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ZRZahnmedizinReport

Halitosis„Der kombinierte Einsatz von organoleptischer und instrumenteller Messmethode ist optimal!“

Abo-Inhalt12.07.2024180 Min. Lesedauer

| Zungenbeläge, Gingivitis/Parodontitis oder eine Kombination aus beidem sind Hauptursache für die Halitosis. Deshalb lohnt es sich für Zahnarztpraxen, eine Halitosis-Sprechstunde in das Prophylaxeprogramm aufzunehmen. Davon zeigt sich Susanne Lauterbach, Coach, Unternehmerin und Mitglied des Arbeitskreises Halitosis der DGZMK und seit mehr als 20 Jahren professionell dem Leiden von Halitosis-Patienten verschrieben, im ZR-Fachgespräch mit Dr. med. dent. Ulrike Oßwald-Dame überzeugt. |

REDAKTION: Nehmen Praxen das Thema Halitosis ernst genug?

LAUTERBACH: Leider nicht, viele Praxen nehmen an, dass Halitosis nur mit Parodontitis und Gingivitis in Zusammenhang zu bringen ist. Dabei ist der Zungenbelag mit etwa 51 Prozent die häufigste orale Ursache für Halitosis. Und Halitosis bewegt die Menschen mehr als man denkt: Halitosis kommt bei etwa 50-60 Prozent der Weltbevölkerung vor und zählt zu den Top 100 der sozialen menschlichen Ärgernisse. Menschen, die von Halitosis betroffen sind, leiden darunter sehr.

REDAKTION: Warum sind Sie der Meinung, dass Praxen eine spezielle Halitosis-Sprechstunde einrichten sollten?

LAUTERBACH: Eine Halitosis-Sprechstunde ist deshalb so wichtig und sollte unbedingt in das Beratungsportfolio der Zahnarztpraxis und Prophylaxe etabliert werden, weil über 90 Prozent der Ursachen einer Halitosis im oralen Bereich liegen. Das ist der Grund, warum eine Zahnarztpraxis unbedingt der erste Ansprechpartner werden sollte! Es wäre gut, wenn sich Praxen auf diesem Gebiet weiterbilden, um eine umfangreiche Diagnostik durchführen zu können. Es ist ein Irrglaube, dass der Magen-Darm-Trakt so häufig als Hauptverursacher einer Halitosis gilt. Gastrointestinal liegt sie nur in 1 Prozent der Fälle begründet, in 7 Prozent der Fälle liegt ihre Ursache im HNO-Bereich, in 2 Prozent ist sie psychisch bedingt. Daher ist es wichtig, Synergien zu entdecken und zu bilden.

Außerdem ermöglicht eine spezielle Sprechstunde neben der Diagnostik und der Erstellung des individuellen Behandlungskonzeptes den erforderlichen sensiblen Umgang mit dem Patienten. Schließlich ist die Halitosis ein unangenehmes Thema, das den Patienten einerseits häufig bereits über viele Jahre verfolgt, andererseits er aber nicht gerne offen und direkt über sein Leiden sprechen möchte. Ein geschützter Raum für seine Sorgen und Nöte und ein Erstgespräch möglichst Face-to-Face (nicht am Behandlungsstuhl) sind deshalb empfehlenswert.

REDAKTION: Wie wird eine Halitosis-Sprechstunde wirtschaftlich – oder anders gefragt, wie kann sie entsprechend abgerechnet werden?

LAUTERBACH: Die Halitosis-Sprechstunde ist wirtschaftlich sehr interessant und gleichzeitig eine schöne, anspruchsvolle Herausforderung für das Praxisteam. Die Halitosis-Sprechstunde ist eine Privatleistung. Der Betrag, der für eine Sitzung veranschlagt werden kann, wird auch durch den Praxisstandort und das sonstige Preisgefüge bestimmt – mit durchschnittlich ca. 250 Euro für Diagnostik und eine spätere Kontrollmessung bewegt man sich in einem fairen Rahmen. Gleichzeitig können durch gute Konzepte und Diagnostik Neupatienten erreicht werden. Da oft bereits ein „langer Leidensweg“ hinter ihnen liegt, sind sie bereit, privat für die Leistung aufzukommen, wenn ihnen geholfen wird.

