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BeratungspraxisFall aus der Praxis: Wie sind Mitgliedsbeiträge und Nutzungsentgelte steuerlich abzugrenzen?

Abo-Inhalt04.08.202571 Min. Lesedauer

| Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung und dem Betrieb von Sportanlagen ist ein Thema, bei dem Vereine immer wieder auf den Widerstand des Finanzamts stoßen. Nicht immer ist dabei die Rechtauffassung des Finanzamts, die Einnahmen aus der Nutzung der Einrichtung als umsatzsteuerfrei zu qualifizieren, „wasserdicht“. Das lehrt folgender Fall aus der Praxis. |

Verein errichtet Traglufthalle und will Vorsteuer ziehen

Ein gemeinnütziger Hockeyverein hat mehrere Mannschaften, von denen zwei in Amateurligen spielen. Für den winterlichen Trainingsbetrieb hat der Verein erst kürzlich eine Traglufthalle errichtet. Um die Kosten für Betrieb und Bau der Halle zu finanzieren, erhebt der Verein von den Mannschaften Nutzungsgebühren, die von deren Mitgliedern eingezogen werden. Den Mannschaften steht es dabei frei, die Halle (entgeltlich) zu nutzen oder die Freiplätze (kostenfrei). Außerdem vermietet der Verein die Halle in geringem Umfang auch an Dritte (zum Regelsteuersatz).

Der Verein macht aus den Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Traglufthalle den vollen Vorsteuerabzug geltend, weil die Nutzung der Halle ausschließlich entgeltlich erfolgt. Auf die Nutzungsgebühren – auch der Mitglieder – erhebt er Umsatzsteuer zum ermäßigten Steuersatz (nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG).

Finanzamt vertritt – durch nichts belegte – Sondermeinung

Das Finanzamt führte – ausgelöst durch die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen – eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Diese kam zum Ergebnis, dass nur ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich ist. Nämlich zu dem Anteil, zu dem die Halle an Dritte vermietet wird. Die Nutzungsgebühren der Mitglieder seien dagegen als zusätzliche Mitgliedsbeiträge zu behandeln und damit umsatzsteuerfrei.

Die Analyse: Wer hat Recht?

Die Auffassung des Finanzamts entspricht weder den vereinsrechtlichen Voraussetzungen für Mitgliedsbeiträge noch den Vorgaben der Finanzverwaltung für echte Mitgliedsbeiträge. Ebenso wenig findet dabei die herrschende Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Beiträgen Berücksichtigung.

Was ist ein Mitgliedsbeitrag?

Mitgliedsbeiträge sind nur, was das Mitglied dem Verein aus dem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis, das die Satzung begründet, schuldet. Beiträge müssen deswegen der Art (Regel- oder Sonderbeiträge) und dem Inhalt (Geld- oder Arbeitsleistungen) nach in der Satzung geregelt sein. An Sonderbeiträge (die nicht turnusmäßig bezahlt werden) stellt die Rechtsprechung sogar besonders hohe Anforderungen. Hier muss sich aus der Satzung entweder die Höhe oder ein Berechnungsmaßstab ergeben.

Nach diesen vereinsrechtlichen Vorgaben handelt es sich bei den Zahlungen der Mitglieder für die Nutzung der Halle um keine (Sonder-)Beiträge, weil es keine entsprechende Satzungsregelung gab. Außerhalb der Satzung (etwa in einer Beitragsordnung oder durch Beschluss der Mitgliederversammlung) können Beiträge nicht verpflichtend geregelt werden. Im Übrigen ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Mannschaften entscheiden konnten, ob sie die Halle nutzen und damit die entsprechenden Zahlungen leisten mussten, dass es sich um keine Pflichtbeiträge handelte.

Echte und unechte Beiträge

Die Finanzverwaltung grenzt – trotz langjähriger anderslautender Rechtsprechung – bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Mitgliederzahlungen weiterhin „echte“ von „unechten“ Mitgliedsbeiträgen ab (UStAE Abschn. 1.4. Ziff. 1). Danach sind Beiträge mangels Leistungstausch nicht steuerbar, wenn „eine Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig wird und dafür echte Mitgliederbeiträge erhebt, die dazu bestimmt sind, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen.“ Es fehle dann an einem Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied.

Dagegen liegen unechte (steuerbare) Zahlungen vor, wenn ein Verein für Leistungen, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienen, Entgelte erhebt, die nach der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme durch die Mitglieder bemessen sind. Nach dieser Definition sind die Zahlungen der Mannschaftsmitglieder für die Nutzung der Halle ohne Zweifel als „unechte“ Beiträge steuerbar.

Die Auffassung des Finanzamts weicht also klar von den Vorgaben der Bundesfinanzverwaltung ab.

Mitgliedsbeiträge als pauschale Nutzungsentgelte

Diese Auffassung der Finanzverwaltung entspricht aber nicht der Rechtsprechung von EuGH und BFH. Dort wird nämlich nicht unterschieden zwischen Mitgliedsbeiträgen und Entgelten für bestimmte Leistungen des Vereins.

