleich, ob Mitarbeiter oder Anwälte selbst – die gängigen Arten von Vergütungsvereinbarungen kennen. Hier finden Sie zunächst einen Überblick und die Vor- und Nachteile der üblichen Vergütungsmodelle. Zu Einzelheiten lesen Sie die speziellen Beiträge zu den verschiedenen Honorarmodellen in Kürze bei AK. |

1. Der Klassiker: das Zeithonorar

Bei Zeithonorarvereinbarungen berechnet sich das Honorar nach der für die Mandatsarbeit aufgewandten Arbeitszeit. Die Vereinbarung kann eine Vergütung nach anwaltlichen Arbeitsstunden oder Bruchteilen davon (Stunden-, Halb- oder Viertelstunden-, Minutensätze) oder nach Tagessätzen vorsehen. Wichtige Punkte eines Stunden- oder Tagessatzvertrags sind die Abrechnung von angebrochenen Zeiteinheiten, die präzise Umschreibung des Auftrags sowie Regelungen zu Reise- und Wartezeiten, Umsatzsteuer, Erstattung von Auslagen und Vorschüssen. Die Vereinbarung sollte die in § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG genannten Vorgaben und Hinweise einhalten.

Grundlage der Abrechnung ist die präzise dokumentierte Arbeitszeit des Anwalts. Gängige Stundensätze liegen zwischen 160 bis 300 Euro netto.

Die Vorteile beim Zeithonorar sind: Die Zeitvergütung ist leicht verständlich, den Mandanten oft aus anderen Branchen bekannt und meist für beide Seiten interessengerecht. Zeithonorare gelten als transparenter als die oft verschlungene Gebührenregelung im RVG (zu den Voraussetzungen vgl.: BGH 12.9.24, IX ZR 65/23, Abruf-Nr. 243972).

Die Nachteile beim Zeithonorar sind: Abschreckend sind relativ hohe Stunden- oder Tagessätze. Hier ist eine überzeugende Begründung hilfreich. Der Dokumentationsaufwand beim Anwalt ist hoch.

Praxistipp | Stundensätze sind geeignet bei

  • hohen Streitwerten,
  • Mandanten, die an diese Abrechnungsform gewohnt sind,
  • Aufträgen, deren zeitliche Bearbeitungsdauer schwer zu kalkulieren ist.

Das Modell kann Mandanten disziplinieren, die voraussichtlich die Arbeitszeit des Anwalts durch eine übermäßig ausufernde Kommunikation aufblähen, wenn die Inanspruchnahme nicht jeweils extra kostet.

2. Der andere „Renner“: die Pauschalvergütung

Bei der Pauschalvergütung gibt es für eine möglichst genau umschriebene anwaltliche Dienstleistung ein Fixhonorar. Gängig ist dies für vorgeschaltete oder einzelne Tätigkeiten neben Zeithonorar oder RVG-Abrechnung im Übrigen. Ein Beispiel für pauschale Anwaltsvergütung ist das RVG selbst. Es gibt dort allerdings regulierende Faktoren, die den konkreten Arbeitsaufwand bei der Vergütung abbilden sollen, z. B. § 14 RVG für Rahmengebühren oder die Staffelung des Gebührenanfalls nach prozessualen Ereignissen.

Die Vorteile bei der Pauschalvergütung sind: Für den Mandanten ist die gute Kalkulierbarkeit der Anwaltskosten vorteilhaft. Für den Anwalt ist es von Vorteil, keine umfangreiche Dokumentation seiner einzelnen Arbeitsschritte führen zu müssen. Wegen der Eindeutigkeit des vereinbarten Honorars besteht kaum Streitpotenzial zwischen Mandant und Anwalt über die Höhe der Bezahlung. Pauschalvergütungen fördern eine ökonomische Bearbeitung: Je eher der Auftrag erledigt wird, desto besser ist die Vergütung.

Die Nachteile bei der Pauschalvergütung sind: Der Anwalt trägt das Risiko für eine doch umfangreichere Tätigkeit als kalkuliert. Das kann auch den Mandanten treffen, wenn sich die Bearbeitung einfacher darstellt, als erwartet.

Praxistipp | Pauschalhonorare passen gut für Erstberatungen oder Dauermandate.

3. Alternative: Modifikation der gesetzlichen Regelungen

Modifizierende Vergütungsvereinbarungen betreffen oft die Konditionen der Abrechnung, also Vorschüsse, Fälligkeit, Höhe und Anfall von Reisekosten, Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen, Streitwert oder Ausschluss der Anrechnung diverser Gebühren. Hinsichtlich der Vervielfachung der gesetzlichen Gebühren sind bestimmte Vorgaben der Rechtsprechung zu beachten. Kritisch werden Vereinbarungen, die sowohl den Streitwert und zugleich die Gebührensätze deutlich anheben.

