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BetriebsausgabenArbeitszimmer und Betriebsräume: Steuerfallen kennen – und clever umgehen
| Gerade zu Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit erfüllen viele Vermittler ihre Aufgaben von zuhause aus. Externe Räumlichkeiten sind schließlich kostspielig. Doch lassen sich die auf die privaten Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen dann als Betriebsausgabe absetzen? Und gibt es klassische „Steuerfallen“, die dabei zu beachten sind? Die letzte Frage beantwortet der abschließende Teil 3 der VVP-Serie zu Arbeitszimmer und Betriebsräumen – inkl. dreier geschickter Umgehungsstrategien. |
Steuerfalle 1: Aufzeichnungspflichten nicht beachten
Stellt das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt Ihrer betrieblichen oder beruflichen Betätigung dar, haben Sie die Wahl. Sie können
- entweder die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden tatsächlichen Aufwendungen absetzen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG) oder
- eine personengebundene Jahrespauschale von 1.260 Euro ohne weitere Nachweise geltend machen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 3 und 4 EStG).
Entscheiden Sie sich für den Abzug der tatsächlichen Aufwendungen, müssen Sie § 4 Abs. 7 EStG beachten. Demnach ist der Abzug nur zulässig, wenn Sie die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen aufzeichnen, und zwar
- zeitnah,
- einzeln und
- getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben.
Wichtig | Erfüllen Sie die drei Voraussetzungen nicht, sind die Aufwendungen insgesamt nicht abzugsfähig (BFH, Beschluss vom 27.03.2007, Az. I B 125/06, Abruf-Nr. 243439).
Praxistipp | Glück im Unglück: Scheidet der Abzug der tatsächlichen Kosten aus, weil Sie die Aufzeichnungspflichten (teilweise) nicht erfüllen, können Sie immerhin noch die Jahrespauschale von 1.260 Euro abziehen. Bei der Jahrespauschale spielen die Aufzeichnungspflichten nämlich keine Rolle. |
Das bedeuten die Aufzeichnungspflichten konkret
Sie müssen also alle im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehenden Einzelpositionen fortlaufend und zeitnah innerhalb der Buchführung auf einem besonderen Konto als Betriebsausgabe erfassen. Das gilt auch für laufende Kosten wie Darlehenszinsen, Miet- und Energiekosten.
Zeitnah erfolgt die Aufzeichnung, wenn die Verbuchung auf gesonderten Konten innerhalb einer Frist von zehn Tagen, ausnahmsweise innerhalb eines Monats, erfolgt. Eine gesonderte Aufzeichnung erst nach Ablauf des Geschäftsjahres genügt dem BFH nicht (BFH, Urteil vom 11.03.1988, Az. III R 62/87).
Das bedeutet aber auch: Erfassen Sie die Aufwendungen für das Arbeitszimmer erst nachträglich in der Buchführung, z. B. weil Sie die gesamten Aufwendungen für das Arbeitszimmer erst im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses ermittelt und sodann eingebucht haben, verstoßen Sie bereits gegen die Pflicht. Folglich sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht mehr abzugsfähig.
Beispiel |
Für ein Einfamilienhaus (150 m²) werden im Januar 2024 die Abschläge für Strom (75 Euro) und Gas (120 Euro) abgebucht. In dem Haus befindet sich auch das voll abzugsfähige häusliche Arbeitszimmer (15 m²) des Versicherungsvermittlers V. Abzug der Jahrespauschale bleibt immer möglich Lösung: V muss in seiner Buchführung zeitnah, sprich innerhalb eines Monats, auf dem gesonderten Konto „Arbeitszimmer“ folgende Aufwendungen verbuchen: Stromkosten von 7,50 Euro (75 Euro : 150 m² x 15 m²) und Gaskosten von zwölf Euro (120 Euro : 150 m² x 15 m²). Stellt V die Aufwendungen erst nach Ablauf des Jahres zusammen und bucht sie erst dann ein, sind sie nicht abzugsfähig (§ 4 Abs. 7 EStG). V kann in dem Fall maximal die Jahrespauschale von 1.260 Euro geltend machen. |
Wichtig | Die Aufzeichnungspflicht gilt unabhängig davon, ob Sie Ihren Gewinn per Bilanz oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln (BFH, Urteil vom 22.11.1988, Az. III R 171/82 und Urteil vom 26.10.1988, Az. X R 25/87).
