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BilanzSo ist die Rückstellung für Jahresabschluss- und Prüfungskosten richtig zu bilden

Abo-Inhalt17.01.2024256 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Viele Vermittler stehen vor Bilanzierungsfragen. Sind Rückstellungen zu bilden? Wofür? In welcher Höhe? Und worin besteht der Vorteil? VVP nimmt das zum Anlass, die wichtigsten Rückstellungen in einer Serie grundlegend zu analysieren und praxisgerecht mit Berechnungsbeispielen aufzubereiten. In diesem Teil zeigt VVP, wie Sie für die Jahresabschluss- und Prüfungskosten eine gewinnmindernde Rückstellung bilden. |

Die Jahresabschluss- und Prüfungskosten in der Praxis

Die in der Praxis oft als „Rückstellung für Abschluss- und Prüfungskosten“ bezeichnete Rückstellung setzt sich inhaltlich aus zwei Teilbeträgen zusammen: Zum Teilbetrag 1 gehören die „Jahresabschlusskosten“. Das sind die Aufwendungen, die in künftigen Jahren voraussichtlich für den für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zu erstellenden Jahresabschluss anfallen. Zum Teilbetrag 2 gehören die „Prüfungskosten“. Das sind die in den Folgejahren voraussichtlich anfallenden Aufwendungen für die Prüfung des Jahresabschlusses, z. B. durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Betriebsprüfer.

Das gilt für die Rückstellung für Jahresabschlusskosten

Der BFH entschied bereits am 20.03.1980 (Az. IV R 89/79), dass für die Verpflichtung zur Aufstellung des Jahresabschlusses eine gewinnmindernde Rückstellung zu bilden ist. Da von dieser aus dem HGB oder der AO resultierenden Verpflichtung alle bilanzierenden Vermittler betroffen sind, ergibt sich auch für sie eine Pflicht zur Rückstellungsbildung. Die Rückstellung umfasst nicht nur die Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses, sondern auch die Kosten zur Veröffentlichung im Bundesanzeiger, die Erstellung des Lage- und Geschäftsberichts und die Erstellung der die Betriebssteuern des abgelaufenen Jahres betreffenden Steuererklärungen – also die Aufwendungen für die Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung (BFH, Urteil vom 23.07.1980, Az. I R 28/77).

Die Rückstellung umfasst nicht die Aufwendungen für die Verpflichtung zur Durchführung einer Hauptversammlung, wie das bei einer Kapitalgesellschaft der Fall ist (BFH, Urteil vom 23.07.1980, Az. I R 28/77). Ebenfalls bleiben bei der Rückstellung die nach § 12 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung außen vor. Das gilt für die Aufwendungen, die für die Erstellung der Einkommensteuererklärung und bei Personengesellschaften für die Erstellung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung anfallen (BFH, Urteil vom 24.11.1983, Az. IV R 22/81).

Die Rückstellung umfasst alle nach dem Bilanzstichtag anfallenden Aufwendungen, die mit der Jahresabschlusserstellung für das vergangene Wirtschaftsjahr zusammenhängen. Das können sowohl externe Kosten (z. B. Honorar für den Steuerberater), aber auch interne Kosten sein. Die internen Kosten umfassen u. a. die Aufwendungen für eigene Mitarbeiter, die dem Steuerberater zuarbeiten, Auskünfte erteilen, Fragen beantworten, Belege vorlegen und einen Einblick in die geschäftlichen Aktivitäten gewähren. Während bei den externen Kosten die voraussichtlich anfallenden Aufwendungen maßgebend sind (z. B. voraussichtliches Honorar des Steuerberaters), werden die internen Aufwendungen auf Vollkostenbasis unter Einbeziehung der variablen und fixen Gemeinkosten einschließlich der Verwaltungsgemeinkosten bewertet. Deshalb sind z. B. die intern anfallenden Löhne und Gehälter sowie die mit diesen verbundenen Gemeinkosten wie Raum- und EDV-Kosten zu berücksichtigen.

Beispiel

V hat mit der verpflichtenden Erstellung des Jahresabschlusses für 2023 einen Steuerberater beauftragt. Durch die Honorarrechnungen der letzten Jahre weiß V, dass der Jahresabschluss nebst Gewinnermittlung voraussichtlich 3.000 Euro zzgl. 570 Euro USt kosten wird. Hinzu kommen brutto 238 Euro für die Gewerbesteuer- und brutto 595 Euro für die Einkommensteuererklärung. Zudem weiß V, dass seine Mitarbeiter dem Steuerberater „Rede und Antwort“ stehen müssen. Hier rechnet er mit 25 Arbeitsstunden bei Bruttolohnkosten von 22 Euro/Stunde. Hinzu kommen Gemeinkosten für das Büro, EDV, Verwaltung, Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung etc. von umgerechnet 110 Prozent der Lohnkosten.

Lösung: Die Rückstellung für Jahresabschlusskosten berechnet sich wie folgt:

Die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag sind für die Höhe der jeweiligen Kosten entscheidend. Künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f) EStG nicht berücksichtigt werden. Sollte mit einer Inanspruchnahme der zurückgestellten Aufwendungen nicht in den zwölf Monaten nach dem verstrichenen Bilanzstichtag gerechnet werden, so sind die Aufwendungen mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent pro Jahr abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG). Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Jahresabschluss für 2023 voraussichtlich erst 2025 erstellt wird.

Sonderfall – Rückstellung für rückständige Buchhaltung

Die für den Monat Dezember in der Buchhaltung vorzunehmenden Buchungen werden in der Praxis regelmäßig erst im Januar und damit im neuen Jahr vorgenommen. Auch für diese Verpflichtung, der Buchung laufender Geschäftsvorfälle des Vorjahres im laufenden Jahr, ist in der Bilanz des Vorjahres eine gewinnmindernde Rückstellung zu bilden (BFH, Urteilt vom 25.03.1992, Az. I R 69/91). Diese Rückstellung stellt jedoch eine eigenständige Rückstellung dar und wird nicht mit in die Rückstellung für Jahresabschluss- und Prüfungskosten einbezogen.

Beispiel

V lässt die Buchführung von einem Steuerberater für eine Monatspauschale von 500 Euro erstellen. Da die Buchführung erst nach Abschluss des jeweiligen Monats erstellt wird, erfolgen die Buchungen für Dezember 2023 erst im Januar 2024. Entsprechend berechnet der Steuerberater erst im Januar 2024 die 500 Euro.

Lösung: V hat bereits zum 31.12.2023 eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe von 500 Euro für die noch ausstehenden Buchführungsarbeiten zu bilden.

Das gilt für die Rückstellung für Prüfungskosten

Ist der Jahresabschluss öffentlich-rechtlich verpflichtend von einem Dritten wie einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen, verursacht diese Prüfung erhebliche Kosten; für die voraussichtlich anfallenden Prüfungskosten ist dann eine Rückstellung zu bilden. Eine gesetzliche (öffentlich-rechtliche) Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses kann sich z. B. aus dem Publizitätsgesetz oder aus dem HGB ergeben, etwa, wenn eine Kapitalgesellschaft zwei der drei folgenden Merkmale an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen überschreitet (§ 267 HGB):

  • Bilanzsumme: sechs Mio. Euro
  • Umsatzerlöse: zwölf Mio. Euro
  • Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt: 50

Doch auch das Finanzamt kann Prüfungen vornehmen. Die künftigen Kosten im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung und den daraus resultierenden Mitwirkungspflichten im Sinne des § 200 AO sind deshalb ebenfalls im Rahmen der Rückstellung zu berücksichtigen. Das gilt jedoch nur, wenn

  • bereits eine Prüfungsanordnung für eine durchzuführende Betriebsprüfung erteilt wurde (BFH, Urteil vom 24.08.1972, Az. VIII R 21/69) oder
  • der Betrieb als Großbetrieb im Sinne des BpO eingestuft ist (BFH, Urteil vom 06.06.2012, Az. I R 99/10, Abruf-Nr. 122759) und die in die Rückstellung einzubeziehenden Kosten bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre (den „Prüfungszeitraum“ der Bp) betreffen.

