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Betriebswirtschaftliche ApothekensteuerungWichtige Kennzahlen für Apotheken: Warenrohertrag und Handelsspanne

Abo-Inhalt15.03.2024432 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen

| Der Rohertrag ist ein zentraler Bestandteil des Gewinns einer Apotheke. Er setzt sich aus Handelsspanne und Absatz zusammen. Maßgeblich sind die Verkaufspreise und die Einkaufspreise. Die Wirkungen von Preisänderungen sind im Blick zu behalten, um Rohertragsverluste zu vermeiden. |

Berechnung des Warenrohertrags

Zur Erinnerung: Der Gewinn lässt sich als Umsatz minus Warenkosten (bzw. Wareneinsatz) minus Handlungskosten darstellen. Die Differenz aus Umsatz und Warenkosten wird als Warenrohertrag oder Rohertrag bezeichnet. Seine Berechnung erfolgt zu Nettopreisen, d. h. abzüglich aller Preisnachlässe und ohne Mehrwertsteuer. Die Warenkosten erfassen keine Kosten, die mit der Bestellung, der Beschaffung, der Einlagerung, der Umlagerung, dem Verkauf oder mit weiteren Vorgängen an der Ware verbunden sind. Die Kosten der Bewirtschaftung der Ware sind Handlungskosten. Der Warenrohertrag kann für einzelne Artikel, einzelne Warengruppen, die gesamte Apotheke, aber auch je Kunde und für andere Bezugsgrößen ermittelt werden. Er kann auf unterschiedliche Weise berechnet werden:

Beispiel 1: Ermittlung des Warenrohertrags für einen Artikel

Der Verkaufspreis (VK) beträgt 10 Euro und der Einkaufspreis (EK) 6 Euro pro Packung (jeweils ohne MwSt). Es wurden 500 Packungen verkauft. Der Warenrohertrag ist dann:

AH-Formel_Warenrohertrag_1.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Um die dritte Berechnung darzustellen, muss zunächst geklärt werden, wie sich die Handelsspanne ermitteln lässt. Es gibt drei Definitionen von Handelsspanne:

AH-Formel_Warenrohertrag_2.eps (© IWW Institut)
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Für die Berechnung des Warenrohertrags vom Umsatz benötigen wir die Abschlagsspanne:

AH-Formel_Warenrohertrag_3.eps (© IWW Institut)
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  • Verkaufspreis x Absatzmenge – Einkaufspreis x Absatzmenge
  • (Verkaufspreis – Einkaufspreis) x Absatzmenge
  • Umsatz x Handelsspanne (in Prozent)

Beachten Sie | Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Warenrohertrag zu berechnen, und es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Handelsspanne darzustellen. In der Praxis zeigt sich: Wenn sich zwei Personen über die Handelsspanne unterhalten, sollten sie zunächst klären, was sie darunter verstehen, sonst kann es zu Missverständnissen kommen.

Interpretation von Handelsspanne und Rohertrag

Maßgeblich ist am Ende nicht die Handelsspanne eines einzelnen Artikels, sondern der sich nach dem Umsatz ergebende Warenrohertrag. Eine hohe Handelsspanne ist wenig wert, wenn der Absatz gering ist. Es kommt also nicht nur auf gute Einkaufskonditionen, sondern auch auf entsprechende Vermarktungsaktivitäten an, die den Verkauf fördern. Der Erfolg liegt eben nicht – zumindest nicht allein – im Einkauf.

Auf der anderen Seite sollte nicht nur der Rohertrag betrachtet werden. Zwar ist es oft schwierig, direkte Kosten im Sinne von Einzelkosten einzelnen Artikeln zuzuordnen. Zwei Artikel können jedoch sehr unterschiedliche Handlungskosten haben, z. B. eine Handelsmarke (Eigenmarke) im Vergleich zu einer Herstellermarke. So trägt die Apotheke die gesamten Vermarktungskosten der Eigenmarke, während der Hersteller die wesentlichen Kosten für die Vermarktung seiner Marke trägt. Ein hoher Rohertrag der Eigenmarke kann dann durch die Handlungskosten aufgezehrt werden, sodass das Ergebnis für die Eigenmarke schlechter als für die Herstellermarke ausfällt.

Wirkung von Preisaktionen auf Handelsspanne und Rohertrag

Wer Preisaktionen plant, sollte die Wirkung auf die Handelsspanne bzw. den Rohertrag beachten.

