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BetriebswirtschaftPraxismarketing? Na, logisch! Aber was bringt’s?
| Marketing und die darin betriebswirtschaftlich subsumierte „Werbung“ sind für den Erfolg eines Unternehmens unerlässlich. Musste vor Jahren noch begründet werden, warum überhaupt Budget für das Praxismarketing eingeräumt werden soll, stellt sich bei der Medienvielfalt heute häufig eher die Frage: Wo, d. h. in welche Kanäle, sollte eine Praxis das Marketingbudget investieren? Das bringt einen direkt zum sogenannten Return on Investment (ROI) und die Frage: Was bringt welche Maßnahme oder welche Kommunikationskanäle sollte ich nutzen, die mir als Praxis den größten Nutzen stiften? |
Die Zahnarztpraxis als Marke
Zahnärztinnen und Zahnärzte stehen aus den unterschiedlichsten Gründen vor der Herausforderung, die eigene Praxis von anderen Praxen im regionalen Wettbewerbsumfeld abzugrenzen, also eine eigene Marke darzustellen. Im Kern ist die Marke für den Patienten eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe bei komplexen zahnmedizinischen Dienstleistungen. Eine eigene Praxismarkenkommunikation aufzubauen und nachhaltig zu fahren, gewinnt aufgrund der demografischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und medialen Entwicklung kontinuierlich an Wichtigkeit:
- Beim Neupatienten, um auf die eigene Praxis aufmerksam zu machen und sich als professioneller Anbieter zu positionieren (Auswahlentscheidung).Die Marke als Orientierungs- und Entscheidungshilfe
- Beim Bestandspatienten, um rund um das Behandlungsspektrum über konkrete Leistungen ausführlich zu informieren und ggf. auch die Vorteile bestimmter Alternativen herauszustellen und den „Wert“ damit deutlich zu machen (Therapieentscheidung). Dabei ist Information nicht nur werblich, sondern im Sinne eines besseren Verständnisses der jeweiligen Therapie auch unter dem Punkt „bessere Compliance“ herauszustellen.
Die wichtigsten Gründe, warum Sie sich als Marke von der Konkurrenz abheben sollten, werden im Folgenden noch einmal kurz angerissen:
- Der Wettbewerb im (zahn-)ärztlichen Umverteilungsmarkt steigt: Da, wo Wettbewerb, auch vom Gesetzgeber, bewusst forciert wird, entsteht immer die Notwendigkeit, sich von anderen Anbietern abzugrenzen. Manche, z. B. ländliche Praxisstandorte spüren dies ggf. noch weniger als Praxen in mittelgroßen oder großen Städten, aber auch hier gab und gibt es Wettbewerb um bestimmte, attraktive Patientengruppen.Wo Wettbewerb herrscht, hilft die Marke dabei, sich zu profilieren
- Das Werberecht für (Zahn-)Arztpraxen wurde und wird immer stärker gelockert, dadurch sind immer mehr Marketingmaßnahmen erlaubt. Es entsteht seit Jahren ein medizinischer (Werbe-)Markt mit allen damit verbundenen Herausforderungen und allen dafür notwendigen Anstrengungen.
- Die mediale Dynamik ist rasant: Medien, die es früher zur Information, Kommunikation und Bewertung nicht gab, sind heute Alltag. Damit steigt die Anspruchshaltung der Patienten, die bestimmte Informationsangebote und (Soziale) Medien aus anderen Branchen kennen und auch an einen gewissen medialen „Komfort“ in puncto Funktion, Inhalt und Design gewöhnt sind. Dieser wird immer stärker auch von Gesundheitsanbietern eingefordert, schließlich geht es auch hier um hochwertige Leistungen mit den damit verbundenen Kosten für den Patienten.
- Patienten stellen immer mehr Fragen und werden selbstbewusster. Zum einen, weil das Internet neue Möglichkeiten zur schnellen Information bietet. Zum anderen, weil immer mehr private Zuzahlungen erforderlich werden. Geht es um dringliche (medizinische) Eingriffe und/oder muss der Patient selbst Geld in die Hand nehmen, werden Fragen gestellt (wie in jedem anderen Markt, in dem es um komplexe, oftmals vermeintlich teure und schwer verständliche Produkte und Dienstleistungen geht, im Übrigen auch). Hinzu kommt, dass der Patient im Falle von medizinischen Leistungen immer selbst körperlich (oder die eigenen Kinder, was einem genauso nahegeht) betroffen ist. Auch ist oft parallel Angst, mindestens aber Respekt vor den Eingriffen im Spiel. Diese beiden Faktoren treiben das Nachfragen und Recherchieren, kurzum den Bedarf nach Informationen, zusätzlich an.Eigene Verletzlichkeit und Ängste stärken den Informationsbedarf
Was ist in der Praxismarkenkommunikation wichtig?
Ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass es ohne Praxismarkenkommunikation nicht geht, stellt sich die Frage: Wo engagiere ich mich vorrangig? Wo ist ein Euro, den ich ausgebe, am besten investiert? Folgende Kanäle sind in nahezu jeder Praxis unverzichtbar.
Vor allem mit Blick auf die Sozialen Medien muss im Einzelfall genauer hingeschaut werden, wo sich ein Engagement lohnen kann. Abhängig von Standort, Zielgruppen und Praxissituation können andere Medien und Kanäle wichtig sein, z. B. die Praxishomepage, die Pflege und der Einsatz von Bewertungsportalen, die Analyse relevanter Schlagwörter und ggf. auch die zusätzliche Werbung über Google Ads sowie die klassische Weiterempfehlung.
Praxistipp | Zu den Möglichkeiten des Praxismarketings wurde in einer Vielzahl von Beiträgen in ZP bereits berichtet. Sie finden die Informationen am einfachsten über die Volltextsuche auf iww.de/zp. Abonnenten haben nach Registrierung vollen Zugriff auf das gesamte Beitragsarchiv! |
Wann lohnt sich die richtige Praxismarkenkommunikation?
Wer betriebswirtschaftlich denkt, wird wissen wollen, was jeder Euro, der in Marketing investiert wurde, am Ende des Tages an (Mehr-)Umsatz bringt. Haben Sie eine Vorstellung, was ein Neupatient wert sein kann? Versuchen wir einmal, den möglichst realistischen „Gegenwert“ eines Patienten zu ermitteln. Hierzu dienen einige ausgewählte Behandlungstätigkeiten mit dem daraus durchschnittlich zu erwartenden Umsatz als Grundlage. Natürlich hat jede Praxis individuelle Schwerpunkte sowie Honorare. Die nachfolgende Übersicht dient deswegen lediglich zur Visualisierung des Rechenwegs. Jeder mag dies dann auf seine eigene Situation zuschneiden.
Behandlungsart | durchschnittl. Honorar | Inanspruchnahme pro Jahr / pro Patient | pro Jahr / alle x-Jahre | potenzieller Umsatz pro Patient* |
Kassenpatient | ||||
PZR, ausgeführt durch Fachkraft | 90 Euro | 1,5 | 25 | 3.375 Euro |
Füllung zweiflächig (BEMA-Leistung zzgl. Zuzahlung) | 150 Euro | 3 | 1.250 Euro | |
Krone (inkl. Festzuschuss, nur Honorar) | 395 Euro | 5 | 1.975 Euro | |
Umsatzpotenzial gesamt | 6.600 Euro | |||
Privatpatient | ||||
PZR, ausgeführt durch Fachkraft | 150 Euro | 1,5 | 25 | 5.625 Euro |
Füllung zweiflächig, Honorar, 2,3-facher Satz GOZ | 150 Euro | 3 | 1.250 Euro | |
Krone, nur Honorar, 2,3-facher Satz GOZ | 520 Euro | 5 | 2.600 Euro | |
Umsatzpotenzial gesamt | 9.475 Euro |
Es wird klar, was es bedeutet, einen Neupatienten gewonnen zu haben. Auf dem Weg dorthin muss nun jeder selbst entscheiden, wie viel er für diesen potenziellen Umsatz an „Akquisitionskosten“ investieren möchte. Unterstellen wir einmal, dass die Gewinnung von durchschnittlich „nur“ 15 Neupatienten pro Monat (180 pro Jahr) realistisch ist, ergibt sich folgendes Umsatzpotenzial:
Umsatzpotenzial Kassenpatient | 6.600 Euro |
Anzahl Neupatienten pro Jahr | 150 |
Gesamtumsatzpotenzial in 25 Jahren | 990.000 Euro |
pro Jahr | 39.600 Euro |
Umsatzpotenzial Privatpatient | 9.475 Euro |
Anzahl Neupatienten pro Jahr | 30 |
Gesamtumsatzpotenzial in 25 Jahren | 284.250 Euro |
pro Jahr | 11.370 Euro |
Gesamtumsatz pro Jahr | 50.970 Euro |
Marketingkosten pro Patient, pro Monat (z. B. für Homepage, Google-Werbung, Flyer, sonstiges) | 50 Euro |
Kosten pro Jahr bei 15 Neupatienten pro Monat | 9.000 Euro |
bereinigter Umsatz nach Marketingkosten | 41.940 Euro |
Gelingt es also, über einen längeren Zeitraum jedes Jahr 15 Neupatienten pro Monat zu gewinnen, stellt dieser Umsatz recht schnell einen signifikanten Anteil am Gesamtumsatz dar.
Empfehlung, Bewertungen und Homepage hängen zusammen!
Aus praktischer Erfahrung lassen sich diese Umsatzchancen deutlich leichter unter Einbindung der neuen Medien nutzen. So gehört eine professionelle Homepage mit regelmäßig aktualisierten Beiträgen, Bildern und Events genauso dazu, wie Social-Media-Aktivitäten (Facebook, Instagram, TikTok usw.) Ob Letztere zusätzlich miteingebracht werden, ist sowohl von der persönlichen Affinität zu diesen Medien als auch von der anzusprechenden Zielgruppe (z. B. junge Patienten oder potenzielles Personal) abhängig.
