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PraxisentwicklungDie Zukunft Ihrer Praxis langfristig planen: So entwickeln Sie Ihre Praxisstrategie

Abo-Inhalt25.06.2023287 Min. LesedauerVon Ralf Jentzen, Coactiv Consulting – Unternehmensberatung, Alsdorf

| Als Chefin oder Chef einer Zahnarztpraxis stehen Sie vor vielen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Bürokratie, steigende Kosten, stagnierende Vergütung und ein geändertes Patientenverhalten – um nur die Top 5 zu nennen. Wenn Sie vor dem Hintergrund dieser Fährnisse als Praxisinhaber das Schicksal Ihrer Praxis nicht von außen bestimmen lassen wollen, sollten Sie Ihre individuelle Praxisstrategie entwickeln und für Ihre eigenen Ziele und Visionen arbeiten! |

Was ist eigentlich eine Praxisstrategie?

Eine Praxisstrategie ist der Plan für die langfristige Praxisentwicklung. Sie umfasst i. d. R. einen Zeithorizont von 5 bis 10 Jahren. Sie können eine Praxisstrategie mit einer Brücke vergleichen, die die Gegenwart der Praxis mit der Zukunft verbindet. Der Unterschied zu einer realen Brücke liegt darin, dass Sie als Praxisinhaber selbst bestimmen können, zu welchem Ufer Ihre Brücke führen soll. Eine Praxisstrategie besteht im Kern aus drei Schritten:

  • 1. Formulierung einer Vision als Zielbild für die Zukunft
  • 2. Genaue Analyse der Ausgangssituation
  • 3. Maßnahmenplan und Konzepte, die zu Ihrem Zukunftsbild führen

Unterschied zwischen Strategie und Taktik

Der Begriff Strategie begegnet Ihnen auf vielfache Weise im Internet, in Fachartikeln und Büchern. Dabei wird er oft irreführend eingesetzt. Da heißt es z. B.: „5 Strategien für mehr Gewinn“ oder „7 Strategien, um Fachkräfte zu gewinnen“. Meistens ist damit jedoch die Taktik gemeint. Wenn wir in unserem Bild der Strategie als Brücke von der Gegenwart in die Zukunft bleiben, ist die Strategie der Bauplan der Brücke und die Taktiken sind die einzelnen Bausteine. Die Taktiken sind die Aktionen, Maßnahmen und Konzeptumsetzungen der Gesamtstrategie und werden üblicherweise auf der Jahresebene geplant. Bei der Strategieumsetzung geht es darum, die einzelnen Taktiken so aufeinander abzustimmen und zu planen, dass die Vision Ihrer Praxis mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann.

Strategieentwicklung erfordert Zeiteinsatz

Viele Praxisinhaber sind meist sehr stark auf allen Ebenen in das Tagesgeschäft ihrer Praxis eingebunden, also nicht ausschließlich zahnmedizinisch gefordert. Es bleibt meistens wenig Zeit für strategisches Arbeiten. Die genaue Analyse der Ausgangssituation Ihrer Praxis, der Entwurf einer Zukunftsvision, die genaue Planung von Zielen, die Entwicklung eines Maßnahmenplans und die schriftliche Ausarbeitung Ihrer Praxisstrategie erfordern jedoch Zeit. Das ist die erste große Hürde, die Sie auf dem Weg zu Ihrer Praxisstrategie nehmen müssen. Planen Sie für die Entwicklung einer Praxisstrategie mehrere Tage ein. Zusätzlich sollten Sie jede Woche 2 bis 3 Stunden Ihrer Arbeitszeit für die Planung, Steuerung und Kontrolle der taktischen Umsetzungen reservieren.

Entwerfen Sie ein Bild der Zukunft Ihrer Praxis

Ausgangspunkt einer jeden Praxisstrategie ist die Entwicklung eines Zukunftsbildes Ihrer Praxis. Beantworten Sie die folgenden Fragen unbedingt schriftlich. Wenn Sie etwas aufschreiben, haben Sie die Möglichkeit, Ihre Gedanken zu klären und das Aufgeschriebene zu bearbeiten.

Diese Leitfragen helfen Ihnen bei der Entwicklung Ihrer Zukunftsvision

  • Wo und wofür möchten Sie in Zukunft stehen?
  • Was wollen Sie dort genau tun?
  • Wann wollen Sie dort sein?
  • Welche Patientenstruktur wollen Sie dann haben?
  • Wie groß soll Ihr Unternehmen dann sein?
  • Wie viel Umsatz und Gewinn möchten Sie dann haben?
  • Wie sieht Ihr Praxisteam in Ihrer Vision aus?
  • Wie sehen Ihre Praxisräumlichkeiten in Ihrem Zukunftsbild aus?

