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BetriebswirtschaftNur eine präzise Honorarkalkulation sichert meinen Praxiserfolg

Abo-Inhalt03.05.20234064 Min. LesedauerVon StB vBP Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Köln

| Die Ermittlung des Kostenstundensatzes für die Kalkulation zahnärztlicher Leistungen sollte gerade in Zeiten wie diesen regelmäßig überprüft werden. Sie gehört in die Hand eines erfahrenen Beraters. Denn: Falsch ermittelte Kosten pro Behandlungsstunde führen zu unangemessenen Honoraren. Im schlimmsten Fall decken diese die Kosten nicht ab. Richtig ermittelt und kombiniert mit einer entsprechenden Praxissoftware sind sie aber ein hochprofessionelles und einfach zu handhabendes Steuerungsinstrument. |

Höhere Kosten und sinkender Gewinn zwingen zum Handeln!

Der niedergelassene Allgemeinzahnarzt Dr. Dent ist mit seiner Einzelpraxis in Hamburg niedergelassen. Sein Terminkalender ist voll. Bisher hat Dr. Dent seine Leistungen so abgerechnet und den Gebührenrahmen so genutzt, wie er es im Einzelfall für angemessen hielt. Doch die Zeiten haben sich geändert: Mitarbeiter fordern Gehaltserhöhungen, die Patienten schauen mehr aufs Geld, „alles“ wird teurer – ob für die Praxis oder privat – und gleichzeitig sinkt der Praxisgewinn.

Diese Umstände zwingen Dr. Dent, seine zahnärztlichen Leistungen präziser zu kalkulieren. Er muss wissen, mit welchen Leistungen er tatsächlich Geld verdient und bei welchen er zuzahlt. Nur so kann er herausfinden, ob und wie er anders abrechnen oder die Leistung verändern kann. In seiner Praxissoftware kann er sich zwar die Honorarabrechnung pro Behandlung ohne großen Aufwand anzeigen lassen, zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit müssen aber sämtliche (!) Kosten der Praxis auf die Behandlungszeit des Zahnarztes umgelegt werden. Dafür muss die für die jeweilige Behandlung aufgewendete Arbeitszeit in die Software eingeben werden. Auch die aktuellen Kosten pro Behandlungsstunde sind zu hinterlegen.

Doch wie kommt Dr. Dent an seine „echten“ Kosten pro Behandlungsstunde? Im Kollegenkreis hört Dr. Dent völlig unterschiedliche Werte. Von 150 bis 400 Euro pro Stunde ist alles dabei. Damit kann er nichts anfangen und er schaut in die letzte BWA seines Steuerberaters, um „seine“ Kosten pro Behandlungsstunde herauszufinden.

Bereinigte Praxiskosten

Demnach lagen die Praxiskosten von Dr. Dent laut Finanzbuchhaltung im Quartal IV/2022 bei 55.000 Euro. Sie enthalten aber auch die Kosten für Leistungen des Fremdlabors, sein Eigenlabor (Techniker, Labormaterial, Laborausstattung) und die PZR (ZMP, Prophylaxematerial etc.). Diese zieht er von den Praxiskosten ab und erhält die eigentlichen Kosten des zahnärztlichen Bereichs seiner Praxis im o. g. Quartal: 40.000 Euro.

Praxiskosten ohne PZR und Laborkosten in IV/22 (Dr. Dent)

Praxiskosten lt. FiBu

55.000 Euro

./. ZMP (Personalkosten)

4.000 Euro

./. Material für PZR

1.000 Euro

./. weitere Kosten PZR

1.000 Euro

./. Fremdlaborkosten

2.000 Euro

./. Zahntechniker

4.000 Euro

./. Labormaterial

2.000 Euro

./. sonstige Eigenlaborkosten

1.000 Euro

Bereinigte Praxiskosten

40.000 Euro

Behandlungsstunden pro Quartal

Die bereinigten Kosten für die Erbringung der zahnärztlichen Leistung dividiert Dr. Dent durch seine Behandlungsstunden (= „tatsächliche Behandlungszeiten“) im letzten Quartal. Die tatsächlichen Behandlungszeiten könnte Dr. Dent mithilfe der Stoppuhrfunktion unmittelbar bei jeder Behandlung exakt erfassen. Dies ist ihm aber – wie den meisten Zahnärzten – zu lästig und er greift auf seine festen Behandlungszeiten von 33 Stunden pro Arbeitswoche zurück. Da durch Urlaub, Krankheit, Feiertage und Fortbildungen Arbeitstage ausfallen, rechnet er nicht mit 52 Wochen pro Jahr, sondern mit 42. Für Dr. Dent ergeben sich somit rechnerisch 1.386 Behandlungsstunden pro Jahr bzw. 346,5 Arbeitsstunden pro Quartal. Dabei darf nicht übersehen werden, dass durch Terminausfälle und Rüstzeiten die tatsächliche Behandlungszeit unter diesem Wert liegt. Deshalb reduziert er die „tatsächlichen“ Behandlungsstunden pro Quartal auf 320 Stunden.

Berechnung der durchschnittlichen Behandlungsstunden pro Quartal

52 Wochen

./.