Denn wenn ein wechselbereiter Patient im privaten Umfeld fragt, wird er meist mehr als nur eine Empfehlung erhalten, da oft mehr als nur eine Vertrauensperson gefragt wird. Die Praxishomepage / der Social-Media-Auftritt ist dann der (!) Entscheidungspunkt für oder wider eine Zahnarztpraxis. Der Patient macht seine Entscheidung davon abhängig, wie professionell und sympathisch die Praxis online auf ihn wirkt. Wie auch sonst sollte er sich zwischen zwei bis drei sehr positiven Empfehlungen von den Freunden etc. entscheiden? Ziel muss es daher sein, die durch die Empfehlung erzeugte Erwartungshaltung des Neupatienten durch die Internetseite zu bestätigen.
Hat der Patient dann den Weg in die Praxis gefunden, hilft die Praxishomepage außerdem unterstützend für Bestandspatienten, mit relevanten Beratungsinhalten, 3-D-Animationen usw. Und damit werden dann wieder Weiterempfehlungen durch Bestandspatienten forciert, die wiederum Einfluss auf den Neupatientenzustrom haben. Empfehlungen Ihrer zufriedenen Patienten und eine professionelle Praxishomepage hängen bei der Auswahl für eine neue Praxis bzw. einen neuen Behandler insofern direkt zusammen!
Merke | Fragen Sie stets direkt beim ersten Besuch, wie der Neupatient auf die Praxis aufmerksam wurde. Hier sollten Mehrfachnennungen und genaue Angaben zu einzelnen Medien möglich sein. Denn je konkreter die Abfrage, desto klarer wird die Quelle und umso eindeutiger ist die Erkenntnis, wo das Marketingbudget am besten eingesetzt ist. Ansonsten wächst die falsche Erkenntnis, dass ein Großteil der Patienten nur über Empfehlungen kommt und das Budget wird falsch verteilt. |
Zusammenfassung und Ausblick
So wie die Digitalisierung die Prozesse in Labor und Praxis rasant verändert, wird auch die Patientengewinnung und -beratung immer digitaler. Das Smartphone ist zu einem dauerhaften Begleiter der Menschen geworden. Diese Digitalisierungsschübe bergen für entsprechend auf- und eingestellte Praxen, bei allen bekannten und verständlichen Herausforderungen, aus Sicht der Autoren ein großes Potenzial.
Der Dentalmarkt muss sich auf einen neuen Patiententypus samt seinem Recherche- und Medienverhalten einstellen. Im Marketingmix der Zahnarztpraxis kommt der digital aufbereiteten externen Praxismarkenkommunikation (Praxishomepage, Bewertungsportale, Soziale Medien) und einer in der Praxis digital gestützten internen Praxismarkenkommunikation längst eine Schlüsselrolle zu.
Praxismarketing hat einen Wert und wird gleichsam immer digitaler. Richtig eingesetzt und professionell aufbereitet, kann ein hoher ROI erzielt werden. Dabei kommt es nicht auf die Höhe des Marketingbudgets, sondern den richtigen Einsatz der Mittel an. Die Praxishomepage ist im Marketingmix der (Zahn-)Arztpraxis der Dreh- und Angelpunkt für alle anderen Medien – auch in Verlängerung der klassischen Empfehlung. Daher sollte eine Betrachtung der eingesetzten Medien immer ganzheitlich und nicht singulär erfolgen, was auch für das Controlling, woher der Neupatient kam, angewendet werden sollte, um zu den richtigen Erkenntnissen für den bestmöglichen Einsatz des Marketingbudgets zu kommen.
- Positionierung der Praxis (Teil 1): Passen Ihre Praxisräumlichkeiten zu Ihrer Klientel? (ZP 12/2020, Seite 6)
- (Teil 2): Sprechen Sie „mit einer Stimme“ zum Patienten! (ZP 05/2021, Seite 4)
- (Teil 3): Checklisten zur externen Praxiskommunikation (ZP 06/2021, Seite 6)
- (Teil 4): Die „Patient Journey“ – quo vadis, dentales Praxismarketing? (ZP 08/2021, Seite 16)
- Interne und externe Praxiskommunikation und die „Momente der Wahrheit“ für den Patienten (ZP 09/2019, Seite 8)
- Die „Momente der Wahrheit“ – die Details bei der Patientenkommunikation (ZP 10/2019, Seite 15)
- Soziale Medien: Auch Zahnarztpraxen können Fans generieren! iww.de/zp > Abruf-Nr. 46329544
- Die Internetseite der Praxis aus dem Blickwinkel von Neu- und Bestandspatienten (ZP 05/2016, Seite 1)
AUSGABE: ZP 3/2023, S. 13 · ID: 48629093