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VertragskündigungWann und wie lange dürfen Versicherer eine Vertragskündigung zurückweisen?

Top-BeitragAbo-Inhalt01.07.2024386 Min. Lesedauer

| Ein Makler hat einen Versicherungsvertrag Anfang der letzten Juni- Woche 2024 gekündigt. Er hat die Vollmacht des Kunden in Kopie beigefügt. Zudem hat er dem VR angeboten, die Originalvollmacht im Maklerbüro einzusehen. Jetzt hat der VR die Kündigung als unwirksam zurückgewiesen. Zu Recht? |

1. Grundsatz: Originalvollmacht ist ein Muss

Es ist Usus, dass VR bei Kündigungen die Kopie der Maklervollmacht akzeptieren. Rechtlich sieht es anders aus: Makler können die Versicherungsverträge für ihre Kunden grundsätzlich nur wirksam kündigen, wenn sie dem VR eine Originalvollmacht vorlegen. Wird nur eine Vollmachtskopie, eine beglaubigte Abschrift oder Faxkopie vorgelegt oder angeboten, die Originalvollmacht in den Geschäftsräumen einzusehen, darf der VR die Kündigung ablehnen (§ 174 S. 1 BGB). Davon gibt es aber zwei Ausnahmen.

2. Erste Ausnahme: Bisheriges Verhalten des VR

Wurde nicht mit Originalvollmacht gekündigt, ist noch nichts verloren, wenn der VR die ganze Zeit über die „vollmachtlosen“ Handlungen als Makler des Kunden ohne Vorlage der Vollmacht als verbindlich anerkannt hat. Dann verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn der VR wegen eines fehlenden Vollmachtsnachweises plötzlich eine Kündigung als unwirksam erklärt. Diesen Grundsatz hat das OLG Saarbrücken in einem Fall formuliert, in dem ein Versicherungsagent die Kündigung seines Agenturvertrags wegen fehlender Vollmacht zu Fall bringen wollte. Dieser Grundsatz ist allgemein und dürfte auch auf das Rechtsverhältnis des Versicherungsmaklers zum VR anwendbar sein (OLG Saarbrücken 20.2.02, 1 U 680/01 – 157, Abruf-Nr. 020526).

3. Zweite Ausnahme: Verfristete Zurückweisung des VR

Liegt der erste Ausnahmefall nicht vor, gibt es einen zweiten Rettungsanker: Der VR muss die Kündigung unverzüglich zurückweisen (§ 174 BGB), wenn er eine Kündigung ohne Originalvollmacht nicht genügen lassen will (OLG Karlsruhe 18.10.01, 12 U 161/01, Abruf-Nr. 020196). Unverzüglich heißt, ohne schuldhaftes Zögern innerhalb einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist. Weist der VR die Kündigung nicht zurück oder tut er es verspätet, gilt sie als wirksam.

Wichtig | Das OLG Hamm sieht eine Überlegungsfrist von ein bis zwei Tagen als ausreichend an. Die Zurückweisung nach vier Tagen sei eindeutig verspätet gewesen. Folge: Die Versicherungsverträge waren wirksam gekündigt (OLG Hamm 26.10.90, 20 U 71/90, Abruf-Nr. 96653). Und auch das LG Berlin hält die Zurückweisung der Kündigung einer Gebäudeversicherung erst vier Tage nach Eingang der Erklärung für nicht mehr unverzüglich (LG Berlin 6.8.02, 7 S 6/02, Abruf-Nr. 220293).

AUSGABE: VK 7/2024, S. 117 · ID: 49998343

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