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AltersversorgungDer Arbeitgeberzuschuss ist seit 2022 für alle Entgeltumwandlungen verpflichtend

Top-BeitragAbo-Inhalt04.01.20221143 Min. LesedauerVon Dr. Claudia Veh, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

| Seit 01.01.2022 müssen Arbeitgeber zu allen Entgeltumwandlungen in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds einen Arbeitgeberzuschuss zahlen. Bisher war die Zuschusspflicht auf Entgeltumwandlungsvereinbarungen ab dem Jahr 2019 beschränkt. VVP liefert nachfolgend die Details zum Arbeitgeberzuschuss und gibt für Arbeitgeber eine Entscheidungshilfe an die Hand. |

Die Details zum verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss

Wandelt der Arbeitnehmer Entgelt bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der allgemeinen Rentenversicherung West um, führt dies auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite zu einer Sozialabgabenersparnis (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV). Da liegt es nahe, dass der Arbeitgeber seine Ersparnis wieder dem Arbeitnehmer zugute kommen lässt – in Form des Zuschusses. Bei Entgeltumwandlungen, die seit 01.01.2019 neu abgeschlossen wurden und werden, war bzw. ist der Zuschuss von Beginn an zu leisten. Bei Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 01.01.2019 bestanden haben, ist der Zuschuss spätestens seit 01.01.2022 zu leisten (§ 26a BetrAVG).

Die Anwartschaft, die sich aus dem Zuschuss ergibt, ist sofort unverfallbar (§ 1b Abs. 5 BetrAVG).

Eckpunkte: Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss Entgeltumwandlung

  • Für Entgeltumwandlungen bis zu vier Prozent der BBG
  • Bei Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds
  • Sofern der Arbeitgeber Sozialabgaben einspart, d. h. bei Arbeitseinkommen unterhalb der BBG pauschal 15 Prozent Zuschuss oder „spitze“ Abrechnung
  • Verpflichtend für laufende Entgeltumwandlungsverträge aus der Zeit vor 2019 ab dem 01.012022; bei Entgeltumwandlungsvereinbarungen ab dem Jahr 2019 sofortige Zuschusspflicht

Ermittlung der Sozialversicherungsersparnis

Zu den eingesparten Sozialabgaben bei den Arbeitgeberanteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zählt auch der Arbeitgeberzuschuss zur Rentenversicherung an berufsständische Versorgungseinrichtungen sowie zur freiwilligen bzw. privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie Pauschalbeiträge für geringfügig entlohnte Beschäftigte. Nicht dazu zählen hingegen Umlagen zur Unfallversicherung und nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz sowie Insolvenzgeldumlagen (Spitzenverbände der Sozialversicherung, Rundschreiben vom 21.11.2018, Abruf-Nr. 226216. Je nach Einkommen und Entgeltumwandlung ergibt sich folgende Ersparnis:

Einkommen unterhalb der BBG der GKV

Bei einem Einkommen unterhalb der BBG in der gesetzlichen Krankenversicherung (2022: 4.837,50 Euro) sparen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Sozialabgaben auf den umgewandelten Betrag in allen vier SV-Zweigen.

Beispiel 1

Ein Arbeitnehmer wandelt bei einem monatlichen Gehalt von 3.000 Euro brutto monatlich 100 Euro um.

Ergebnis: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sparen sich jeweils 19,87 Euro Sozialabgaben. Das sind 19,87 Prozent. Dennoch muss der Arbeitgeber nur einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent gewähren, also im Beispiel 15 Euro.

Einkommen zwischen BBG GKV und RV

Liegt das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aber unterhalb der BBG der allgemeinen Rentenversicherung (2022: 7.050 Euro) und oberhalb der BBG der gesetzlichen Krankenversicherung (2022: 4.837,50 Euro), liegt die Sozialabgabenersparnis des Arbeitgebers (und des Arbeitnehmers) unter 15 Prozent:

Beispiel 2

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 5.000 Euro brutto und wandelt monatlich 100 Euro um.

Ergebnis: Der Arbeitgeber kann hier die tatsächliche Ersparnis von 10,50 Euro (10,5 %) als Zuschuss weitergeben („Spitzabrechnung“) oder alternativ pauschal 15 Prozent (dazu später mehr).

Entgeltumwandlung bei Einkommen über BBG Renten

Es gibt aber auch Konstellationen, bei denen das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers über der BBG der allgemeinen Rentenversicherung (2022: 7.050 Euro) liegt und durch die Entgeltumwandlung unter die BBG rutscht, d. h. ein Teil der Entgeltumwandlung zur Sozialabgabenersparnis führt, ein Teil nicht:

Beispiel 3

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 7.200 Euro brutto und wandelt monatlich 282 Euro in eine Direktversicherung um.

Ergebnis: Der Arbeitgeber muss nur die Ersparnis von 13,86 Euro (4,9 %) als Zuschuss zur Entgeltumwandlung leisten. Er kann aber auch pauschal 15 Prozent bezuschussen (dazu später mehr).