10 Wochen (Krankheit, Urlaub, Feiertage, Fortbildungen)

=

42 Arbeitswochen

x

33 Wochenstunden

=

1.386 Behandlungsstunden pro Jahr

:

4

=

346,5 Behandlungsstunden pro Quartal

./.

durchschnittlich 26,5 Stunden für Terminausfälle, Rüstzeiten

=

320 „tatsächliche“ Behandlungsstunden pro Quartal

Kosten pro Behandlungsstunde

An Kosten pro Behandlungsstunde ergibt sich daraus für das Quartal IV/2022 ein Betrag von 125 Euro/h (40.000 Euro : 320 Arbeitsstunden), in der folgenden Abbildung der hellblaue Balken. Die durchschnittlichen Praxiskosten pro Behandlungsstunde liegen in Westdeutschland bei ca. 153 Euro/h, was erfreulich für Dr. Dent ist, denn in seiner Praxis liegen die Kosten folglich unter dem Durchschnitt.

Kalkulatorisches Zahnarztgehalt pro Stunde

In seiner Finanzbuchhaltung fallen für die Arbeitskraft von Dr. Dent keine Betriebsausgaben an, diese sind als zahnärztlicher Unternehmerlohn anzusetzen. Dr. Dent setzt hierfür an, was er monatlich nicht für Praxiszwecke an Geld benötigt (inkl. Steuern, Krankenversicherung, privater Miete, Unterdeckung vermieteter Immobilien). In seinem Fall sind das 8.000 Euro pro Monat. Läge der Geldzufluss aus der Praxis darunter, würde ihm monatlich Geld fehlen. Dieser quartalsweise „notwendige“ Betrag ergibt pro Behandlungsstunde 75 Euro und wird in der Abbildung als dunkelblauer Balken dargestellt.

Honorar je Behandlungsstunde

Um das Gesamtbild abzurunden, ergänzt Dr. Dent das Bild noch um die zahnärztlichen Honorare pro Behandlungsstunde. Das durchschnittliche Honorar pro Behandlungsstunde betrug im Jahr 2022 275 Euro (gepunktete Linie in der folgenden Abbildung). Auch hier greift er auf die Finanzbuchhaltung zurück. Wichtig ist dabei nicht zu vergessen, dass auch hier die Praxiseinnahmen um die Laborerlöse und PZR-Honorare korrigiert werden. Ergänzt wird dies in der Abbildung um den Durchschnittswert (Benchmark) für Westdeutschland (227 Euro/h) (dunkelblaue Linie in der Mitte).

ZP_Grafik_Dr. D_Zahnärztliche Kosten und Erlöse pro Behandlungsstunde.eps (Bild: PraxisNavigation, Prof. Dr. Bischoff_IWW Institut)
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Bild: PraxisNavigation, Prof. Dr. Bischoff_IWW Institut

Welcher Stundensatz ist der richtige?

Die Praxis von Dr. Dent ist zurzeit voll ausgelastet. Falsch wäre eine Kalkulation mit den Kosten pro Behandlungsstunde (125 Euro/h) oder mit den Kosten pro Behandlungsstunde inkl. kalkulatorischem Zahnarztgehalt (200 Euro/h). Denn jede eingeschobene Behandlung, die mit weniger als 275 Euro je Behandlungsstunde (durchschnittliches Honorar pro Behandlungsstunde) abgerechnet wird, würde zu einem Gewinnrückgang führen, da sie die Einnahmen bei gleichen Kosten reduziert.

Eine besondere Herausforderung ist dabei die zu erwartende Inflation, die für das Jahr 2023 mit ca. 8 bis 9 Prozent zu Buche schlagen wird. Wenn Dr. Dent diese in seiner Kalkulation berücksichtigen möchte, wäre ein Stundensatz für das Jahr 2023 von rd. 300 Euro/h in der Praxissoftware zugrunde zu legen. Das erhöht den Stundensatz um einen Inflationsaufschlag von 25 Euro/h.

Merke | Auch bei fehlender Auslastung muss vermieden werden, die Praxiskosten und das, was der Praxisinhaber für sich mindestens pro Behandlungsstunde benötigt zu unterschreiten. Im Fall von Dr. Dent wären also 200 Euro/h die empfohlene Kalkulationsuntergrenze.

Und wenn das Geld privat nicht (mehr) reicht?

Ein Praxisinhaber, nennen wir ihn Dr. Zahn, bemerkt, dass sein Geld immer knapper wird, obwohl er Zahlungsziele immer stärker ausnutzt, Factoring einsetzt, spart – auch im Privaten – und die Praxis ordentliche Gewinne macht. Dr. Zahn lässt seinen Privatbereich von seinem Steuerberater verbuchen. Deshalb weiß er nicht nur, wohin sein Geld jeden Monat fließt, sondern auch wie viel Geld er im Monat benötigt. Kalkuliert er weiter mit dem bisher erwirtschafteten Honorar (inkl. Inflationsaufschlag), nimmt seine Geldnot Monat für Monat zu. Hier wäre an eine Kalkulation auf Grundlage der Praxiskosten (hellblauer Balken) und dem, was Dr. Zahn braucht (dunkelblauer Balken), zielführend – insgesamt rund 340 Euro/h. Ob eine Kalkulation mit einem solchen Stundensatz noch von den Patienten akzeptiert wird, ist allerdings eine Frage, die separat und mit entsprechendem Fingerspitzengefühl anzugehen ist.

ZP_Grafik_Dr. Z._ Zahnärztliche Kosten und Erlöse pro Behandsstunde.eps (Bild: PraxisNavigation, Prof. Dr. Bischoff_IWW Institut)
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Bild: PraxisNavigation, Prof. Dr. Bischoff_IWW Institut

AUSGABE: ZP 5/2023, S. 8 · ID: 49266432

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