... und (noch) für „4/3-Rechner“ Praxistipp | Für Einnahmen-Überschuss-Rechner könnte die Aufzeichnungspflicht künftig wegfallen. Beim BFH ist zu der Frage nämlich eine Revision anhängig. Sie trägt das Az. VIII R 6/24. |
Finanzverwaltung erlaubt praxisgerechte Vereinfachungsregelungen
Alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehen, einzeln und zeitnah aufzuzeichnen, ist zeit- und arbeitsintensiv. Fallen z. B. Finanzierungsaufwendungen an, müssen Sie nämlich bei jeder Darlehensrate bedenken, dass der enthaltene Zinsanteil durch die bereits vorangegangenen Tilgungen gesunken ist. Deshalb gestattet die Finanzverwaltung praxisgerechte Vereinfachungen (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925):
Beispiel |
So gehen unter-
jährige Schätzung ... In einem Einfamilienhaus befindet sich ein häusliches Arbeitszimmer (Anteil zehn Prozent). Für die Immobilie läuft ein Darlehen mit einer monatlichen Rate von 1.000 Euro. Die Restschuld beträgt zum 01.01.2024 noch 200.000 Euro; der Zinssatz liegt bei 2,5 Prozent. Am Anfang des Jahres 2025 geht aus der Jahresabrechnung hervor, dass für 2024 insgesamt 4.919,23 Euro Zinsen angefallen sind. ... und Korrektur am Jahresende konkret Lösung: Anstelle im Jahr 2024 Monat für Monat die tatsächlich in der Darlehensrate enthaltenen Zinsen mit dem auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil von zehn Prozent als Betriebsausgabe auf dem Konto „Arbeitszimmer“ zu erfassen, kann der Zinsanteil geschätzt werden, z. B. mit monatlich 41,67 Euro (Grundlage: 200.000 Euro Restdarlehen x 2,5 Prozent Zinssatz : 12 Monate x 10 Prozent Anteil Arbeitszimmer). Binnen des Jahres 2024 werden auf dieser Basis 500,04 Euro als Betriebsausgabe erfasst. Da sich aus der Jahresabrechnung hingegen Zinsen von anteilig 491,92 Euro ergeben (4.919,23 Euro x 10 Prozent Anteil Arbeitszimmer), ist der gebuchte Zinsaufwand um die Differenz von 8,12 Euro zu korrigieren. |
- 1. Finanzierungsaufwendungen: Die anteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Finanzierungsaufwendungen dürfen Sie unterjährig im Wege der Schätzung ermitteln, wenn Sie diese nach Ablauf des Jahres anhand der Jahresabrechnung des Kreditinstituts korrigieren.Unterjährig ist Schätzung von Zinsen ...
- 2. Verbrauchsabhängige Aufwendungen: Auch verbrauchsabhängige Aufwendungen wie z. B. Wasser oder Energie dürfen Sie unterjährig schätzen, wenn Sie diese nach Ablauf des Jahres durch Aufzeichnung der Jahresabrechnung korrigieren.... und Verbrauchskosten erlaubt
- 3. Abschreibungen: Es ist ausreichend, wenn sie die Aufwendungen für Abschreibungen (z. B. die Gebäude-AfA) einmal jährlich – allerdings zeitnah nach Ablauf des Jahres – aufzeichnen.
Steuerfalle 2: Räume werden ungewollt Betriebsvermögen
Sowohl bei betrieblich genutzten Räumen als auch beim häuslichen Arbeitszimmer handelt es sich aufgrund der betrieblichen Nutzung um notwendiges Betriebsvermögen (R 4.2 Abs. 7 EStR). Die positive Folge dessen: Die Gebäude- abschreibung richtet sich nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG – und fällt folglich mit drei Prozent pro Jahr höher aus als die Abschreibung von Privatvermögen. Letztere beträgt nämlich meist nur zwei Prozent.