REDAKTION: Zur Diagnose der Halitosis empfehlen Sie spezielle Anamnesefragebögen. Welche Fragen gehören unbedingt in diesen Bogen und was wird gerne vergessen?

LAUTERBACH: Die ausführliche Anamnese ist von großer Wichtigkeit! Welche Ärzte schon konsultiert wurden, z. B. HNO, Internist, Hausarzt, Gastroenterologe, Heilpraktiker u. v. m., ist eine wichtige Frage. Dazu gehören natürlich auch Fragen zur oralen Hygiene im Detail, wie z. B., ob die Zunge dorsal gereinigt wird, zu bestehender Medikamenteneinnahme, Stress, Bad Habits, Ess- und Trinkgewohnheiten, dem Konsum von Rauschmitteln wie Alkohol, Rauchen, Cannabis usw. Eine sehr gute Adresse ist die Website von Prof. Dr. A. Filippi, bei der der Halitosis-Befundbogen der Halitosis-Sprechstunde an den Universitätskliniken für Zahnmedizin in Basel hinterlegt ist [1].

Am besten ist es, dem Patienten den Anamnesebogen bereits nach dem Erstgespräch am Telefon durch die Rezeption vorab nach Hause zu senden oder die Möglichkeit des Downloads auf der Homepage anzubieten. So kann der Halitosis-Patient den Bogen in seinem gewohnten Umfeld und mit Unterstützung seines Partners oder einer anderen Vertrauensperson ausfüllen. Damit umgeht die Praxis z. B. das Problem der Adaption des Patienten an seine Halitosis und eine damit möglicherweise verbundene falsche Einschätzung.

REDAKTION: Muss die Diagnose Halitosis immer zweifach – organoleptisch und apparativ – gesichert sein?

LAUTERBACH: Tatsächlich ist der Einsatz beider Messmethoden optimal. Auf diese Weise kann dem Patienten eine detaillierte und schlüssige Diagnose aufgezeigt werden. Und natürlich hat man so eine Möglichkeit, die Erfolge in der Therapie und damit die Veränderung der Halitosis genau zu dokumentieren. Letztlich ist das auch eine Reputation für den Behandler gegenüber seinem Patienten.

REDAKTION: Welche instrumentellen Methoden haben sich bewährt, welche nicht?

LAUTERBACH: Als Messgeräte haben sich das OralChromaTM, das Halimeter® und HaliSens® bewährt. Billigprodukte aus dem Internet sind dagegen keine Option!

REDAKTION: Ist es sinnvoll, dass Praxen ihren Patienten Zungenbürsten als Aufsatz zur Schallzahnbürste empfehlen?

LAUTERBACH: Das ist aus meiner Sicht nicht notwendig. Stattdessen ist es wichtig, den „richtigen“ Zungenreiniger für „seine Zunge“ zu finden. Das hängt auch von der Beschaffenheit der Zunge ab, ist sie also glatt oder eher grob im dorsalen Bereich, haarig u. v. m. Entsprechend dieser Situation muss die DH ihre Empfehlung aussprechen. Weiche, kleine Zungenreiniger mit sanften Rundungen stellen sicher, dass die Zunge nicht verletzt wird. Mein persönlicher Favorit ist derzeit der meridol® Zungenreiniger, auch, weil er extra flach ist.

Nicht zuletzt muss der Zungenreiniger korrekt angewendet werden. Das ist dann der Fall, wenn er dorsal, soweit es geht, angesetzt wird. Bei eventuell vorhandenem Würgereiz ist dem Patienten zu erläutern, dass bei regelmäßiger Durchführung der Maßnahme der Würgereiz häufig nachlässt. Zusätzlich kann man mit einem Stofftuch die Zungenspitze / die vordere Zunge beim Herausstrecken festhalten, bevor man den Zungenreiniger ansetzt. Auch das senkt den Würgereiz.

Quelle

AUSGABE: ZR 8/2024, S. 6 · ID: 50067951

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