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Maklervollmacht/MaklervertragWann darf ein Versicherer die Zusammenarbeit mit einem Versicherungsmakler ablehnen?
| Immer wieder kommt es vor, dass der Versicherer die Zusammenarbeit mit dem Versicherungsmakler bzw. dem Maklerunternehmen ablehnt. In diesem Zusammenhang erreicht VVP die Frage eines Maklers. |
Frage: Ich habe im Auftrag eines Kunden auf Basis eines Maklervertrags, sowie einer vollumfänglichen Maklervollmacht einen Versicherungsvertrag bei einem Versicherer gekündigt. Dieser akzeptiert die Kündigung jedoch nicht und verweigert jede Zusammenarbeit mit meinem Maklerunternehmen. Eine Begründung hierfür liefert er nicht. Ist das rechtens? Darf der Versicherer das so ohne Weiteres?
Antwort: In einigen wenigen Fällen darf der Versicherer die Zusammenarbeit mit einem Makler generell ablehnen. So kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Korrespondenzpflicht für den Versicherer unzumutbar sein. In anderen Fällen darf er sie zumindest einzelfallbezogen ablehnen, z. B. eine Kündigung als unwirksam zurückweisen. Grundsätzlich aber muss ein Versicherer den Wunsch des Kunden respektieren und den von ihm bevollmächtigten Versicherungsmakler zumindest als Korrespondenzmakler akzeptieren.
Zusammenarbeit und Korrespondenzpflicht des Versicherers
Diese Details müssen Sie zur Zusammenarbeit des Versicherers wissen:
Grundsatz: Kundenwunsch begründet Korrespondenzpflicht
Zeigt der Makler dem Versicherer an, dass er vom Kunden vollumfänglich bevollmächtigt wurde, ist der Versicherer grundsätzlich zur Korrespondenz mit dem Makler verpflichtet. Diesbezüglich ist die Rechtsprechung mittlerweile eindeutig (BGH, Urteil vom 29.05.2013, Az. IV ZR 165/12, Abruf-Nr. 131967; LG Potsdam, Urteil vom 14.10.2011, Az. 51 O 46/11, Abruf-Nr. 123073; LG Wuppertal, Urteil vom 03.03.2017, Az. 13 O 53/16, Abruf-Nr. 194863).
Die Korrespondenzpflicht ergibt sich nach Abschluss des Versicherungsvertrags aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Der Versicherer hat den anfallenden Schriftverkehr mit dem Makler zu führen und ihm Auskünfte zu erteilen. Doch auch unabhängig vom Zustandekommen eines Versicherungsvertrags besteht eine grundsätzliche Korrespondenzpflicht des Versicherers. Diese Pflicht leitet sich daraus ab, dass der Versicherungsnehmer seine Versicherungsangelegenheiten durch eine Person seines Vertrauens, einem Makler als seinem treuhänderischen Sachwalter, wahrnehmen lassen möchte, z. B. aufgrund eines Maklerwechsels des Versicherungsnehmers (Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl., München 2024, § 59, Rz. 121, 122).
Ausnahme: Korrespondenzpflicht ist für Versicherer unzumutbar
Liegen jedoch wichtige Gründe in der Person des Maklers vor, kann eine Korrespondenzpflicht für den Versicherer unzumutbar sein; nämlich:
- Der Makler ist ein früherer Ausschließlichkeitsvertreter des Versicherers; bei einer Vertragsauflösung kam es zu einem Zerwürfnis zwischen beiden.In diesen fünf Ausnahmefällen ...
- Der Makler hat durch Handlungen oder Aussagen das Ansehen des Versicherers gefährdet oder bereits geschädigt.
- Beim Versicherer würde ein unverhältnismäßig hoher, und damit unzumutbarer Mehraufwand entstehen, weil der Makler nur eine begrenzte Maklervollmacht vorlegen kann.
- Der Makler hat seine Pflichten grob verletzt oder sich eines gravierenden Fehlverhaltens schuldig gemacht. Beispiele hierfür sind Betrug, falsche Beratung, Interessenkonflikte oder Missachtung von Treuepflichten gegenüber dem VN.... muss der Versicherer mit dem Makler nicht zusammenarbeiten
- Der Makler versäumt regelmäßig Fristen, lässt Anfragen des Versicherers unbeantwortet oder behindert in anderer Weise die Bearbeitung von Versicherungsfällen.