Vom Arbeitgeber zu treffende Entscheidungen

Folgende Entscheidungen muss der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Pflichtzuschuss zur Entgeltumwandlung treffen:

1. Pauschale oder „spitze“ Zuschussregelung?

Der Arbeitgeber muss sich überlegen, ob er eine pauschale oder „spitze“ Zuschussregelung wählt. Die Entscheidung dürfte u. a. davon abhängen, in welchem Einkommenssegment die Beschäftigten in seinem Unternehmen liegen. Bewegen sich die Verdienste tendenziell zwischen der BBG der gesetzlichen Krankenversicherung (4.837,50 Euro West) und der der allgemeinen Rentenversicherung (7.050 Euro West), könnte dies ein Argument für eine „spitze“ Abrechnung sein. Denn der Arbeitgeber spart hier weniger als die pauschalen 15 Prozent. Die Entscheidung dürfte aber auch davon abhängen, wie reibungslos der Payroll-Provider die spitze Abrechnung anbieten kann.

2. Zuschuss nur bei Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds?

In manchen Betrieben haben die Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, Entgelt über eine Direktzusage oder eine (rückgedeckte) Unterstützungskasse umzuwandeln. Auch hier besteht Sozialabgabenfreiheit für Umwandlungen bis zu vier Prozent der BBG der Rentenversicherung West (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

Hier greift zwar der gesetzliche Pflichtzuschuss nicht, der Arbeitgeber kann aber natürlich freiwillig auch auf eine Entgeltumwandlung in diesen Durchführungswegen einen Zuschuss gewähren.

3. Zuschuss nur für Arbeitnehmer mit Entgelten bis zur BBG oder für alle?

Der Arbeitgeber muss ferner entscheiden, ob er bei den Zuschussberechtigten differenziert nach Arbeitnehmern, bei denen er durch Entgeltumwandlung Sozialabgaben einspart bzw. einsparen kann, also Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt nach Abzug der Entgeltumwandlung unterhalb der BBG der allgemeinen Rentenversicherung liegt. Oder möchte er einfach alle Arbeitnehmer, die Entgelt umwandeln, mit einem Zuschuss zur Entgeltumwandlung „belohnen“, unabhängig davon, ob er Sozialabgaben einspart?

4. Zuschuss nur für Entgeltumwandlungen bis zu vier Prozent der BBG?

Einige Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie oberhalb der BBG verdienen und damit die Sozialabgabenersparnis bei Entgeltumwandlung ohnehin kein Entscheidungskriterium ist, wandeln mehr Entgelt um als vier Prozent der BBG. Schließlich sind nach § 3 Nr. 63 EStG Beiträge in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds bis zu acht Prozent der BBG steuerfrei. Bei einer Direktzusage oder Unterstützungskassenzusage sind sogar noch höhere Entgeltumwandlungen steuerfrei, beitragsfrei jedoch ebenfalls „nur“ Beiträge bis zu vier Prozent der BBG.

Am einfachsten ist sicher, der Arbeitgeber gewährt einen Zuschuss in Höhe von pauschal 15 Prozent auf sämtliche Entgeltumwandlungen, wobei er ggf. eine Obergrenze festlegen kann, um seine Aufwände kalkulierbar zu halten. In diesem Fall muss er nicht laufend prüfen, ob ein Arbeitnehmer mit seinem Einkommen über oder unter die BBG rutscht, wie sich eine Änderung des Teilzeitgrads auswirkt und was die jährliche BBG-Änderung bewirkt.

Weiter ist zwar gemäß Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 21.11.2018 bei der Zuschussgewährung auf das monatliche Entgelt abzustellen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber konkret in den Monaten einen Zuschuss gewähren muss, in denen er Sozialabgaben bei der Entgeltumwandlung einspart; in den Monaten jedoch nicht, in denen er keine Einsparungen durch die Entgeltumwandlung erreicht. Nun kann es allerdings sein, dass ein Arbeitnehmer in den ersten Monaten des Jahres stets unterhalb der BBG der allgemeinen Rentenversicherung verdient, dann jedoch durch Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld am Jahresende über die Jahres-BBG rutscht. Gleiches gilt bei Sonderzahlungen zu Beginn des Folgejahres („Märzklausel“), die beitragsrechtlich noch dem vorangegangenen Kalenderjahr zugeordnet werden, wenn sie im Monat der Auszahlung nicht in vollem Umfang beitragspflichtig werden. Für eine „Rückabwicklung“ des Zuschusses sehen die Sozialversicherungsträger keine Grundlage (Rundschreiben vom 21.11.2018, S. 24 f.). Auch diese Prüfung bzw. Beobachtung der monatlichen Entgeltabrechnung spart sich ein Unternehmen, wenn es pauschal 15 Prozent Zuschuss auf Entgeltumwandlungen gewährt.

Die „spitze“ Abrechnung mit der Folge, dass die Zuschusshöhe öfter angepasst wird und ggf. in einzelnen Monaten kein Zuschuss gezahlt wird, dürfte in der Handhabung aufwändiger sein, auch beim Versorgungsträger.

Entgeltumwandlungsvereinbarungen seit 2019

Für alle ab dem 01.01.2019 neu abgeschlossenen Entgeltumwandlungsverträge war der verpflichtende Zuschuss des Arbeitgebers von Beginn an zu leisten, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt waren.