Analysieren Sie Ihre Ausgangssituation

Für Ihr Navigationsgerät sind die Koordinaten Ihres Standorts eine wichtige Information, um die Route Ihrer Fahrt zum Ziel richtig angeben zu können. Die gleiche Funktion hat die Analyse der Ausgangssituation Ihrer Praxis für die Strategie. Ohne dass Sie wissen, wo Sie stehen, können Sie keine guten Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen, Maßnahmen, Aktionen und Konzepten zur Umsetzung Ihrer Strategie treffen. Bei der Analyse der Ausgangssituation sollten Sie daher in zwei Richtungen schauen.

Die Makroumwelt: Gesundheitspolitik, Recht, Wirtschaft

Zur Makroumwelt gehören die gesetzlichen Bestimmungen Ihrer Branche ebenso wie die gesundheitspolitischen Entscheidungen und Tendenzen der aktuellen Regierung. Aber auch soziokulturelle, technologische und gesamtwirtschaftliche Aspekte sollten Sie berücksichtigen. Beispielsweise übersehen gerade viele Praxisinhaber die Bedeutung und Entwicklung der digitalen Medien. Teilweise haben Sie keinen oder einen hoffnungslos veralteten Internetauftritt, der ihre Praxis adäquat bei Stellenbewerbern oder potenziellen Patienten repräsentiert. Beschäftigen Sie sich mit den Makroumweltfaktoren und ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse für Ihre Praxisstrategie:

  • Worauf müssen Sie achten?
  • Welche Tendenzen sind für die Zukunft zu erwarten?
  • Welche Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss auf Ihre Handlungsmöglichkeiten?
  • Woraus resultieren Chancen, woraus Risiken?

Die Mikroumwelt: Standort, Mitbewerber, Kooperationen, Ressourcen

Beim Blick auf die Mikroumwelt Ihrer Praxis stehen Ihr regionaler Standort und Ihre individuelle Unternehmenssituation im Fokus:

  • Analysieren Sie Ihre Mitbewerber. So können Sie Positionierungsmöglichkeiten entdecken und einen Unterschied zu Ihren Wettbewerbern herausarbeiten. Eine gründliche Analyse zeigt Ihnen auch, ob Sie von einzelnen Marktpartnern an Ihrem Standort abhängig sind. Das sollten Sie bei Ihrer strategischen Planung unbedingt berücksichtigen.
  • Eine Strategieumsetzung erfordert Zeit, Geld und Know-how. Analysieren Sie genau, in welchem Ausmaß Ihnen diese Ressourcen zu Beginn Ihrer strategischen Planung zur Verfügung stehen. Wovon haben Sie reichlich, wo müssen Sie zuerst Ressourcen schaffen?
  • Ermitteln Sie in Ihrer Analyse Ihrer Ausgangssituation die Stärken und Schwächen Ihrer Praxis. Ihre langfristige Strategie hat mehr Aussicht auf Erfolg, wenn Sie es schaffen, Ihre Stärken gezielt und umfangreich einzusetzen und Ihre Schwächen auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.

Brechen Sie Ihre Praxisvision auf Jahresziele hinunter

Um die Taktiken für Ihre Strategieumsetzung festzulegen, ist es sinnvoll, mit Jahreszielen zu arbeiten. Jahresziele sind die Meilensteine auf dem Weg zu Ihrer Praxisvision. Ein Jahreszielplan ermöglicht es Ihnen, Ihre Praxisressourcen gezielt einzusetzen.

So entwickeln Sie Ihren Jahreszielplan

  • Legen Sie einmal im Jahr fest, was Sie in den Bereichen Finanzen, Mitarbeiter, Patienten und Kunden, Praxisprozesse und Fortbildung/Entwicklung erreichen möchten.
  • Legen Sie Messgrößen für Ihre Ziele fest (z. B. 5 Prozent mehr Selbstzahler in den nächsten 12 Monaten, Fortbildung einer Mitarbeiterin zur Praxismanagerin – hierzu bietet das IWW eine Online-Fortbildung an unter iww.de/s4836 – und einer anderen zur Qualitätsmanagementbeauftragten).
  • Planen Sie konkret, welche Handlungen und Maßnahmen Ihnen helfen, Ihre Jahresziele zu erreichen.
  • Überprüfen Sie mindestens einmal im Monat die Entwicklung Ihrer Zielkennzahlen. So können Sie bei Abweichungen rechtzeitig Ihre Taktik anpassen.

Halten Sie Ihre Strategie durch!

Wenn Sie Ihre Strategie umsetzen, wird selten alles nach Plan laufen. Viele Hindernisse und Probleme werden Sie herausfordern. Wenn Sie Ihre Praxisvision realisieren wollen, halten Sie Ihre Strategie konsequent durch! Statt zu früh aufzugeben, ändern Sie bei Bedarf ihre Taktik. Manchmal ist es auch notwendig, Jahresziele aufgrund neuer Informationen oder Situationen zu ändern. So erreichen Sie Ihre strategischen Ziele auch unter schwierigen Rahmenbedingungen.

AUSGABE: ZP 7/2023, S. 16 · ID: 49552174

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