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InvestitionsabzugsbetragSteuererklärung fast fertig, aber Gewinn zu hoch?
| Sie haben Ihre Steuererklärung komplett, die Höhe des zu versteuernden Gewinns erscheint Ihnen aber noch zu hoch? Sofern Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten und Investitionen planen, gibt es einen Ausweg: Wollen Sie Ihre Einkommensteuerlast für das Jahr 2021 oder 2022 noch kurzfristig senken, ist dies häufig über die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags in der Gewinnermittlung erreichbar. Hierdurch kann ein Teil der voraussichtlichen (!) Anschaffungskosten bereits vor der tatsächlichen Investition als Betriebsausgabe abgezogen werden, um so die Steuerlast zu vermindern. |
Hintergrund
Investitionsabzugsbeträge können ohne weitere Angaben entweder im Rahmen der Steuererklärung oder, bei Vorliegen der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, auch noch nach der erstmaligen Steuerfestsetzung bzw. gesonderten Feststellung, z. B. im Einspruchsverfahren oder durch einen Änderungsantrag, geltend gemacht werden. Aber Vorsicht: Manchmal erkauft man sich die Steuerminderung bei der Bildung des Investitionsabzugsbetrags mit wesentlich höheren steuerlichen Belastungen in den Folgejahren. Es kommt auf das zu versteuernde Einkommen im Jahr der Bildung und in den Folgejahren an.
Normalerweise: Abzug der Jahres-Afa
Grundsätzlich wirkt sich die Anschaffung eines betrieblichen Investitionsguts nur über die sogenannte Absetzung für Abnutzung (kurz: Afa) als Betriebsausgabe aus. Stark vereinfacht bedeutet Afa, dass Sie teure Anschaffungskosten über einen längeren Zeitraum, die sogenannte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, hinweg von der Steuer absetzen. Im Jahr der Anschaffung des Wirtschaftsguts vermindert sich der Afa-Betrag um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung vorangeht.
Beispiel |
Dr. Z bestellt am 05.01.2023 eine neue Behandlungseinheit, diese wird am 23.03.2023 geliefert. Die Rechnung über 50.000 Euro wird am 30.03.2023 bezahlt. Die Anschaffungskosten werden über die Nutzungsdauer von 10 Jahren abgeschrieben, die Afa beträgt demnach 5.000 Euro jährlich. Da die Behandlungseinheit aber erst im März geliefert wurde, können für das Jahr 2023 zeitanteilig nur 10/12 der Jahres-Afa = 4.167 Euro als Betriebsausgabe abgesetzt werden. |
Vorwegabzug durch einen Investitionsabzugsbetrag
Haben Sie die Einkommensteuererklärung 2021 oder 2022 noch nicht beim Finanzamt eingereicht, können Sie 50 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten des Investitionsgutes, im Beispielsfall also 25.000 Euro für die Behandlungseinheit, als Betriebsausgabe absetzen – ohne einen Euro ausgegeben zu haben. Im Falle der Anwendung des Spitzensteuersatzes von 42 % vermindert sich im Beispiel Ihre Steuerlast damit um 10.500 Euro.
Voraussetzungen
Erste Voraussetzung ist, dass Ihre Praxis die Gewinngrenze von 200.000 Euro in dem Wirtschaftsjahr, in dem der Abzug vorgenommen werden soll, nicht überschreitet. Bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) sind der gemeinschaftliche Gewinn, inklusive der Gewinne aus Ergänzungsrechnungen der Mitunternehmer, und die Sonderbetriebsgewinne zusammenzurechnen. Ein Zahnarzt mit mehreren Betrieben kann den Höchstbetrag grundsätzlich für jeden Betrieb in Anspruch nehmen.
Beispiel |
Dr. Z betreibt neben seiner Einzelpraxis (Gewinn 190.000 Euro) an einem anderen Standort gemeinsam mit einer Kollegin eine BAG (Gewinn 240.000 Euro). Er kann in seiner Einzelpraxis von Investitionsabzugsbeträgen profitieren, der Gewinn aus der BAG überschreitet hingegen die Gewinngrenze von 200.000 Euro. Läge der Gewinn der BAG ebenfalls unterhalb der Gewinngrenze, könnten in beiden Praxen Investitionsabzugsbeträge – und zwar jeweils bis zur Höchstgrenze – gebildet werden. |
Ein Investitionsabzugsbetrag kann für die beabsichtigte Anschaffung oder Herstellung (nicht jedoch für einen unentgeltlichen Erwerb oder die Einlage) eines neuen oder gebrauchten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens gebildet werden. Darunter fallen körperliche Gegenstände wie z. B. Betriebsvorrichtungen (Praxisgeräte) oder auch geringwertige Wirtschaftsgüter. Nicht dazu gehören Immobilien, Verbrauchsmaterial, Finanzanlagen oder immaterielle Wirtschaftsgüter (mit Ausnahme von sog. Trivialprogrammen). Auch lediglich zur Vermietung bestimmte Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens sind begünstigt.
