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Private KrankenversicherungMedizinische Notwendigkeit für BCS-Implantate
| Das LG Stuttgart hatte über die Voraussetzungen zu entscheiden, unter denen der VR die Kosten für BCS-Implantate statt für herkömmliche Implantate ersetzen muss. |
1. Streit über medizinische Notwendigkeit
Der Zahnarzt des VN erstellte einen prothetisch-implantologischen Behandlungsplan. Dieser sah insgesamt 18 BCS-Implantate vor. Die Kosten von 19.193,27 EUR wollte der VR nicht übernehmen. Er bestritt eine medizinische Notwendigkeit.
Das sah das LG Stuttgart anders. Es verurteilte den VR antragsgemäß (8.8.24, 47 O 252/22, Abruf-Nr. 246668). Das LG hielt den Heil- und Kostenplan des Zahnarztes für medizinisch notwendig.
Merke | Medizinische Notwendigkeit liegt vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen (BGH 29.3.17, IV ZR 533/15, Rn. 28). Das ist im Allgemeinen der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen oder zu lindern. Sind mehrere Behandlungsmaßnahmen denkbar oder geeignet, besteht die Leistungspflicht deshalb nur für diejenige, die mit dem geringsten medizinischen Eingriff und Behandlungsumfang verbunden ist. Aus medizinischer Sicht überzogene Maßnahmen stehen von vornherein nicht unter Versicherungsschutz (OLG München, BeckRS 2017, 147319 Rn. 8). |
2. Abwägung der Vor- und Nachteile der beiden Behandlungsmethoden
Das LG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Sachverständige hat für das Gericht nachvollziehbar die Vor- und Nachteile der BCS-Implantate jenen der herkömmlichen Implantaten gegenübergestellt. Das LG war danach davon überzeugt, dass für den VN zwei zur Erreichung des Behandlungsziels gleichermaßen geeignete Behandlungsmöglichkeiten im Raum standen. Zwar sind herkömmliche Implantate weniger invasiv, da nur weniger erforderlich sind. Dagegen haben die BCS-Implantate den erheblichen Vorteil, dass sie sofort belastbar sind und leichter gereinigt und ausgetauscht werden können.
Die Behandlung mit BCS-Implantaten ist aufgrund dieser erheblichen Vorteile keine überzogene Maßnahme, sondern eine anerkannte und gleichermaßen geeignete Möglichkeit zur Versorgung mit einem Zahnersatz. Mit Blick auf die Vorteile bei der Reinigung bzw. des Austausches und die Gefahr weiterer Operationen zum Knochenaufbau bei dem herkömmlichen System, die nicht risikofrei sind, ist auch der Behandlungsumfang perspektivisch nicht zwingend in solchem Umfang erheblicher, dass die BCS-Implantate eine überzogene Maßnahme wären. Ihre Verwendung im Rahmen der Behandlung des VN ist daher insgesamt vertretbar gewesen.
AUSGABE: VK 3/2025, S. 47 · ID: 50282617