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ArbeitspapiereKeine Herausgabe von Planungsunterlagen

Abo-Inhalt06.03.20254 Min. Lesedauer

| Am Ende des Arbeitsverhältnisses hat der ArbN keinen Anspruch auf eine tätigkeitsbezogene Bescheinigung über die verantwortliche Betreuung der Bauvorhaben während der Ausführungsphase sowie auf Kopien von Planungsunterlagen. |

Sachverhalt

Der ArbN war als Ingenieur in Teilzeit für den Bereich Brandschutz bei einem Ingenieurbüro angestellt und kündigte sein Arbeitsverhältnis ordentlich. Vom ArbG verlangte er eine Bescheinigung, dass er Bauvorhaben verantwortlich betreut habe, sowie die Herausgabe von Kopien von Planungsunterlagen. Der ArbG verweigerte ihm diese. Der ArbN argumentierte, der ArbG sei aufgrund der nachvertraglichen Fürsorgepflicht gehalten, ihn beim Erwerb von Zusatzqualifikationen zu unterstützen, soweit dies für das berufliche Fortkommen erforderlich sei. Den Parteien sei unausgesprochen klar gewesen, dass er sobald als möglich die Anerkennung als staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes anstrebe. Laut Auskunft der Ingenieurkammer-Bau müsse der ArbG einem angestellten Ingenieur die hierzu erforderlichen Bescheinigungen erteilen. Der ArbG ist der Ansicht, die Fürsorgepflicht nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses beschränke sich auf die Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses. Er sei nicht verpflichtet, durch das Erteilen von Bescheinigungen Konkurrenztätigkeit zu fördern oder Ex-Beschäftigte erst in die Lage zu versetzen, Wettbewerb zu seinen Lasten betreiben zu können.

Das Arbeitsgericht Siegburg verurteilte den ArbG, eine restliche Vergütung von knapp über 2.800 EUR netto zu zahlen. Den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung und die Herausgabe von Kopien von Planungsunterlagen lehnte das Gericht ab.

Entscheidungsgründe

Das LAG Köln (23.8.23, 11 Sa 27/23, Abruf-Nr. 240655) gab dem ArbG recht. Der Ex-Mitarbeiter habe weder einen Anspruch auf eine tätigkeitsbezogene Bescheinigung über die verantwortliche Betreuung während der Ausführungsphase der Bauvorhaben noch auf Herausgabe von Planungsunterlagen.

Jede Partei des Arbeitsvertrags sei zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet (§ 241 Abs. 2 BGB). Hieraus ließen sich auch nachwirkende Schutzpflichten ableiten. Dazu gehöre die Pflicht des ArbG, auf Wunsch und im Interesse des ArbN Dritten gegenüber Auskünfte über den ArbN zu erteilen. Konkurrierende Grundrechte von ArbN und ArbG seien in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass die bei der Ausformung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam würden. Die begehrten Bescheinigungen zur verantwortlichen Betreuung während der Ausführungsphase würden zunächst für beide Parteien Wirkungen erzeugen. Einerseits bestehe die Möglichkeit, dass der ArbN mithilfe der Bescheinigungen seine berufliche Betätigungsfreiheit fördern könne. Sie seien eine der notwendigen Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung als Sachverständiger für den Brandschutz. Auf der anderen Seite drohe die Betätigungsfreiheit des ArbG insoweit belastet zu werden, als er sich zusätzlicher Konkurrenz in dem von ihm ausgeübten Bereich des Brandschutzes ausgesetzt sehe, wenn der Ex-Mitarbeiter als staatlicher Sachverständiger für Brandschutz anerkannt werde. Hier sei entscheidend, welche Nachteile die Partei im Falle des Unterliegens zu besorgen habe und ob diese die Nachteile der Gegenseite überwiegen würden.

Der ArbN habe in diesem Fall zu ungenau vorgetragen, dass ihm Nachteile drohen würden, wenn er die Bescheinigung nicht bekommen würde. Auch sei seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, zu welcher Berufsausübung er die Bescheinigung noch benötige. Es bleibe ungewiss, welche Tätigkeit er nach dem Ausscheiden beim ArbG ausgeübt habe oder zurzeit ausübe bzw. anstrebe. Auch sei nicht ersichtlich, dass er seit dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Zeitraum von mehr als zwei Jahren – sei es aufgrund selbstständiger Tätigkeit oder abhängiger Beschäftigung – nicht in der Lage gewesen sei, Bauvorhaben im Bereich des Brandschutzes verantwortlich zu betreuen. Vielmehr bleibe offen, ob überhaupt und in welchem Umfang die Bescheinigung erforderlich sei, um berufliche Nachteile zu vermeiden.

Zudem müssten für die Prüfung des Brandschutzes nach der Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige nach der Landesbauordnung NW als Mindestvoraussetzung drei anspruchsvolle Brandschutzkonzepte zu unterschiedlichen Sonderbauten vorgelegt werden. Es sei nicht erkennbar, weshalb der ArbG verpflichtet sein sollte, eine Bescheinigung über neun Brandschutzkonzepte zu erteilen.

Der ArbG sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem ArbN die Planungsunterlagen derjenigen Brandschutzkonzepte herauszugeben, die er während des Arbeitsverhältnisses bearbeitet habe. Eine Pflicht zur Vorlage von Planungsunterlagen könne allenfalls im Rahmen der nachvertraglichen Schutzpflichten unter Berücksichtigung des Vorlageerfordernisses zum Antrag auf Anerkennung als staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes nach der Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige nach der Landesbauordnung NW bestehen. Dies würde aber eine Erforderlichkeit entsprechend der Pflicht zur Bescheinigung der Brandschutzkonzepte voraussetzen, woran es gemangelt habe.

Relevanz für die Praxis

Das LAG Köln stellte klar, dass es auch über den Anspruch auf ein Zeugnis hinaus sogenannte „Auskunftserteilungsansprüche“ aus nachwirkenden Schutzpflichten bei einem beendeten Arbeitsverhältnis geben kann. Bescheinigungen über Tätigkeiten im Arbeitsverhältnis müssen ArbG aber nur erteilen, wenn der Ex-ArbN konkret und ausführlich vorträgt, warum er die Bescheinigungen braucht und welche Nachteile ihm drohen, wenn der ArbG ihm die Bescheinigungen nicht ausstellt. Ein pauschaler Hinweis auf „drohende Nachteile“ reicht dagegen nicht aus.

AUSGABE: AA 3/2025, S. 43 · ID: 50331190

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