Merke | Die Pflicht zur Benennung der Funktion des begünstigten Wirtschaftsguts wurde gestrichen, auch eine konkrete Investitionsabsicht ist grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Damit ergibt sich ein flexibles Wahlrecht, ob und für welche begünstigten Investitionen der Investitionsabzugsbetrag später hinzugerechnet werden soll. |
Das Investitionsgut muss mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder – in der inländischen Praxis – fast ausschließlich (mindestens 90 %) betrieblich genutzt werden (Verbleibens- und Nutzungszeitraum). Bei Anschaffungen zur Praxisausstattung wie einer Behandlungseinheit oder einem Röntgengerät dürften insoweit kaum Zweifel aufkommen.
Merke | Wird das begünstigte Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind der gewinnmindernde Investitionsabzugsbetrag im Jahr der Bildung sowie sämtliche Folgewirkungen ebenfalls rückgängig zu machen. Eine in diesem Sinne schädliche Verwendung liegt insbesondere dann vor, wenn das betreffende Wirtschaftsgut aus dem Betrieb ausscheidet, dort nicht mehr zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird oder der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird. |
Natürlich können Investitionsabzugsbeträge nicht in beliebiger Höhe abgezogen werden. Die Summe aller aktiven, gebildeten und noch nicht aufgelösten oder hinzugerechneten Investitionsabzugsbeträge der Praxis darf 200.000 Euro (Höchstgrenze) nicht überschreiten.
Ab Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags beginnt ein Zeitfenster von grundsätzlich drei Jahren, in denen die geplante Anschaffung verwirklicht werden muss. Wollen Sie also im Jahr 2021 einen Investitionsabzugsbetrag abziehen, haben Sie Zeit bis Ende des Jahres 2024, um tatsächlich eine Investition zu tätigen.
Folgen bei unterbliebener Hinzurechnung |
Werden bis zum Ende des dreijährigen Investitionszeitraums keine (ausreichenden) begünstigten Investitionen getätigt, sind die noch vorhandenen Investitionsabzugsbeträge bei der Steuerfestsetzung rückgängig zu machen, bei der der Abzug vorgenommen wurde. Beispiel: Dr. Z erzielt in seiner Einzelpraxis jährlich einen Gewinn von rund 180.000 Euro. Im Jahr 2021 nimmt er einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 75.000 Euro in Anspruch. In den Folgejahren unterlässt er jedoch die geplante Anschaffung der neuen Behandlungseinheiten. Folge: Spätestens im Jahr 2025 ist dem Finanzamt die unterlassene Investition mitzuteilen. Die Steuerfestsetzung 2021 wird rückwirkend geändert und die Einkommensteuer bei Dr. Z nachgefordert (31.500 Euro). Zudem kann sich aus der Berichtigung der früheren Steuerfestsetzung eine Verzinsung ergeben. Aber: Eine freiwillige vorzeitige Rückgängigmachung von Abzugsbeträgen ist möglich, auch zur Vermeidung einer Verzinsung. |
Die steuerlichen Auswirkungen des Vorwegsabzugs
Sind die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag erfüllt, kann insgesamt ein Betrag von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd wie eine Betriebsausgabe abgezogen werden – dies entspricht einem Investitionsvolumen von immerhin 400.000 Euro. Investitionsabzugsbeträge können selbst dann beansprucht werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. Auch Sonderabschreibungen sind zusätzlich möglich.
Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags kann insbesondere bei einem deutlich niedrigeren Gewinn der Folgejahre sinnvoll sein. Bei einem gleichbleibenden Steuersatz ergibt sich bei richtiger Kalkulation ein unverzinsliches Darlehen der Finanzverwaltung. Je nach Höhe der Einkünfte und des Steuersatzes kann der Steuerstundungseffekt allerdings durch höhere Steuersätze in den Folgejahren neutralisiert oder sogar überkompensiert werden. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit der freiwilligen rückwirkenden Auflösung des Investitionsabzugsbetrags.
All dies sollten Sie jedoch von Ihrem Steuerberater vor Inanspruchnahme konkret für Ihren Fall berechnen lassen. Denn ob Investitionsabzugsbetrag und/oder Sonderabschreibungen steuerlich sinnvoll sind, muss – wie in jedem Fall – konkret berechnet werden!
AUSGABE: ZP 3/2023, S. 6 · ID: 49040901