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PersonalGegen Fachkräftemangel hilft Personalentwicklung

Top-BeitragAbo-Inhalt02.09.2024781 Min. LesedauerVon Katja Löffler, M.Sc. Wirtschaftspsychologie, Dipl. Kffr. (FH), PTA, Grasbrunn

| Vor dem Hintergrund des Personalmangels in Apotheken wird eine systematische Personalentwicklung immer wichtiger, denn Umfragen und wissenschaftliche Studien zeigen, dass fehlende Entwicklungs- und Aufstiegschancen häufig genannte Ursachen für Unzufriedenheit von Apothekenmitarbeitern sind. Um eine Abwanderung in andere Branchen zu verhindern, brauchen die Mitarbeiter Perspektiven. |

Was bedeutet Personalentwicklung?

Personalentwicklung umfasst sämtliche Maßnahmen zur beruflichen Förderung, Ausbildung und Weiterentwicklung von Angestellten. Dabei gehen Personalentwicklungsmaßnahmen weit über die berufspolitisch geforderte Pflicht zur Fortbildung für pharmazeutisches Personal hinaus. Mit einer systematischen Personalentwicklung erlangen Apothekenmitarbeiter weitere wichtige Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, um neue Arbeitsaufgaben und zukünftige Probleme eigenständig bewältigen zu können. Dies hilft der Apotheke, im Wettbewerb zu bestehen und sich im permanenten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Wandel zukunftsfähig aufzustellen.

Vorteile einer systematischen Personalentwicklung für Apotheken

  • Steigerung der Mitarbeitermotivation, da die Förderung der beruflichen Weiterentwicklung als Wertschätzung empfunden wird
  • Verbesserung der Arbeitszufriedenheit
  • Langfristiger Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern durch kontinuierliche Weiterbildung
  • Sinkende Fluktuation
  • Langfristige Bindung von qualifizierten Fach- und Führungskräften
  • Verbesserung der innerbetrieblichen Abläufe und der Effizienz
  • Arbeitserleichterung für Inhaber, da sie Verantwortung delegieren können
  • Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft der Apotheke

Personalentwicklungsbedarf analysieren

Um den genauen Personalentwicklungsbedarf zu analysieren, müssen eine Reihe von Fragen beantwortet werden. Ausgangspunkt ist die Frage nach den langfristigen Zielen der Apotheke.

Welche langfristigen Ziele will ich mit meiner Apotheke erreichen?

Die Ausrichtung der Apotheke auf konkrete Ziele bildet die Basis für tiefgreifende unternehmerische Entscheidungen. Bei der Zielfindung spielen zum einen die persönlichen Präferenzen der Inhaber und der Mitarbeiter eine Rolle. Zum anderen können sie sich auch aus dem Kundenstamm und anderen Stakeholdern wie Ärzten, Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder Unternehmen im Umfeld der Apotheke ergeben.

Beispiele für langfristige Ziele von Apotheken (Unternehmensziele)

  • Expansion durch Übernahme von Filialen
  • Schwerpunktapotheke durch Etablierung spezifischer Beratungsangebote für bestimmte Patientengruppen, z. B. HIV-Patienten, Diabetiker, Übergewichtige, Herz-Kreislauf-Patienten, Schwangere und Mütter mit Kleinkindern, Krebspatienten, Sportler, Senioren, Asthmatiker, pflegende Angehörige
  • Erweiterung des Dienstleistungsangebots, z. B. Palliativversorgung, Heimversorgung, Verblisterung, Präventions-, Darm-, Haut- und Kosmetikberatung
  • Stärkere digitale Ausrichtung, z. B. durch Telepharmazie, Online-Sprechstunden, bessere digitale Sichtbarkeit in den sozialen Medien
  • Apotheke als interdisziplinärer Koordinator im Gesundheitssystem
  • Apotheke als Gesundheitscoach für Menschen, die sich individuell und ganzheitlich beraten lassen wollen

Welche Anforderungen werden an die Mitarbeiter zur Zielerreichung gestellt?