Beispiel 2: Preisnachlass beim VK

Die Handelsspanne beträgt 4 Euro/Pck. (a) bzw. die Abschlagsspanne 40 Prozent (c). Ein Preisnachlass beim VK von 20 Prozent führt zu einem VK von 8 Euro, die Handelsspanne sinkt auf 2 Euro/Pck. bzw. 25 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Es gehen 15 Prozentpunkte (40 Prozent – 25 Prozent) bzw. 37,5 Prozent(!) der Handelsspanne verloren: (40 Prozent – 25 Prozent) ÷ 40 Prozent.

Um wie viel muss nun der Absatz dieses Artikels gesteigert werden, um keinen Rohertragsverlust zu erleiden? Der bisherige Absatz betrug 500 Packungen, der bisherige Rohertrag 2.000 Euro. Um auf diesen Rohertrag nach der Preissenkung zu kommen, muss gelten: 2.000 Euro = (8 Euro/Pck. – 6 Euro/Pck.) × Absatz. Der Absatz muss 1.000 Packungen betragen, also um 100 Prozent(!) gesteigert werden.

Alternativ kann die erforderliche Steigerung des Absatzes folgendermaßen berechnet werden:

(4 Euro/Pck. ÷ 2 Euro/Pck.) × 100 Prozent – 100 Prozent = 100 Prozent

Allgemein: (bisheriger Rohertrag/Pck. ÷ neuer Rohertrag/Pck.) × 100 Prozent – 100 Prozent = erforderliche Steigerung des Absatzes, damit der Rohertrag gleich bleibt

Wenn nicht die Absätze dieses Artikels und/oder anderer Artikel entsprechend steigen (also Verbundeffekte fehlen) und den Rohertragsverlust aus der verringerten Handelsspanne mindestens ausgleichen oder wenn andere Ziele, wie z. B. die Verbesserung des Preisimages, nicht erreicht werden, dann wird die Preisaktion zu einem Verlustgeschäft.

Lassen Sie uns nun bei der dargestellten Sonderpreisaktion noch einen Blick auf niedrigere Einkaufspreise werfen.

Beispiel 3: Senkung des EK (wann Rohertragsverlust droht)

Gehen wir davon aus, dass der EK um 20 Prozent gesenkt werden kann, also von 6 Euro/Pck. auf 4,80 Euro/Pck. Ist das ausreichend, um den Rohertragsverlust zu kompensieren? Wie die folgende Rechnung zeigt, lautet die Antwort „Nein“.

(8 Euro/Pck. – 4,80 Euro/Pck.) × 500 Packungen = 1.600 Euro

Um wie viele Packungen muss also der Absatz gesteigert werden, um bei diesem Artikel keinen Rohertragsverlust zu erleiden? Die entsprechende Berechnung sieht wie folgt aus:

(8 Euro/Pck. – 4,80 Euro/Pck.) × Absatz = 2.000 Euro

Absatz = 2.000 Euro ÷ 3,20 Euro/Pck. = 625 Pck.

Der Absatz muss bei 625 Packungen liegen bzw. er muss um 25 Prozent(!) gesteigert werden – und das trotz 20prozentiger Senkung des EK.

Letzte Überlegung: Um wie viel Euro bzw. Prozent muss der EK sinken, damit die Handelsspanne pro Artikel unverändert bleibt?

Beispiel 4: Senkung des EK (wie Handelsspanne sichern)

Die Handelsspanne ohne Preissenkungen beträgt 4 Euro/Pck. bzw. 40 Prozent. Wenn der VK auf 8 Euro/Pck. gesenkt wird, muss der EK bei 4 Euro/Pck. liegen. Das entspricht einer Preissenkung des EK von 2 Euro/Pck. bzw. 33 1/3 Prozent.

Bei einer solchen Preissenkung ließe sich der Warenrohertrag von 2.000 Euro ohne Absatzsteigerung sichern.

Beachten Sie | Für die Apotheke stellt sich dann die Frage, inwieweit bei einer Preissenkung mit einer Absatzsteigerung oder bei einer Preiserhöhung mit einem Absatzrückgang zu rechnen ist. Dies führt zur Betrachtung der Preiselastizität der Nachfrage.

AUSGABE: AH 4/2024, S. 12 · ID: 49908555

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