Danach sind Mitgliedsbeiträge – wenn der Verein Leistungen an seine Mitglieder erbringt – pauschale Leistungsentgelte. Wie der EuGH mit Urteil vom 21.03.2002 (Rs. C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Abruf-Nr. 051238) entschieden hat, können Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins die Gegenleistung für dessen Dienstleistungen sein. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Mitglieder die Vorteile tatsächlich in Anspruch nehmen (BFH, Urteile vom 09.08.2007, Az. V R 27/04 und vom 11.10.2007, Az. V R 69/06, Abruf-Nr. 080035). Bei Sportvereinen besteht somit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins, den Mitgliedern Vorteile wie Sportanlagen zur Verfügung zu stellen, und den Mitgliedsbeiträgen.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht macht es also keinen Unterschied, ob die Zahlungen als Beiträge oder als Entgelte für eine konkrete Leistung behandelt werden.

Das eigentliche Problem: Steuerbefreiung als sportliche Veranstaltung

Der Prüfer des Finanzamts ist erkennbar nicht vertieft mit der Thematik vertraut. Dabei könnte er eine steuerrechtlich profundere Argumentation nutzen: Er könnte die Nutzungsentgelte als Teilnahmegebühren für eine sportliche Veranstaltung behandeln, die nach § 4 Nr. 22a UStG umsatzsteuerbefreit ist.

Diese Regelung befreit sportliche Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine von der Umsatzsteuer, wenn das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Die Steuerfreiheit erfasst organisatorische Maßnahmen (= Veranstaltungen) eines Sportvereins, die es aktiven Sportlern ermöglichen, Sport zu treiben, wobei eine bestimmte Organisationsform oder -struktur nicht vorgegeben ist. Nicht steuerfrei ist die bloße Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen oder -anlagen (BFH, Urteil vom 20.03.2014, Az. V R 4/13, Abruf-Nr. 142200).

Die Anforderungen an eine „sportliche Veranstaltung“ sind dabei nicht allzu hoch. Die untere Grenze einer sportlichen Veranstaltung ist erst unterschritten, wenn die Maßnahme lediglich eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen zum Gegenstand hat (u. a. BFH, Urteil vom 18.08.2011, Az. V R 64/09, Abruf-Nr. 121997).

Eine Nutzungsgebühr für eine Sportanlage kann dabei zur Teilnahmegebühr für eine sportliche Veranstaltung werden, wenn der Verein über die bloße Zurverfügungstellung der Anlage Organisationsleistungen erbringt. Die müssen nicht sehr hochgradig sein.

Beispiel

Das FG München hat das Überlassen eines Schießstands bereits deswegen als sportliche Veranstaltung betrachtet, weil das Schießen immer unter Aufsicht von Personen stattfand, die der Verein gestellt hatte (FG München, Urteil vom 29.01.2015, Az. 14 K 1553/12, Abruf-Nr. 144636). Damit gewährleistete der Verein einen organisatorischen Rahmen, ohne den das Schießen nicht durchgeführt werden konnte bzw. durfte. Da die Standaufsicht über alle am Schießtraining teilnehmenden Schützen ausgeübt wurde und nicht im Rahmen eines Einzeltrainings gegenüber einem einzelnen Sportler erfolgte, war nach Auffassung des FG die untere Grenze der sportlichen Veranstaltung überschritten.

Das muss dann auch für das gemeinschaftliche Training einer Mannschaft gelten. Es spielt – wie das FG München feststellt – keine Rolle, ob das Entgelt der Vereinbarung nach für die bloße Nutzung der Halle bezahlt wird. Die Tatsache, dass dort das gemeinschaftliche Training unter Aufsicht oder Anleitung eines Trainers erfolgt, qualifiziert das Nutzungsentgelt zur Teilnahmegebühr am Training – also an einer sportlichen Veranstaltung.

Ein Wahlrecht des Vereins gibt es hier nicht. Es dürfte auch fraglich sein, ob diese steuerliche Behandlung durch eine entsprechende organisatorische Änderung anders bewertet werden kann.

Die denkbare – aber ungünstige – Gestaltungsmöglichkeit

Um den Vorsteuerabzug zu sichern, wäre nur Folgendes denkbar: Die Mannschaft tritt nicht als Teil des Vereins auf, sondern als eigene Organisation (Steuerpflichtiger). Die Mannschaft mietet also die Halle an und die Zahlungen der Mitglieder gehen an die Mannschaft, die dann den Betrag gesammelt an den Verein entrichtet.

Es handelt sich dann nicht mehr um eine sportliche Veranstaltung des Vereins. Die Mannschaft ist als (BGB-Gesellschaft oder nichtrechtsfähiger Verein) nicht gemeinnützig. Sie unterfällt damit nicht der Befreiungsregelungen des § 4 Nr. 22b UStG.

Diese Gestaltung wird aber dazu führen, dass das Finanzamt die Überlassung der Halle an die Mannschaften nicht mehr als Zweckbetrieb anerkennt. Die weniger problematische Folge wäre, dass der Umsatzsteuerregelsatz gilt und damit die Mitglieder stärker belastet werden.

Sehr viel problematischer ist, dass die Halle dann ganz oder überwiegend im steuerpflichtigen Bereich genutzt wird. Das hat Folgen für die Finanzierung: Es dürfen dafür keine zweckgebundenen Mittel verwendet werden, bzw. es findet eine Überführung in den steuerpflichtigen Bereich statt, die mit nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln ausgeglichen werden muss.

Zu prüfen ist dann freilich, welche steuerlichen Folgen für die Mannschaft entstehen. