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Kariesbehandlung im bleibenden GebissInnovativer Ansatz zur Behandlung proximaler nicht kavitierter kariöser Läsionen
| Ein innovativer, einfacher und kostengünstiger klinischer Ansatz verspricht die Kontrolle proximaler nicht kavitierter Läsionen im bleibenden Gebiss bei Jugendlichen mit hohem Kariesrisiko [1]. |
Silberdiaminfluorid als vielversprechend untersucht
Eine aktuelle Arbeit zeigt auf, dass Silberdiaminfluorid (SDF) in zahlreichen Studien eine hohe Wirksamkeit bei der Arretierung kariöser Läsionen im Milch- wie auch permanenten Gebiss nachgewiesen wurde [2]. Dabei wurde beobachtet, dass die halbjährliche Applikation höhere Erfolge erzielte als die Anwendung in längeren Intervallen.
Bei der Anwendung wird bei allen Vorteilen hinsichtlich Kosten, Behandlungszeit, Minimalinvasivität und Können des Behandlers immer wieder über das Auftreten von schwarzen Verfärbungen berichtet, die einer aktuellen Studie zufolge auch unmittelbare Auswirkungen auf die Akzeptanz der SDF-Behandlung bei den Eltern zeigten [3]. Zwar könne eine Verfärbung durch die Anwendung von Kaliumiodid vermindert werden, gleichzeitig senke das aber die Wirksamkeit von SDF [2].
Kombination von Separatoren und SDF
Die Fallserie [1] zum innovativen Ansatz der Kariesbehandlung im bleibenden Gebiss von Jugendlichen im Bereich proximaler nicht kavitierter Läsionen beschreibt die kombinierte Anwendung von kieferorthopädischen Separatoren und Applikation von 38%igem SDF als erfolgreich.
Im Rahmen der Arbeit wurden bei zwei Jugendlichen in allen Approximalbereichen mit beginnenden, anhand von Bissflügelaufnahmen diagnostizierten, proximalen Kariesläsionen kieferorthopädische Gummis für zwei Stunden platziert. Damit sollte sowohl die klinische Inspektion in diesem Bereich als auch das Auftragen des SDF mit einem Mikropinsel möglich gemacht werden. Nach Entfernen der Gummis fand sofort die klinische Untersuchung für 5-10 Sekunden wie auch das dann unverzüglich schnelle Auftragen des SDF mit einem kleinen Mikropinsel im proximalen Raum statt:
- Zunächst Lufttrocknung der betreffenden Stelle,Die einzelnen Arbeitsschritte
- dann SDF-Auftrag für ca. 30 s bis eine Minute,
- anschließend Lichthärtung für 10 s, um die SF-Aktivierung zu beschleunigen und ein tiefes Eindringen zu erreichen.
- Abschließend wurde mit Duraphat ein Fluoridlack auf die betroffene Stelle appliziert, um eine Verdünnung des aufgetragenen SDF durch den Speichel zu unterbinden und gleichzeitig den schlechten Geschmack des SDF zu überlagern.
Bei Schmelzläsionen erfolgreiche Arretierung
Bei der Überwachung der Läsionsprogression mittels klinischer und radiologischer Nachuntersuchungen mindestens ein Jahr lang nach der Behandlung zeigte sich, dass bei keiner der 25 behandelten Schmelzläsionen eine Progression stattgefunden hatte. Bei zwei der 11 behandelten Dentinläsionen wurden dagegen aufgrund einer festgestellten Progression eine Restauration erforderlich. Die Autoren führten diesen Misserfolg auf möglicherweise nicht gereinigte Mikrokavitäten aufgrund mangelnder Erreichbarkeit oder Erkennens einer entsprechenden Läsion und damit auf eine nicht vollständige SDF-Anwendung zurück. Ihr Lösungsvorschlag für solche Fälle: eine wiederholte SDF-Anwendung oder im Zuge der SDF-Applikation die gleichzeitige Anwendung von mit SDF getränktem Superfloss.
Das Greifswalder Team folgerte, dass dank geringem Kosten- und Zeitaufwand eine einmalige Anwendung von 38 % SDF direkt auf aktive Schmelzläsionen im bleibenden Gebiss von Jugendlichen wirksam zu sein scheint, wenn zuvor kieferorthopädische Separatoren eingesetzt und vorausgesetzt wurde, dass die Patienten wie in der Fallserie durchgeführt, an einem kariesrisikospezifischen Präventionsprogramm teilnehmen. Weitere Studien, auch zum Vergleich der Wirksamkeit von SDF zu Fluoridlacken, Kariesinfiltration oder selbstassemblierenden Peptiden, sollten folgen.
Nachteil der schwarzen Verfärbung reduzierbar
Um eine schwarze Verfärbung der Lippen auszuschließen oder zumindest zu reduzieren, wurden diese in der Fallserie vor der SDF-Behandlung mit Vaseline bestrichen. Intraoral können Watterollen und Speichelsauger vor Verfärbung oder Reizungen schützen. Die Autoren berichten, dass Patienten die Verfärbungen auf gesundem Schmelz zu Hause selbst durch Zähneputzen entfernen können oder aber die Praxis dies mit Polierpaste erreicht [1]. Wie bereits Timms et al. beobachteten [3], ist die Akzeptanz für Verfärbungen im Seitenzahnbereich generell höher als in der Front. Darüber hinaus profitierten die beiden Patienten der Fallserie davon, dass die Verfärbungen an den arretierten proximalen Läsionen aufgrund der engen Kontaktflächen der bleibenden Molaren nur schwerlich zu erkennen waren [1]. Behandler sollten jedoch beachten, dass sich nach SDF-Anwendung eine in der gleichen Sitzung gelegte Kompositfüllung verfärben kann.
Das Wichtigste in Kürze |
Die Wirksamkeit von Silberfluorid im Kampf gegen Karies konnte erneut bestätigt werden: Die einmalige Anwendung von 38 % Silberfluorid nach vorbereitender Zahntrennung mit kieferorthopädischen Gummis und einem begleitenden kariesrisikospezifischen Präventionsprogramm war bei der Behandlung proximaler nicht kavitierter kariöser Schmelzläsionen erfolgreich. |
- [1] Ahmed EEA, Al Nesser S, Schmoeckel J. Introducing an Innovative Approach for Managing Proximal Non-Cavitated Carious Lesions in Juvenile Permanent Dentition: Combining Orthodontic Separators and Silver Fluoride Application. Medicina (Kaunas). 2023 Oct 25;59(11):1892. doi.org/10.3390/medicina59111892.
- [2] Muntean A, Mzoughi SM, Pacurar M, Candrea S, Inchingolo AD, Inchingolo AM, Ferrante L, Dipalma G, Inchingolo F, Palermo A, Bordea IR. Silver Diamine Fluoride in Pediatric Dentistry: Effectiveness in Preventing and Arresting Dental Caries-A Systematic Review. Children (Basel). 2024 Apr 22;11(4):499. doi.org/10.3390/children11040499.
- [3] Timms L, Choi S, Marshman Z, Rodd H, Wilson AR, Tiwari T. Parental acceptability of silver diamine fluoride: The UK and US experiences. Int J Paediatr Dent. 2024 Apr 26. doi.org/10.1111/ipd.13195.
- Lesen Sie zum Thema auch ZR 07/2024, Seite 5 unter iww.de/s11589.
AUSGABE: ZR 10/2024, S. 18 · ID: 50148989