Die Zuordnung zum Betriebsvermögen hat jedoch auch einen gewaltigen Haken. Und zwar dann, wenn Sie Ihre betriebliche Tätigkeit beenden und die Betriebsräume in Ihr Privatvermögen überführen oder Sie das gesamte Objekt veräußern. Denn
Beispiel |
So errechnet sich der Gewinn infolge der Veräußerung Versicherungsvermittler T hat ein Einfamilienhaus erworben. Anschaffungskosten für das Gebäude: 300.000 Euro. 15 Prozent des Gebäudes nutzt T als Betriebsräume für seinen Vermittlerbetrieb. Nach 20 Jahren veräußert T das Objekt; für das Gebäude erzielt er 500.000 Euro. Lösung: Von dem Gebäude sind 15 Prozent als Betriebsvermögen zu behandeln. Die Aktivierung erfolgt mit 45.000 Euro (300.000 Euro x 15 Prozent). Dadurch kann T in 20 Jahren insgesamt 27.000 Euro (45.000 Euro x 3 Prozent x 20 Jahre) als Betriebsausgabe abschreiben. Der noch nicht abgeschriebene Restbuchwert be-trägt dann 18.000 Euro (45.000 Euro ./. 27.000 Euro). Dieser – zwischenzeitliche – |
Steuervorteil kehrt sich durch die Veräußerung um. Von dem Veräußerungserlös entfallen nämlich 15 Prozent, sprich 75.000 Euro (500.000 Euro x 15 Prozent), auf das Betriebsvermögen. Weil der noch nicht abgeschriebene Restbuchwert gegenzurechnen ist, muss T infolge der Veräußerung einen Gewinn in Höhe von 57.000 Euro (75.000 Euro ./. 18.000 Euro) versteuern. |
- bei der Veräußerung des privaten Gebäudeteils ist der darauf entfallende Gewinn nicht steuerbar, weil das Objekt insoweit ausschließlich privaten Wohnzwecken i. S. v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG diente;
- bei der Veräußerung des betrieblichen Gebäudeteils liegt eine Veräußerung von Betriebsvermögen vor. Der Gewinn unterliegt der Einkommensteuer im Rahmen der Gewinneinkünfte und errechnet sich durch Abzug der anteiligen Veräußerungskosten und dem noch nicht abgeschriebenen Restbuchwert von dem anteiligen Veräußerungspreis.
Diese Steuerfalle lässt sich mithilfe von drei Strategien vermeiden:
Umgehungsstrategie 1: Von der Bagatellklausel Gebrauch machen
Im besten Fall stellen Ihre Arbeitsräume erst gar kein Betriebsvermögen dar. Das gelingt über § 8 EStDV. Demnach sind eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen zu behandeln, wenn ihr Wert
- nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des Grundstücks und
- nicht mehr als 20.500 Euro
beträgt. Halten Sie diese Grenzen ein, können Sie Ihre Arbeitsräume auch als steuerlich begünstigtes Privatvermögen behandeln (R 4.2 Abs. 8 EStR). Bei einem Verkauf nimmt das Finanzamt dann nur eine Besteuerung vor, wenn ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegt, sprich der Verkauf innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb erfolgt und zuvor keine Privatnutzung vorlag. Deshalb bleibt der Gewinn typischerweise steuerfrei.
... bleiben die Arbeitsräume Privatvermögen Praxistipp | Bei der Behandlung als Privatvermögen gehen Ihnen keine Betriebsausgaben verloren. Denn Sie können die Gebäudeaufwendungen inkl. Abschreibung über eine Nutzungseinlage geltend machen (R 4.7 Abs. 2 S. 4 EStR; BFH, Urteil vom 23.09.2009, Az. IV R 21/08, Abruf-Nr. 100267). Die Abschreibung nehmen Sie sodann mit den Prozentsätzen für Privatvermögen vor. |
Umgehungsstrategie 2: Betriebsräume überwiegend privat nutzen
Nutzen Sie die Arbeitsräume überwiegend auch privat (z. B. für private Büroarbeiten oder zur Verwaltung von Unterlagen), liegt eine Mischnutzung und infolgedessen kein notwendiges Betriebsvermögen vor. Folglich verbleiben die Betriebsräume im Privatvermögen. Der Vorteil: Ein späterer Veräußerungsgewinn unterliegt nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung und ist deshalb regelmäßig steuerfrei. Der Nachteil: Sie können die Aufwendungen für die Betriebsräume nicht mehr absetzen, sondern nur noch die Home-Office-Pauschale geltend machen.
Umgehungsstrategie 3: Rücklage nach § 6b EStG bilden
Handelt es sich bei Ihren Betriebsräumen um Betriebsvermögen und haben Sie durch die Veräußerung einen Gewinn realisiert, können Sie die Besteuerung nach Maßgabe des § 6b EStG durch Bildung und Übertragung einer steuerfreien Rücklage „hinausschieben“. Dann unterliegt der Gewinn im Idealfall erst im Jahr der Betriebsaufgabe bzw. -veräußerung der Besteuerung. In Kombination mit den dann geltenden Besonderheiten (Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie begünstigter Steuersatz nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG), lässt sich die tatsächliche Steuerbelastung oft merklich reduzieren.
... und so Steuer-
last senken Praxistipp | § 6b EStG gilt im Grundsatz nur für bilanzierende Unternehmer. Ermitteln Sie Ihren Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung, können Sie aber über § 6c EStG von den steuerlichen Vorteilen des § 6b EStG profitieren. |
AUSGABE: VVP 1/2025, S. 7 · ID: 50128078