Die Vorteile von RVG-Modifikationen sind: Durch die vereinbarte Abweichung von den RVG-Regelungen kann der Anwalt auskömmlichere Vergütungen erzielen, z. B. über angehobene Streitwerte oder abbedungene Anrechnungen, ohne sich komplett vom gesetzlichen Gebührensystem zu lösen.

Die Nachteile von RVG-Modifikationen sind: Der Anwalt muss alle Vorgaben des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG einhalten. Eine über den RVG-Sätzen liegende Anwaltsvergütung wird durch Rechtsschutz oder bei prozessualem Obsiegen durch den Gegner nicht erstattet.

Praxistipp | Vertragliche Änderungen bei gesetzlichen Gebühren oder Auslagen können sinnvoll sein, wenn die RVG-Gebühren streitwertbedingt oder durch erhöhten Aufwand nicht wirtschaftlich sind und eine gute Chance auf ein befriedigendes Ergebnis für den Mandanten zu erwarten ist.

4. Ein „Cocktail“: Die Kombination von Vergütungsmodellen

Kombinationsmodelle sind für beide Seiten vorteilhaft, wenn es einen für den anwaltlichen Arbeitsaufwand besser kalkulierbaren Teil der Angelegenheit gibt (Pauschalvergütung) und ein unwägbarer Mehr- oder Minderaufwand für beide Seiten nach Zeithonorar abgerechnet wird. Bleibt es bei dem ursprünglich erwarteten und vertraglich beschriebenen Bearbeitungsaufwand, greift nur die Pauschalvereinbarung. Auch bei Dauermandaten kann eine Kombination von Pauschalhonorar (für einen regelmäßig anfallenden Mindestaufwand) und Zeit- oder RVG-Vergütung (für darüber hinausgehende Anwaltstätigkeit) zweckmäßig sein.

Die Vorteile von Kombinationen sind: Bei komplexeren Mandaten und Dauermandaten schafft die Anwendung verschiedener Abrechnungsparameter bessere Flexibilität bei den Anwaltskosten. Das vermeidet Streitpotenzial.

Die Nachteile von Kombinationen sind: Wird eine Vergütungsvereinbarung kompliziert und unübersichtlich, geht ein wesentlicher Vorteil gegenüber der RVG-Regelung wieder verloren. Die Abrechnung kann schwieriger werden – das erzeugt Angriffsflächen.

Praxistipp | Kombinationen sind nur für bestimmte Angelegenheiten das Modell der ersten Wahl. Hier könnte zuvor eine kollegiale Einschätzung von vergütungsrechtlich versierten Kollegen erbeten werden, z. B. von Mitgliedern in örtlichen oder bundesweiten Gebührengremien der Berufsverbände und Kammern.

5. Die Gebührenvereinbarung des § 34 RVG

Wird eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich vorgesehene Anwaltsvergütung vereinbart, handelt es sich um eine Vergütungsvereinbarung, die den besonderen Formvorschriften nach § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG unterliegt. Gibt es keine gesetzliche (RVG-)Gebühr für eine Anwaltstätigkeit, liegt eine „Gebührenvereinbarung“ vor. Diese ist formfrei, also auch mündlich wirksam. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG empfiehlt die Gebührenvereinbarung ausdrücklich bei Beratungsmandaten, der Ausarbeitung schriftlicher Gutachten oder der Tätigkeit als Mediator. Vereinbart werden sollen die Gebühren des Anwalts – die RVG-Regelungen zur Erstattung der Auslagen bleibt dadurch unberührt.

Die Vorteile einer Gebührenvereinbarung nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG sind: Generell ist es einfacher, nach einer Gebührenvereinbarung als nach den Vorschriften des BGB (§ 315, § 316, § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2) abzurechnen.

Die Nachteile einer Gebührenvereinbarung nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG sind: Ohne Schrift- oder Textform könnte es Beweisprobleme geben bei einem Streit über die Existenz oder den Inhalt einer Gebührenvereinbarung.

Praxistipp | Bestätigen Sie mündliche Gebührenvereinbarungen kurzfristig per Mail, Fax oder Messenger-Nachricht oder beraten Sie erst nach einem „Mandanten-Okay“.

Weiterführende Hinweise
  • Die Reihe „Vergütungsvereinbarungen-Baukasten“ wird fortgesetzt.
  • Teil 1: Schlüsselbegriffe der Vergütungsvereinbarung, AK 24, 156

AUSGABE: AK 11/2024, S. 185 · ID: 50207585

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