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EntgelttransparenzgesetzAuskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz
| Die Auskunftsansprüche nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) verpflichten den ArbG nur zur Auskunft für das vor dem Antrag liegende Jahr. Dies folgt aus § 11 Abs. 3 S. 2 EntgTranspG. |
Sachverhalt
Die ArbN verlangt Auskunft nach dem EntgTranspG für die Jahre 2017 bis 2020. Der ArbG lehnte mehrere Male eine Auskunft mit der Begründung ab, dass weniger als sechs Mitarbeiter am Standort K eine Vergleichstätigkeit ausüben würden. Die ArbN vertritt die Auffassung, die sich aus dem EntgTranspG ergebenden Auskunftsansprüche seien nicht betriebs-, sondern unternehmensbezogen. Dies ergebe sich u. a. aus europarechtlichen Vorgaben. Unabhängig davon sei der Standort K kein eigenständiger Betrieb. Sie beantragt den ArbG zu verurteilen,
- 1. ihr Auskunft zu erteilen, nach welchen Kriterien und Verfahren ihr Entgelt sowie das Entgelt der männlichen Mitarbeiter für die Jahre 2019 und 2020 festgelegt worden ist;
- 2. ihr Auskunft über den auf Vollzeitäquivalente hochgerechneten statistischen Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts (Gesamtentgelts) sowie des Basisentgelts und der als Entgeltbestandteil gewährten Aktienoptionen für die bei dem ArbG, als Lösungsberater Modern Work Place Specialists (Lösungsberater moderner Arbeitsplatz) beschäftigten männlichen Mitarbeiter für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 zu erteilen.
Das Arbeitsgericht gab den beiden Anträgen mit Teilurteil statt.
Entscheidungsgründe
Das LAG Köln (12.2.25, 5 Sa 479/23, Abruf-Nr. 248408) wies den Antrag zu 1) ab. Ein möglicher Anspruch der ArbN sei durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Der ArbG habe die vermeintlich geschuldete Auskunft erteilt.
Im Prozess habe der ArbG ein umfangreiches Regelwerk für die Einstufung der Mitarbeiter vorgelegt. Es sei vergleichbar mit Regelungen, die in Tarifverträgen zur Eingruppierung der Mitarbeiter getroffen werden. Dies sei ausreichend, weil § 11 Abs. 2 S. 2 EntgTranspG auf Betriebsvereinbarungen analog anwendbar sei. Der ArbG sei nicht verpflichtet, der ArbN gesondert Auskunft über Regelungen zur Bestimmung des Joblevels zu erteilen. Danach bestehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht (mehr). Ein möglicher Anspruch der ArbN aus § 11 Abs. 2 EntgTranspG auf Auskunft zu den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung sei durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Dem stehe nicht entgegen, dass er keine konkrete Auskunft zu der Festlegung des jeweiligen Joblevels erteilt habe. Der ArbG habe die maßgeblichen Gesamtbetriebsvereinbarungen einschließlich der Bestimmungen zur Einstufung der Mitarbeiter vorgelegt. Dies sei ausreichend.
Der Antrag zu 2) sei für die Jahre 2017, 2019 und 2020 bereits von vornherein unbegründet. Die ArbN könne nur für das Jahr 2018 Auskunft verlangen. Dieser sei aber unbegründet, weil die ArbN einen unternehmensweiten Auskunftsanspruch geltend gemacht habe. Der Anspruch beziehe sich jedoch auf den Betrieb. Der Antrag zu 2) könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er sich hilfsweise auf einen Betrieb erstrecke. Auf die weiteren Streitpunkte komme es nicht an. Offenbleiben könne insbesondere, ob eine gleiche oder gleichwertige Arbeit gegeben sei.
Die Auskunftsansprüche nach dem EntgTranspG würden den ArbG nicht verpflichten, auf Antrag Auskunft für mehrere Jahre zu geben, sondern nur für das Jahr, das vor dem Antrag liege. Dies folge aus § 11 Abs. 3 S. 2 EntgTranspG. Danach sei die Auskunft „jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr zu erteilen“. Damit sei das dem Antrag vorhergehende Kalenderjahr gemeint. Der Auskunftsanspruch der ArbN bezöge sich auf das Kalenderjahr 2018, weil sie den Antrag am 26.6.19 gestellt habe. Mit „Kalenderjahr“ sei die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12. des jeweiligen Jahres gemeint.
