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Unlauterer WettbewerbPrivate Aussagen in sozialen Medien eines ArbN über Konkurrenten nicht dem ArbG zurechenbar

Abo-Inhalt01.01.202475 Min. Lesedauer

| Allein das mittelbare wirtschaftliche Interesse eines Mitarbeiters am Unternehmenserfolg reicht nicht aus, um nach § 8 Abs. 2 UWG dem ArbG dessen Äußerungen in sozialen Netzwerken zuzurechnen. |

Sachverhalt

Beim Kläger und Beklagten handelt es sich um zwei konkurrierende Unternehmensberatungen. Ein Mitarbeiter der Beklagten äußerte sich dabei auf seinem Facebook-Account über das Unternehmen des Klägers wie folgt: „Die B. Brüder haben wegen diesen und einigen anderen Methoden bereits einige Strafverfahren bekommen.“ Im Einzelnen ging es in einer Kommunikation um das Versenden von unerwünschter Werbung als Mittel der Kundenakquise. Dabei bezog sich der Mitarbeiter des Beklagten auf die Mitglieder der Unternehmensleitung des Klägers. Der Kläger war der Ansicht, dass diese Äußerung dem ArbG des Mitarbeiters nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Das LG Hamburg (28.1.22, 416 HKO 29/21) wies die Klage ab. Es verneinte eine Zurechnung der Äußerung des ArbN zur Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG.

Entscheidungsgründe

Das OLG Hamburg (31.8.23, 5 U 27/22, Abruf-Nr. 238697) schloss sich der Rechtsauffassung des LG Hamburg an. Der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Anspruch sei nicht gegeben. Der Kläger habe keinen Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 und/oder Nr. 2, § 8 Abs. 1, 2 und 3 UWG.

§ 4 Nr. 1 und 2 UWG

Gem. § 4 Nr. 1 und 2 UWG handelt unlauter, wer

  • 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
  • 2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden.

Es fehle an einer wettbewerbswidrigen Handlung des ArbN, die der Beklagten gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden könne. Aus Sicht eines objektiven Betrachters handele es sich um eine rein private Äußerung des ArbN, die allein privaten Zwecken diene. Die Äußerung sei als Kommentar zu einer Nachricht erfolgt. Unabhängig davon, ob diese Facebook-Kommunikation öffentlich zugänglich gewesen sei, sei die Kommunikation privater Natur. Anders als primär beruflich genutzte Netzwerke (wie etwa „Xing“) könne Facebook sowohl für private als auch für geschäftliche Zwecke genutzt werden.

Dass der aus dem Screenshot ersichtliche Facebook-Account jedenfalls vorrangig für private Zwecke genutzt worden sei, werde durch das Hochzeitsbild auf der Seite deutlich, das zugleich das Profilbild des ArbN darstelle. Auch die weiteren Fotos würden keinen erkennbaren Zusammenhang zum Beruf des ArbN aufweisen, sondern sprächen für eine jedenfalls vorrangige private Nutzung. Allein daraus, dass im „Steckbrief“ die Stationen des beruflichen Werdegangs dargestellt werden würden, folge nicht, dass es sich um einen geschäftlich genutzten Account handele. Gleiches gelte für den Umstand, dass das Profil des ArbN nicht auf „privat“ geschaltet, sondern für jedermann zugänglich gewesen sei. Der ArbN trete bei seiner Äußerung auch nicht als Vertreter oder Beauftragter der Beklagten in Erscheinung. Die Beklagte werde in dem streitgegenständlichen Kommentar nicht erwähnt.

Eine geschäftliche Handlung des ArbN folge auch nicht aus dessen wirtschaftlichen Interessen. Zwar sei es ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, dass ein wirtschaftliches Interesse des Handelnden an einer Beeinflussung der Verbraucherentscheidung bestehe. Lasse sich dies nicht nachweisen, komme es auf den Inhalt der Äußerung und der Begleitumstände an. Ein Indiz für eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens könne auch darin liegen, dass zu diesem eine geschäftliche Beziehung bestehe.

Vorliegend habe der ArbN als Mitarbeiter der Beklagten zwar ein mittelbares wirtschaftliches Interesse an einer Beeinflussung von Abnehmerentscheidungen im Bereich der Unternehmensberatung. Bei der Gesamtwürdigung reiche dies aber nicht aus, um von einer geschäftlichen Handlung des ArbN auszugehen. Zu berücksichtigen sei, dass die Äußerung des ArbN in Reaktion auf die Äußerung eines privaten Facebook-Kontakts erfolgt sei. Ein anderer Diskussionsteilnehmer habe den Namen der „B…“ ins Gespräch eingebracht.

Relevanz für die Praxis

Das OLG Hamburg betonte, dass es auf die subjektive Sicht des ArbN nicht ankomme, eine Förderungsabsicht sei nach der maßgeblichen Fassung des § 2 UWG nicht (mehr) entscheidend. Vielmehr müsse der Anspruchsteller zumindest Indizien für eine wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung des Mitarbeiters des Konkurrenzunternehmens darlegen.

Rechtsprechungsübersicht / Wichtige Entscheidungen zum Thema Äußerungen ArbN

BAG (24.8.23, 2 AZR 17/23, Abruf-Nr. 237413)

Äußerungen in einer privaten WhatsApp-Gruppe können den Job kosten.

BVerwG (25.5.22, 2 WRB 2.21, Abruf-Nr. 229716)

Bei repräsentativen Funktionen muss man sich in privaten Internetauftritten zurückhalten.

VG Trier (23.6.23, 3 K 2287/22.TR, Abruf-Nr. 236881)

Auch Lehrer sollten manchmal den Mund halten.

LAG Hamm (14.7.22, 8 Sa 365/22, Abruf-Nr. 231368)

Grob ehrverletzende, diffamierende und von erheblicher Missachtung der Person geprägte Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen in einem Vier-Augen-Gespräch können die außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

AUSGABE: AA 1/2024, S. 7 · ID: 49835481

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