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VertragsarztrechtAbrechnungsprüfung: Dokumentationspflicht als obligater Leistungsinhalt auch ohne EBM-Vorgabe
| Im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen greifen die KVen regelmäßig einzelne Leistungstatbestände heraus und überprüfen, ob diese Leistungen vom Arzt ordnungsgemäß erbracht wurden. Dabei kommt der Dokumentation der Leistungserbringung durch die Ärztin oder den Arzt eine hervorgehobene Rolle zu. Das Bundessozialgericht (BSG) hat noch einmal herausgestellt, dass aus den medizinischen Erfordernissen die Notwendigkeit einer Dokumentationspflicht für die jeweilige Behandlung als Abrechnungsvoraussetzung folgen kann, auch wenn die einschlägige Leistungslegende des EBM selbst keine weitergehenden Anforderungen diesbezüglich enthält (Beschluss vom 07.09.2023, Az. B 6 KA 8/22 B). |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Der Kläger ist als hausärztlicher Internist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die KV kürzte das Honorar für die von ihm in den Quartalen I/2012 bis I/2015 abgerechneten psychosomatischen Leistungen nach den EBM-Nrn. 35100 und 35110 sowie geriatrische Leistungen nach den Nrn. 03360 und 03362 im Umfang von insgesamt rund 55.000 Euro. Der Arzt erhob dagegen Klage. Er machte geltend, die Leistungen ordnungsgemäß erbracht und ausreichend dokumentiert zu haben.
Das Sozialgericht (SG) gab der Klage statt, soweit diese sich gegen die Kürzung der Leistungen nach Nrn. 03360 und 03362 richtete und wies sie im Übrigen ab. Hinsichtlich der Nr. 03360 seien in den Patientendokumentationen des Klägers in den geprüften Fällen die ausgefüllten und den Anforderungen der Leistungslegende entsprechenden Testbögen enthalten. Es ergebe sich aus den jeweiligen Testbögen das Testergebnis, woraus sich wiederum eine Beurteilung der Selbstversorgungsfähigkeiten und der Mobilität und Sturzgefahr ergebe. Auch die Leistungserbringung bezüglich der Nr. 03362 sah die sachkundig besetzte Kammer nach Durchsicht der Dokumentation des Klägers als erwiesen an.
Die Kürzung der psychosomatischen Leistungen sei dagegen zu Recht erfolgt. Für EBM-Nr. 35100 ergebe sich dies bereits aus den fehlenden schriftlichen Vermerken über ätiologische Zusammenhänge, die nach der Leistungslegende Teil des obligaten Leistungsinhalts sei. Hinsichtlich der Nr. 35110 fehle es in der Patientendokumentation des Klägers insbesondere jeweils an einer nach den §§ 12 und 21a der im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Psychotherapie-Richtlinie erforderlichen Dokumentation. Diese muss den jeweiligen Ist-Zustand am Behandlungstag darstellen sowie Fortschritte, Erfolge und Misserfolge der Interventionen. Auch wesentliche Inhalte der verbalen Interventionen seien zu dokumentieren, um eine Anknüpfung an die verbale Intervention zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen.
Merke | Die psychosomatischen Leistungen nach den EBM-Nrn. 35100 und 35110 sind in der Prüfung beliebt. Während die Leistungslegende der Nr. 35100 EBM (Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände) ausdrücklich die Dokumentation ätiologischer Zusammenhänge als obligaten Leistungsinhalt ausweist („schriftlicher Vermerk“), enthält die Nr. 35110 (Verbale Intervention psychosomatischer Krankheitszustände) selbst keine Vorgaben zum Inhalt der Dokumentation. |
Beide Parteien erhoben gegen das Urteil die Berufung. Während die Berufung des Arztes zurückgewiesen wurde, hatte die Berufung der KV Erfolg. Die Klage wurde insgesamt abgewiesen. Die Revision wurde vom LSG nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die dagegen vom Arzt erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG zurückgewiesen. Die vom Kläger formulierte Rechtsfrage, ob die Einhaltung von allgemeinen oder besonderen Dokumentationspflichten auch dann für die Abrechnung der Leistung obligatorisch ist, wenn sie nicht in der Leistungslegende vorgesehen ist, sei nicht klärungsbedürftig, da sie auf Grundlage der Rechtsprechung des Senats bejaht werden könne.
Der Senat habe bereits entschieden, dass zur Bestimmung des notwendigen Leistungsinhalts einer Position des EBM ggf. auch auf andere, verbindliche normative Vorgaben zurückgegriffen werden kann und sich auch zu weiteren möglichen normativen Grundlagen von Dokumentationspflichten geäußert. Das LSG bestimme auch keine über die üblichen Darlegungs-, Nachweis- und Dokumentationspflichten bzw. -obliegenheiten hinausgehenden Pflichten. Wenn es ausführt, dass der „Dokumentation ärztlicher Leistungen große Bedeutung“ zukomme, diese „Beweisfunktion“ habe und „dem Vertragsarzt im Rahmen der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen zur Nachweisführung“ diene, formuliere das LSG keine zusätzliche Verpflichtung des Vertragsarztes. Vielmehr würden ersichtlich nur dessen Obliegenheit angesprochen, die genauen Umstände der Leistungserbringung schon im eigenen Interesse zu dokumentieren, um zu einem späteren Zeitpunkt die erbrachte Leistung nachweisen zu können.
Fazit | Die Entscheidung stellt erneut die Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Dokumentation seiner Leistungen durch den Vertragsarzt heraus. Dabei kann eine mangelhafte Dokumentation sich in zweierlei Hinsicht für den Arzt negativ auswirken:
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AUSGABE: AAA 4/2023, S. 12 · ID: 49260782