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ABC der Abrechnung„P“ – Palliativmedizinische Betreuung
| Die 85-jährige Patientin kommt in Begleitung ihrer Tochter in die hausärztliche Sprechstunde. Sie ist am Vortag mit einem inoperablen ossär metastasierten Nierentumor aus der Klinik entlassen worden. Zudem leidet die Patientin an einem rezidivierend symptomatischen Bandscheibenprolaps und multiplen internistischen Grundleiden. Da die Patientin mit Blick auf ihr Alter eine Chemotherapie strikt abgelehnt hat, wurde sie nach Rücksprache mit dem Hausarzt in die häusliche Pflege ihrer Tochter entlassen. |
Inhaltsverzeichnis
Diagnose und weiteres Prozedere
Bei der Patientin liegt ein fortgeschrittenes Nierenkarzinom (rechts) mit zahlreichen ossären Metastasen vor (ICD: C64GR; C79.5G; R52.2G). Es handelt sich um eine 85-jährige Frau in reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand (RR 120/75 mmHg, HF 84/min). Das Abdomen ist weich, das rechte Nierenlager klopfempfindlich. Zudem sind ein deutlicher Druckschmerz am rechten Hüftgelenk und Bewegungsschmerz im Bereich der gesamten LWS feststellbar. Die Diagnostik im Krankenhaus hatte einen großen Tumor der rechten Niere gezeigt sowie im Skelettszintigramm zahlreiche metastasenverdächtige Befunde über der LWS und im Beckenkammbereich.
Der Hausarzt führt zunächst eine palliativmedizinische Ersterhebung durch, untersucht die Patientin und bespricht mit ihr und der Tochter das weitere Vorgehen, die Einstellung auf ein orales Opioid, MCP und Laxans. Zur Nacht wird ein niedrig dosiertes Antidepressivum als Co-Medikation verschrieben. Im weiteren Verlauf kommt es bei bedarfsabhängig angepasster Schmerztherapie zu mehr oder weniger regelmäßigen Besuchen, die aber auch gelegentlich notfallmäßig erfolgen.
Abrechnung EBM
Im Gegensatz zur GOÄ bietet der EBM einige spezifische palliativmedizinische Positionen, die auch in diesem Fall angesetzt werden können.
EBM | Punkte | Euro* | Leistung | Prüfzeit in Min.** | Bemerkungen |
03005 | 200 | 22,53 | Versichertenpauschale, ab 76. Lebensjahr | 16 / QP | PC-Eingabe: 03000 |
03220 | 130 | 14,65 | Chronikerpauschale I | 8 / QP | Beim ersten persönlichen APK*** |
03221 | 40 | 4,51 | Chronikerpauschale II | 2 / QP | Beim zweiten persönlichen APK*** |
03370 | 341 | 38,42 | Palliativmedizinische Ersterhebung | k. A. | Einmal im Krankheitsfall (= vier Quartale) |
03371 | 159 | 17,91 | Zuschlag für palliativmedizinische Betreuung | 12 / TP | Dauer mind. 15 Minuten, einmal im BHF**** |
03372 | 124 | 13,97 | Zuschlag für palliativmedizinische Betreuung neben 01410, 01413 | 12 / TP | Mind. 15 Minuten, mehrfach möglich je vollendete 15 Minuten |
03373 | 124 | 13,97 | Zuschlag für palliativmedizinische Betreuung neben den Nrn. 01411, 01412, 01415 | k. A. | einmal pro Besuch |
03230 | 128 | 14,42 | Ärztliches Gespräch | 10 / TP | Auch möglich, wenn Gespräch nur mit Bezugsperson erfolgt |
01410 | 212 | 23,88 | Besuch | 13 / TP | Geplanter Besuch |
01411 | 469 | 52,84 | Dringender Besuch I | k. A. | Unvorhergesehen, abhängig von Wochentag und Uhrzeit |
01412 | 626 | 70,53 | Dringender Besuch II | k. A. |
Bei einer Erstkonsultation im Quartal kann die Versichertenpauschale sowie die Chronikerpauschale nach Nr. 03220 abgerechnet werden. Nach medizinischer Aufklärung der Patientin und Entscheidung für eine lediglich palliative Behandlung führt der Hausarzt zunächst eine Ersterhebung aus und erstellt dann einen Behandlungsplan, den er der Patientin bzw. der Tochter in schriftlicher Form mitgibt (Nr. 03370). Für die weitere palliativmedizinische Betreuung in diesem Quartal rechnet der Arzt gleichzeitig die Nr. 03371 ab. Im weiteren Verlauf kommt es noch zu zwei Praxiskontakten. Danach folgen nur noch Kontakte im Rahmen von Hausbesuchen, teilweise geplant, teilweise auch notfallmäßig wegen stärkster Schmerzen mit subkutanen Morphin-Injektionen. Zusätzlich berechnungsfähig ist
- neben geplanten Besuchen (Nr. 01410) die Nr. 03372,
- neben Notfallbesuchen (Nrn. 01411, 01412 und 01415) die Nr. 03373.
Zwischendurch kommt es auch zu Gesprächen mit der Tochter (ohne die Patientin) über Behandlung, Prognose und das weitere Vorgehen (Nr. 03230).