Die Tatsache, dass eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 164 AO), rechtfertigt nicht die Bildung einer Rückstellung für eine voraussichtlich stattfindende Betriebsprüfung (BFH, Urteil vom 06.06.2012, Az. I R 99/10, Abruf-Nr. 122759). Gleiches gilt übrigens für Umsatzsteuersonder- und Lohnsteueraußenprüfungen.

Wichtig | Ohne öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses darf keine Rückstellung für Prüfungskosten gebildet werden (BFH, Urteil vom 05.04.2014, Az. IV R 26/11, Abruf-Nr. 142628). Betroffen sind etwa Gesellschaften, bei denen sich die Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses ausschließlich durch den Gesellschaftsvertrag begründet, also weil die Gesellschafter selbst eine jährliche Prüfung – z. B. durch einen Wirtschaftsprüfer – wünschen.

Auch in diese Rückstellung sind die Aufwendungen einzubeziehen, die in direktem Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfung des Jahresabschlusses stehen. Hierzu zählen zum einen externe Kosten, wie für die Inanspruchnahme rechtlicher oder steuerlicher Beratungen zur Durchführung der Prüfung. Aber auch interne Kosten sind zu berücksichtigen. Diese Position umfasst z. B. die Aufwendungen für die mit der Prüfung (bzw. der Beantwortung der Prüfungsfragen) beschäftigten eigenen Mitarbeiter. Die internen Kosten umfassen aber auch die Kosten, die dadurch entstehen, dass dem Prüfer z. B. ein Büro zur Verfügung gestellt werden muss. Erfolgt die Prüfung durch die Nutzung betriebseigener EDV, sind auch diese Aufwendungen zu berücksichtigen.

Beispiel

V stellt seinen Jahresabschluss zum 31.12.2023 auf. Er unterliegt zwar nicht der Prüfungspflicht durch einen Wirtschaftsprüfer, aber er hat bereits im Dezember 2023 vom Finanzamt eine Prüfungsanordnung erhalten. Ausweislich dieser wird sich die Betriebsprüfung auf die Jahre 2020 bis 2022 erstrecken und im März 2024 beginnen. V rechnet damit, dass er dem Prüfer für einen halben Monat einen Arbeitsplatz mit 15 m² zur Verfügung stellen muss. Er zahlt für das Gebäude (200 m²) eine mtl. Warmmiete von 4.500 Euro. Zudem geht V aufgrund einer bereits abgeschlossenen Betriebsprüfung davon aus, dass er für die Prüfung von seinem Steuerberater eine Honorarrechnung von voraussichtlich brutto 2.380 Euro erhalten wird. Da wegen diverser Rückfragen des Prüfers auch seine Mitarbeiter beschäftigt sein werden, geht V hier von voraussichtlich 50 Arbeitsstunden (Stundenlohn 22 Euro/Gemeinkosten 110 Prozent) aus.

Lösung: Die Rückstellung für Prüfungskosten berechnet sich wie folgt:

Es sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag für die Höhe der Kosten entscheidend. Künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f) EStG). Sollte mit einer Inanspruchnahme der zurückgestellten Aufwendungen nicht in den zwölf Monaten nach dem verstrichenen Bilanzstichtag gerechnet werden, so sind die Aufwendungen mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent pro Jahr abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG). Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Prüfung des Jahresabschlusses für 2023 voraussichtlich erst 2025 erfolgen wird.

AUSGABE: VVP 2/2024, S. 15 · ID: 49855309

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