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KrankenversicherungAuslegung von Tarifbestimmungen: Ein Tierarzt ist kein Arzt
| Nach § 204 Abs. 1 VVG kann der VN vom VR einen Tarifwechsel verlangen. Voraussetzung ist dabei, dass der Zieltarif einen dem bisherigen Tarif „gleichartigen Versicherungsschutz“ vorsieht. Aber was ist gleichartig? Das OLG Celle musste entscheiden, ob ein Tierarzt einen Anspruch auf einen Wechsel aus einen bestehenden Krankheitskostentarif in einen speziellen Tarif für Ärzte und Medizinstudenten der Humanmedizin hat. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Geklagt hatte ein Tierarzt. Er wollte in einen Tarif XXX+ wechseln, der nach der Präambel für „Medizinstudenten und Ärzte“ versicherungsfähig war. Das hatte der VR abgelehnt. Das LG hat die Klage des VN abgewiesen.
Das OLG Celle beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen (28.12.23, 8 U 146/23, Abruf-Nr. 242170). In seinem Hinweisbeschluss führt es zur Gleichartigkeit des Versicherungsschutzes aus:
Die Voraussetzungen des gleichartigen Versicherungsschutzes werden in § 204 Abs. 1 VVG nicht definiert. Die Kriterien ergeben sich aus § 12 KVAV. Der ist aufgrund der Ermächtigung in § 160 S. 1 Nr. 2 VAG auch für § 204 VVG maßgebend. Versicherungsfähigkeit ist nach § 12 Abs. 2 KVAV eine personengebundene Eigenschaft des Versicherten, deren Wegfall zur Folge hat, dass der Versicherte bedingungsgemäß nicht mehr in diesem Tarif versichert bleiben kann. Dieses Kriterium soll sicherstellen, dass der VR nicht über den Umweg des Tarifwechselrechts Personen in einem bestimmten Tarif versichern muss, in welchem er sie originär nicht angenommen hätte. Zu den dauerhaft personengebundenen Eigenschaften im Sinne des § 12 Abs. 2 KVAV, die über die Versicherungsfähigkeit entscheiden, zählt auch die Zugehörigkeit des VN zu einer bestimmten Berufsgruppe. In einen speziell für Ärzte kalkulierten Tarif kann deshalb nur wechseln, wer selbst Arzt ist.
Was nach den hier maßgeblichen Versicherungsbedingungen des Zieltarifs unter einem „Arzt“ zu verstehen ist, ist mangels eigener Definition in den Bedingungen durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ergibt, dass ein Tierarzt nicht als „Arzt“ im Sinne der Bedingungen für den Tarif XXX+ angesehen werden kann. Entscheidend ist die fachsprachliche Bedeutung. Danach wird aber der Begriff „Ärzte“ gerade nicht als Oberbegriff verwendet, der auch Tierärzte mit umfasst. Insbesondere in berufsrechtlichen Regelungen wird zwischen Ärzten und Tierärzten unterschieden. Es gibt unterschiedliche Approbationsordnungen und unterschiedliche Kammern.
Relevanz für die Praxis
Wäre die Klage erfolgreich gewesen, hätte der VN einen Schadensersatzanspruch, wenn er in der Zwischenzeit eine höhere Prämie in einem anderen Tarif gezahlt hätte.
AUSGABE: VK 7/2024, S. 120 · ID: 50016745