Dies werde in der Literatur in Zweifel gezogen. Es würde die Auffassung vertreten, dass auf die vergangenen zwölf Monate vor dem Zugang des Auskunftsverlangens abzustellen sei. Dem schloss sich die Kammer nicht an. Zwar treffe es zu, dass die Bezugnahme des § 25 Abs. 1 S. 2 EntgTranspG auf § 10 Abs. 2 S. 2 EntgTranspG nur dann sinnvoll erscheine, wenn der auch in § 25 Abs. 1 S. 2 EntgTranspG enthaltene Begriff des „Kalenderjahres“ nicht das Kalenderjahr, sondern das Jahr vor Stellung des Antrags meine. Angesichts des klaren Wortlauts des § 10 Abs. 2 S. 2 EntgTranspG könne sich aus der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 1 S. 2 EntgTranspG nicht ergeben, dass ein Kalenderjahr kein Kalenderjahr sein solle.
Der Antrag zu 2) sei insgesamt unbegründet, weil die ArbN einen unternehmensweiten Auskunftsanspruch geltend gemacht habe. Der gesetzliche Auskunftsanspruch beziehe sich jedoch auf den Betrieb. Dies ergebe die Auslegung des Gesetzes. Der Antrag zu 2) könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er sich hilfsweise auf einen Betrieb erstrecke. Die Auskunftspflicht des ArbG sei nur betriebsbezogen. Dies ergebe die Auslegung des § 12 Abs. 1 EntgTranspG und des § 12 Abs. 2 Nr. 2 EntgTranspG, die den Begriff „Betrieb“ verwenden.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG ausdrücklich die Begriffe „in demselben Betrieb“ und „bei demselben Arbeitgeber“ verwendet. Wenn die Auskunftspflicht für das gesamte Unternehmen gelten würde, wäre die Aufnahme der Worte „in demselben Betrieb“ in den Gesetzestext überflüssig. Darüber hinaus bestimme § 12 Abs. 2 Nr. 2 EntgTranspG ausdrücklich, dass die Auskunftspflicht „keine regional unterschiedlichen Entgeltregelungen bei demselben Arbeitgeber“ umfasse. Schließlich spreche die Einbindung des Betriebsrats in das Verfahren dafür, dass die Auskunftspflicht örtlich begrenzt sei. Es entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, auf den allgemeinen Betriebsbegriff abzustellen. Die Gesetzesbegründung verweise ausdrücklich auf das BetrVG. In ihr sei ausgeführt, dass das Gesetz mit der Beschäftigungsgrenze von 200 Beschäftigten „eine im Betriebsverfassungsrecht anerkannte Betriebsgröße als Anwendungsbereich für den Auskunftsanspruch verwende“.
Diese Annahme sei mit dem höherrangigen Europarecht vereinbar. § 12 EntgTranspG müsse auch nicht europarechtskonform ausgelegt werden. Der ArbG unterhalte mehrere Betriebe in D. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der ArbG nur einen Betrieb eingerichtet habe. Hierfür spreche nicht nur, dass an allen fünf Standorten ein Betriebsrat gebildet worden sei und auch ein Gesamtbetriebsrat bestehe. Es sei anzunehmen, dass die Voraussetzungen einer weiten räumlichen Entfernung gegeben sei.
Relevanz für die Praxis
Das LAG Köln betont, der Antrag zu 2) kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass hilfsweise eine betriebsbezogene Auskunft geltend gemacht wurde. Klageanträge unterliegen der Auslegung. Die revisionsrechtlich in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung des Klageantrags darf dabei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften. Sie muss den wirklichen Willen der Partei erforschen. Es ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der Interessenlage entspricht. Nur wenn sich das Rechtsschutzziel des ArbN auch durch die gebotene Auslegung nicht eindeutig ermitteln lässt, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten (BGH 22.3.23, V ZR 128/22).
Danach ist der Antrag zu 2) nicht dahingehend auszulegen, dass die ArbN hilfsweise einen betriebsbezogenen Auskunftsanspruch geltend machen will. Eine derartige Auslegung würde nicht den wirklichen Willen der ArbN berücksichtigen. Die ArbN hatte von Anfang an und durchgehend einen unternehmensweiten Auskunftsantrag geltend gemacht.
AUSGABE: AA 9/2025, S. 149 · ID: 50522224