Im Allgemeinen war und ist dieser Zuschuss einfach umsetzbar. Denn die Angebote und Formulare der Lebensversicherungsunternehmen, Pensionskassen und ggf. Pensionsfonds haben diese gesetzliche Neuerung entsprechend umgesetzt.

Anwendung für „Altverträge“

Anders verhält es sich bei Entgeltumwandlungsverträgen aus der Zeit vor dem Jahr 2019. Hier ist in der Praxis die eine oder andere Hürde zu nehmen. Auch bei Altverträgen müssen die oben skizzierten Entscheidungen gefällt werden. Das ist in der Praxis regelmäßig bereits für Neuverträge erfolgt und damit – implizit – auch für Altverträge geregelt. Wenn diese geklärt sind, müssen die bestehenden Versicherungsverträge angepasst werden. Das ist nicht immer möglich.

Problem 1: Tarif geschlossen

So wird in einigen Fällen das Lebensversicherungsunternehmen keine Beitragserhöhung im bestehenden Vertrag zulassen, weil die Tarifgeneration bereits geschlossen wurde und/oder aus aktuariellen Gründen keine Beitragserhöhungen in einem Vertrag mit alten Rechnungsgrundlagen möglich sind.

Problem 2: Beitrag für Neuabschluss zu gering

Häufig wird dann zunächst versucht, für den Zuschuss einen eigenen neuen Versicherungsvertrag abzuschließen. Doch das kann ebenfalls scheitern, wenn der Zuschuss niedriger ist als der Mindestbeitrag, den ein Versicherer für einen Vertrag fordert. Bei einer Entgeltumwandlung von 50 Euro monatlich – durchaus ein üblicher Betrag in vielen Unternehmen – beträgt der pauschale Zuschuss gerade einmal 7,50 Euro.

Problem 3: Vier Prozent der BBG durch Entgeltumwandlung ausgeschöpft

Weiter sollte man explizit mit dem Arbeitnehmer Rücksprache halten, wenn der sozialabgabenfreie Betrag von vier Prozent der BBG bereits vollständig durch Entgeltumwandlung ausgeschöpft ist. Denn dann würde der Arbeitgeberzuschuss zu zusätzlichen Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber führen, was häufig nicht erwünscht ist.

Oftmals wird in dem Fall mit dem Arbeitnehmer die Entgeltumwandlungsvereinbarung dahingehend angepasst, dass die Entgeltumwandlung soweit reduziert wird, dass zusammen mit dem Arbeitgeberzuschuss der Beitrag zur Direktversicherung, Pensionskasse oder zum Pensionsfonds gleich hoch bleibt. Auch hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Zwei „Reduktionsmodelle“ kommen in Frage:

Fortführung Beispiel 3: „Reduktionsmodell“ mit Variante 1

Der Arbeitnehmer reduziert die Entgeltumwandlung von bisher monatlich 282 Euro, sodass sie mit dem Zuschuss von 15 Prozent genau vier Prozent der BBG ergibt. Er rechnet wie folgt:

Fortführung Beispiel 3: „Reduktionsmodell“ mit Variante 2

Die Entgeltumwandlung von bisher monatlich 282 Euro wird aufgestockt um den Zuschuss von 15 Prozent.

Der Zuschuss in Höhe von 42,30 Euro entspricht dann 17,65 Prozent auf den neuen, angepassten Umwandlungsbetrag (42,30 Euro : 239,70 Euro). Der Zuschuss nach Variante 2 ist höher als der nach Variante 1 ermittelte Wert.

Fazit | Der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung für Altverträge ist seit dem 01.01.2022 umzusetzen. In einigen Fällen wird die praktische Umsetzung nicht reibungslos vonstatten gehen, da ggf. ein Neuabschluss oder eine Anpassung der Entgeltumwandlungsvereinbarung notwendig wird. Die Antwort auf die Frage „pauschale“ oder „spitze“ Abrechnung wird in der Praxis wohl häufig davon abhängig gemacht, wie der Payroll-Anbieter die spitze Abrechnung programmseitig unterstützt. Aber auch wenn die pauschale Abrechnung in dem einen oder anderen Fall einen höheren Zuschuss bedeutet, als der Arbeitgeber vom Gesetz her zahlen müsste, so kann der Arbeitgeber diesen Zusatzbeitrag auch als Investition in seine Arbeitnehmer und als kleinen Beitrag zur Entschärfung des drohenden gesellschaftlichen Problems der Altersarmut sehen.

  • Man reduziert die Entgeltumwandlung so, dass sie mit einem Zuschuss von 15 Prozent genau vier Prozent der BBG, also dem ursprünglichen Beitrag, entspricht:
  • Man ermittelt den Zuschuss auf die ursprüngliche Entgeltumwandlung in Höhe von vier Prozent der BBG. Dann subtrahiert man diesen Zuschuss vom ursprünglichen Umwandlungsbetrag und gelangt so zu einer neuen Entgeltumwandlung.

AUSGABE: VVP 1/2022, S. 27 · ID: 47869498

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