Auf Basis der ermittelten Ziele werden im Anschluss die fachlichen Anforderungen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die überfachlichen Eigenschaften definiert (siehe auch AH 08/2024, Seite 2: Anforderungsprofil). Beispielsweise benötigt eine Apotheke, die sich auf die Palliativversorgung fokussiert, Mitarbeiter mit ausgeprägten sozialen Fähigkeiten. Will die Apotheke dagegen expandieren und Filialen übernehmen, sind analytische, konzeptionelle und steuerungsbezogene Fähigkeiten sowie Führungsfertigkeiten gefragt. Für eine Schwerpunktapotheke sind entsprechendes Fachwissen und gute Kommunikationsfähigkeiten erforderlich.

Welches Know-how ist bereits vorhanden bzw. muss noch erworben werden?

Um herauszufinden, welches Wissen und welche Fähigkeiten die Mitarbeiter bereits besitzen, eignen sich Mitarbeitergespräche besonders gut. Dabei treten häufig Fähigkeiten und Fertigkeiten der Angestellten zutage, die den Apothekeninhabern bisher nicht bekannt waren. Durch gezielte Fragen im Entwicklungsgespräch kann dann ermittelt werden, wo die besonderen Interessen der Mitarbeiter liegen und in welche Richtung sie sich weiterentwickeln möchten.

Fragen für ein Entwicklungsgespräch

  • Was motiviert Sie?
  • Was wünschen Sie sich von mir als Führungskraft?
  • Wenn es eine Tätigkeit in der Apotheke gibt, die Sie in Zukunft unbedingt übernehmen möchten, welche wäre das?
  • Welche weiteren Stärken haben Sie, die Sie unbedingt einbringen möchten?
  • Wohin möchten Sie sich weiterentwickeln?

Personalentwicklungsmaßnahmen planen

Die Antworten auf diese Fragen werden dann mit den Zielen abgeglichen. Je nachdem, welche konkreten Ziele erreicht werden sollen und welche Kompetenzen dafür noch erworben werden müssen, kommen unterschiedliche Maßnahmen zum Einsatz. So kann Fachwissen z. B. durch Lehrgänge, Schulungen, Fortbildungen oder Seminare erworben werden. Soziale Fähigkeiten können trainiert oder in Workshops erworben werden. Persönlichkeitseigenschaften lassen sich am besten durch Coaching weiterentwickeln. Eine Aufstiegsweiterbildung für eine Führungsposition kann z. B. durch ein Führungskräfteseminar oder ein berufsbegleitendes Studium erworben werden.

Beispiel: Etablierung einer Mutter-Kind-Schwerpunktapotheke

Personalentwicklungsmaßnahmen

Fachliche Kenntnisse:

  • Fachspezifische Weiterqualifikation mit Zertifikat
  • Schulungen zum Umgang mit Milchpumpen
  • Fortbildungen der Kammer, z. B. zur Impfberatung für Schwangere oder zur Behandlung von typischen Erkrankungen bei Kindern
  • Weiterbildung zum Mikronährstoffberater für Schwangere, Stillende und Kinder
  • Fortbildung zur Stillberatung und Beikosteinführung
  • Fortbildung zur Hautpflege für Schwangere, Kinder mit Problemhaut etc.
  • Fortbildung zur Ernährungsberatung für Kinder
  • Online-Kurse zum Erwerb oder Ausbau digitaler Kompetenzen, z. B. um Online-Sprechstunden für Mütter anzubieten oder ein Online-Buchungstool zu managen
  • Fort- oder Weiterbildung im Bereich Marketing, um den Schwerpunkt der Apotheke nach außen zu kommunizieren
  • Führungskräfteseminar oder berufsbegleitendes Studium zum Erwerb von Kompetenzen im Projektmanagement, in Mitarbeiterführung und in Betriebsorganisation

Soziale Fähigkeiten und Fertigkeiten:

  • Training der verbalen/nonverbalen Kommunikation und des aktiven Zuhörens
  • Rollenspiele, um konkrete Beratungssituationen mit jungen Müttern im Alltag zu üben
  • Empathie-Training, um sich in die Situation von Müttern hineinzuversetzen
  • Workshops zur gewaltfreien Kommunikation, um Konflikte konstruktiv zu bewältigen

Persönlichkeitseigenschaften:

  • Selbstsicherheit und Selbstvertrauen, um die eigenen Argumente z. B. in einem Beratungsgespräch oder bei einem Vortrag sicher zu vertreten, können durch Coaching unterstützt werden

Mitarbeiter weiterentwickeln

Nicht alle genannten Fähigkeiten und Fertigkeiten müssen von derselben Person abgedeckt werden. I. d. R. arbeiten mehrere Mitarbeiter der Apotheke im Team, um z. B. einen oder mehrere Beratungsschwerpunkte zu etablieren. Daher ist es sinnvoll, je nach Vorkenntnissen und Interessen geeignete Mitarbeiter für konkrete Aufgaben zu identifizieren, zu qualifizieren und ihnen echte Entwicklungsperspektiven zu bieten. Für Berufseinsteiger bieten Trainee-Programme gute Möglichkeiten, direkt im Job geschult zu werden.

Beachten Sie | Die Mitarbeiter müssen nach Abschluss der jeweiligen Personalentwicklungsmaßnahme die Möglichkeit erhalten, das Gelernte in der Praxis anzuwenden. Ihnen sollten sukzessive neue Aufgaben und Verantwortlichkeiten aus dem jeweiligen Lerngebiet übertragen werden.

Beispiele

  • Eine PKA wird zur Fachexpertin für Digitalisierung weiterqualifiziert. Sie betreut zukünftig alle digitalen Tools der Apotheke.
  • Mehrere Approbierte und PTA spezialisieren sich auf die individuelle pharmazeutische Beratung, eine weitere PTA auf die Ernährungsberatung der Zielgruppe „Schwangere und Mütter mit Kindern“.
  • Eine PKA wird zur Marketingspezialistin ausgebildet und begleitet Aktionen und Werbemaßnahmen für die gesamte Apotheke, einschließlich des Beratungsschwerpunkts.
  • Eine PTA mit Organisationstalent und Interesse an Führung absolviert ein Führungskräfteseminar und übernimmt anschließend die Bereichsleitung des gesamten „Mutter-Kind-Beratungsteams“.

Bedeutung von Aufstiegsmöglichkeiten

Apothekeninhaber, die ihren Angestellten Entwicklungsperspektiven bieten, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber, denn Untersuchungen belegen die positiven Zusammenhänge zwischen guten Entwicklungsmöglichkeiten und Arbeitszufriedenheit, Engagement sowie Mitarbeiterbindung.

Vorteile der Personalentwicklung für Mitarbeiter

  • Bessere Nutzung von Potenzialen
  • Aktivierung von Talenten
  • Identifizierung passender Tätigkeiten, die die Mitarbeiter motivieren
  • Steigerung des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins
  • Aussicht auf Beförderung und besseres Gehalt

Weiterentwicklung bedeutet aber nicht zwangsläufig die Übernahme einer Führungsposition. Auch ein Expertenstatus in einem bestimmten Beratungsbereich kann für die eine oder andere Mitarbeiterin attraktiv sein. Andererseits können Führungsfunktionen nicht nur von Approbierten übernommen werden, denn das Pharmaziestudium allein qualifiziert noch lange nicht für eine Führungsposition. Mitarbeiterführung ist ein sehr komplexes Thema, das neben fachlichen auch zahlreiche soziale und überfachliche Kompetenzen erfordert. Dazu gehören Eigenverantwortung, Kommunikationsfähigkeit, Ergebnisorientierung, Vorbildfunktion, Kritikfähigkeit, Selbstmanagement, Entscheidungsfähigkeit und außerdem die Fähigkeit, die Stärken der Mitarbeiter zu erkennen, Verantwortung zu delegieren sowie die Mitarbeiter individuell zu unterstützen und zu fördern.

Fazit | Die Apothekenbranche steht vor großen Veränderungen durch politische, demografische und digitale Herausforderungen. Mit einem systematischen Personalentwicklungsprogramm können sich Apotheken auf die zukünftige Neuausrichtung des Apothekenmarktes vorbereiten und rechtzeitig die richtigen Weichen stellen.

Weiterführender Hinweis
  • „Weshalb Apotheken von einer hohen Arbeitszufriedenheit profitieren“, in AH 03/2023, Seite 2

AUSGABE: AH 10/2024, S. 6 · ID: 50110609

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