Abrechnung GOÄ
In der GOÄ gibt es keine spezifischen palliativmedizinischen Positionen. Hier muss auf die allgemeinen Positionen zurückgegriffen werden. Beim ersten Kontakt nach dem Krankenaus kann die Nr. 34 GOÄ abgerechnet werden sowie Nr. 7 und Nr. 76 analog für den Therapieplan. Bei weiteren Terminen in der Praxis wird Nr. 1 oder Nr. 3 GOÄ für eine längere Beratung abgerechnet, zudem evtl. die Nr. 5 sowie die Nr. 4 für eine ausführliche Unterweisung der Tochter darüber, was im Notfall bei Schmerzen oder Übelkeit oder sonstigen Problemen zu tun ist. Bei chronischer Betreuung kann evtl. einmal im Kalenderjahr die Nr. 15 GOÄ abgerechnet werden, allerdings ohne die Nr. 4 GOÄ im selben Behandlungsfall. Die Besuche werden mit der Nr. 50 und je nach Uhrzeit und Wochentag mit den Zuschlägen E bis H abgerechnet; zusätzlich Wegegeld. Für die subkutane Injektion fällt die Nr. 252 an, zzgl. der Auslagen für die Medikamente, wenn sie aus dem privaten Praxisbedarf entnommen werden.
GOÄ | Punkte | Euro/2,3-fach | Leistung | Bemerkungen |
1 | 80 | 10,72 | Beratung, auch telefonisch | Einmal im BHF* neben Sonderleistung |
3 | 150 | 20,11 | Eingehende Beratung | Mind. zehn Minuten, bei längerer Dauer: Faktorsteigerung |
4 | 220 | 29,49 | Fremdanamnese oder Unterweisung | Nur einmal im BHF* |
5 | 80 | 10,72 | Symptombezogene Untersuchung | Einmal im BHF* neben Sonderleistungen |
7 | 160 | 21,45 | Untersuchung eines Organsystems | Mehrfach auch ohne Begründung im BHF* möglich |
15 | 300 | 40,22 | Koordination flankierender Maßnahmen | Nicht neben Nr. 4 GOÄ im selben BHF* |
34 | 300 | 40,22 | Erörterung bei lebensverändernder oder lebensverkürzender Erkrankung | Max. zweimal in sechs Monaten, mind. 20 Minuten |
50 | 320 | 42,90 | Besuch | Evtl. Zuschlag E, F, G und/oder H |
A 76 | 70 | 9,38 | Therapieplan, Nr. 76 GOÄ analog | Muss schriftlich erfolgen |
252 | 40 | 5,36 | Injektion, i.m. oder s. c. | Evtl. Auslagenersatz gemäß § 6 GOÄ |
„Palliativmedizinische Betreuung“ – Abrechnungsvorschlag | |||||||
Leistung | EBM | GOÄ | Anmerkungen | ||||
Ziffer | Punkte | Euro* | Ziffer | Punkte | Euro/ 2,3-fach | ||
Erstkonsultation | |||||||
Versichertenpauschale (85-jährige Patientin) | 03005 | 200 | 22,53 | –** | – | – | EBM: PC-Eingabe: 03000 |
Untersuchung Organbereich | –*** | – | – | 7 | 160 | 21,45 | Bei Untersuchung mehrerer Organsysteme erhöhter Faktor möglich |
Palliativmedizinische Erhebung, Erörterung | 03370 | 341 | 38,42 | 34 | 300 | 40,22 | GOÄ: mind. 20 Minuten |
Palliativmedizinische Betreuung | 03371 | 159 | 17,91 | –** | – | – | Mind. 15 Minuten, einmal im BHF**** |
Weitere Praxiskontakte | |||||||
Beratung | –*** | – | – | 1 | 80 | 10,72 | Nur einmal im BHF**** neben Sonderleistungen, nicht neben Nr. 34 GOÄ |
Eingehende Beratung | –*** | – | – | 3 | 150 | 20,11 | Nur neben Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 |
Symptomorientierte Untersuchung | –*** | – | – | 5 | 80 | 10,72 | Nur einmal im BHF**** neben Sonderleistungen |
Unterweisung der Bezugsperson | 03230 | 128 | 14,42 | 4 | 220 | 29,49 | Im BHF**** nur einmal und nicht neben Nr. 15 abrechenbar |
Chronikerpauschale I | 03220 | 130 | 14,65 | –** | – | – | Beim ersten persönlichen APK***** |
Chronikerpauschale II | 03221 | 40 | 4,51 | –** | – | – | Beim zweiten persönlichen APK***** |
Koordination bei chronischer Krankheit | –*** | – | – | 15 | 300 | 40,22 | Im Kalenderjahr nur einmal abrechenbar |
Besuchskontakte | |||||||
Geplanter Besuch | 01410 | 212 | 23,88 | 50 | 320 | 42,90 | Nr. 50 GOÄ: Bei längerer Dauer steigerbar (§ 5 GOÄ) |
Zuschlag zu Nr. 01410 | 03372 | 124 | 13,97 | –** | – | – | Je vollendete 15 Minuten |
Dringender Besuch | 01411 01412 | 469 626 | 52,84 70,53 | 50 | 320 | 42,90 | Nr. 50 GOÄ: Zusätzlich Zuschlag E, F, G und/oder H |
Zuschlag zu Nr. 01411, 01412 | 03373 | 124 | 13,97 | –** | – | – | Einmal pro Besuch |
Subkutane Injektion | –*** | – | – | 252 | 40 | 5,36 | Zzgl. Auslagenersatz |
- Ambulante Palliativversorgung: die neuen Leistungen ab dem 01.10.2017 (AAA 08/2017, Seite 3)
- Besondere Palliativversorgung – Qualifikation und Aufgaben (AAA 03/2017, Seite 11)
AUSGABE: AAA 2/2022, S. 17 · ID: 47928930