Verweigerung der Zusammenarbeit aus formalen Gründen
Es ist zwar üblich, dass Versicherer bei einseitigen Rechtsgeschäften, z. B. bei Vertragskündigungen, die Kopie der Maklervollmacht oder eine digitale Vollmacht akzeptieren. Allerdings müssen sie das nicht und können demnach aus formalen Gründen und einzelfallbezogen die Zusammenarbeit mit dem Makler verweigern.
Denn Versicherer können nach § 174 S. 1 BGB die Vorlage einer Original-Vollmacht verlangen. Wird keine Original-Vollmacht vorgelegt, können Versicherer nach angemessener Prüfungs- und Überlegungsfrist aus diesem Grund die Kündigung unverzüglich zurückweisen. Folge: Die Kündigung ist unwirksam und muss unter Vorlage einer Original-Vollmacht wiederholt werden. Das kann bedeuten, dass ggf. wichtige Kündigungsfristen nicht eingehalten werden, denn die (neue) Kündigung gilt erst mit Zugang beim Versicherer als wirksam ausgesprochen.
Kein Verweigerungsrecht bei widersprüchlichem Verhalten
In bestimmten Fällen kann aber die Zurückweisung der Kündigung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein, etwa bei widersprüchlichem Verhalten des Versicherers.
Das ist etwa dann der Fall, wenn der Versicherer während der Vertragsbeziehungen die Handlungen des Maklers als Vertreter des Kunden wiederholt ohne Vollmachtsvorlage bzw. unter Vorlage lediglich von Vollmachts-Kopien als verbindlich anerkannt hat. Der Versicherer verstieße dann aufgrund seines widersprüchlichen Verhaltens gegen Treu und Glauben, wenn er auf einmal eine Kündigung wegen fehlenden Nachweises einer (Original-)Vollmacht als unwirksam zurückweisen würde (OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.02.2002, Az. 1 U 680/01 – 157, Abruf-Nr. 020526). Dieser Grundsatz ist allgemein (OLG Hamm, Urteil vom 04.06.2018, Az. I-5 U 141/17, Abruf-Nr. 231807).
Kein Verweigerungsrecht mit Argument „Vollmacht zu alt“
Einige Versicherer akzeptieren auch ältere Vollmachten nicht und verlangen aktuelle Vollmachten. Dazu müssen Sie wissen: Unbefristete Vollmachten sind bis zum Widerruf gültig. Einen Verfall gibt es nicht.
Handlungsempfehlungen für Sie als Makler
Ohne einen Rechtsgrund darf ein Versicherer die Zusammenarbeit mit Ihnen nicht pauschal ablehnen – die dem Versicherer zugegangene Kündigung wäre also wirksam.
- Lehnt der Versicherer gleichwohl pauschal die Zusammenarbeit mit Ihnen ab, sollten Sie ihn nach dem Rechtsgrund hierfür fragen und ihn zugleich auf seine generelle Korrespondenzpflicht hinweisen.Rechtsgrund erfragen
- Bitten Sie den Versicherer, seinen Beweggrund für die Verweigerung einer Zusammenarbeit schriftlich zu begründen, damit Sie oder ggf. auch Ihr Kunde die Möglichkeit haben, dies rechtlich überprüfen zu lassen.Schriftliche Antwort erbitten
- Allerdings steht zu befürchten, dass sich der Versicherer für seine Antwort Zeit lassen wird, sofern er überhaupt antwortet. Daher müssen Sie fristwahrende Geschäfte für Ihre Kunden im Blick haben und entsprechend handeln. Warten Sie in diesen Fällen also nicht auf eine Antwort des Versicherers. Seine Antwort kann daher eher für Ihr künftiges Handeln gegenüber dem Versicherer verwertbar sein.
- Bringen Sie dem Versicherer gegenüber für eine Überprüfung den Versicherungsombudsmann ins Spiel. Bauen Sie auf diese Weise Druck auf den Versicherer auf. Antwortet er Ihnen nicht, muss er schließlich damit rechnen, dass ihn dann der Versicherungsombudsmann entsprechend auffordern wird, Stellung zu beziehen. Ob er das will?
- Beitrag „Courtage bei Maklerwechsel, übernommenen Verträgen oder bei gekündigtem Maklervertrag“, VVP 5/2021, Seite 3 → Abruf-Nr. 47334295
- Beitrag „Versicherer lehnt Bestandsübertragung auf neuen Makler ab – das sind Ihre Rechte“, VVP 8/2021, Seite 7 → Abruf-Nr. 47385982
- Maklervollmacht inkl. Postempfangsvollmacht → Abruf-Nr. 46992550
AUSGABE: VVP 1/2025, S. 4 · ID: 50227139