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ApothekervergütungSorgenkind Hilfstaxe: Das ist zu beachten
| Zum 01.01.2024 wurden die Anlagen 1 und 2 des Vertrags über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen („Hilfstaxe“) gekündigt. Seitdem herrscht in vielen Apothekenteams starke Verunsicherung darüber, wie mit dieser Situation umzugehen ist. AH bringt Licht ins Dunkel. |
Inhaltsverzeichnis
- Was wurde gekündigt und was gilt noch?
- Welches Prinzip der Preisbildung gilt nun für Stoffe und Gefäße?
- Ist die Berechnung nach den §§ 4 und 5 AMPreisV verpflichtend?
- Wie lässt sich das Retaxrisiko minimieren?
- Stellungnahme des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek)
- Aktuelle Rechtslage: Urteil gibt Hoffnung
Was wurde gekündigt und was gilt noch?
Zu beachten ist, dass nicht die gesamte Hilfstaxe gekündigt wurde, sondern nur die Anlagen 1 und 2 mit den Preisübersichten für Ausgangsstoffe bzw. Abgabegefäße. Alle übrigen Anlagen der Hilfstaxe, wie z. B. Anlage 3 zur Preisbildung für parenterale Lösungen, die für die Substitutionstherapie wichtigen Anlagen 4 bis 7 mit den Regelungen zur Preisbildung bei Methadon, Levomethadon, Buprenorphin bzw. Buprenorphin/Naloxon sowie die Anlage 10 mit den Regelungen zur Preisbildung von Cannabisblüten, -extrakten und Dronabinol-Zubereitungen behalten weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit.
Welches Prinzip der Preisbildung gilt nun für Stoffe und Gefäße?
Seit dem 01.01.2024 werden bei der Berechnung der Preise für Stoffe und Gefäße die §§ 4 und 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) über die Apothekenzuschläge für Stoffe bzw. für Zubereitungen aus Stoffen herangezogen. In § 4 Abs. 2 AMPreisV heißt es, dass bei der Preisberechnung von Stoffen von dem Apothekeneinkaufspreis der abzugebenden Menge des Stoffes auszugehen ist, wobei der Einkaufspreis (EK) der üblichen Abpackung maßgebend ist. Ebenso ist dies in § 5 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV für die Abgabe von Rezepturen geregelt. Unter Nr. 2 wird klargestellt, dass bei Fertigarzneimitteln der EK der erforderlichen Packungsgröße gilt.
Somit entfällt die bisher per Dreisatz übliche Umrechnung des EK vom Großgebinde auf die tatsächlich verwendete Menge. In der Apotheke werden nun vermehrt kleine Abpackungen bestellt, deren kompletter EK in die Abrechnung einfließt, da im Hash-Code die reell bezogene Packung auszuweisen ist. Auszugehen ist hierbei stets vom tatsächlich bezahlten Preis unter Berücksichtigung aller erhaltenen Rabatte und nicht von einem abstrakten Listenpreis. Es ist anzunehmen, dass bei gereinigtem Wasser somit nur noch der reine Wasserpreis für die Abrechnung herangezogen werden darf und der Qualitätszuschlag entfällt.
Ist die Berechnung nach den §§ 4 und 5 AMPreisV verpflichtend?
Viele Herstellungen sind nach den neuen Taxationsvorschriften bedeutend teurer geworden. Dies fällt vor allem im Bereich der Privatrezepte auf. Außerdem sind einige Zuzahlungen von 5 auf 10 Euro angestiegen. Das eine oder andere Apothekenteam fragt sich daher, ob es erlaubt ist, einfach weiterhin die alten Preise zu verwenden. Die Antwort lautet eindeutig „Nein“. Die neue Art der Preisbildung ist sowohl für verschreibungs- als auch für apothekenpflichtige Rezepturen immer dann verpflichtend, wenn die Abgabe auf Rezept zulasten eines offiziellen Kostenträgers erfolgt. Dies gilt sowohl für die gesetzliche als auch für die private Krankenversicherung.
Ausnahmen von der Abrechnung nach den §§ 4 und 5 AMPreisV Merke | Von den §§ 4 und 5 AMPreisV darf nur bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Rezepturen auf ein grünes Rezept hin oder bei einem Privatkauf einer Herstellung (wie z. B. eines Kosmetikums oder einer Teemischung) abgewichen werden. In diesem Bereich sind „Sonderangebote“ sowie die konsequente Abrechnung nach den bis zum 31.12.2023 geltenden Taxationsregelungen weiterhin erlaubt. |
Wie lässt sich das Retaxrisiko minimieren?
Viele Inhaber befürchten Retaxationen und überlegen, wie sie sich schützen können. Die Krankenkassen haben bereits erklärt, dass sie keine Genehmigungsanfragen für Rezepturen bearbeiten werden. Diese Idee hilft also nicht weiter. Auch ist es gesetzlich nicht gestattet, den Patienten bei einer Rezeptur in Vorleistung gehen zu lassen. Das verstößt klar gegen das Sachleistungsprinzip nach § 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V: „Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen …“. Das generelle Ablehnen verordneter Rezepturen hingegen würde den Kontrahierungszwang gemäß § 17 Abs. 4 Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) unterlaufen: „Verschreibungen von Personen, die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigt sind, sind in einer der Verschreibung angemessenen Zeit auszuführen.“
Beachten Sie | Es ist daher ratsam, finanzielle Rücklagen für eine mögliche Retaxwelle zu bilden.
Stellungnahme des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Der vdek hat bereits verlauten lassen, dass die Ersatzkassen nur die zur Herstellung der Rezeptur erforderliche Stoffmenge und nicht etwa die kleinstmögliche Bestelleinheit des Ausgangsstoffs vergüten werden. Sie legen den Wortlaut „übliche Abpackung“ in § 4 Abs. 2 AMPreisV so aus, dass damit der Versorgungsbedarf der Apotheken gemeint ist.
Aktuelle Rechtslage: Urteil gibt Hoffnung
Ein Hoffnungsschimmer ergibt sich jedoch aus einem kürzlich ergangenen Urteil. Das Landessozialgericht NRW hat sich mit seinem Urteil vom 17.01.2024 (Az. L 10 KR 701/22) auf die Seite einer Apotheke gestellt, die bei der Preisberechnung für eine Rezeptur den kompletten (und nicht nur den anteiligen) EK der kleinstmöglichen Tube eines Fertigarzneimittels in die Rechnung einbezogen hatte. Man sollte sich aber auch nicht zu früh freuen: Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor und das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundessozialgericht wurde zugelassen.
AUSGABE: AH 4/2024, S. 15 · ID: 49924262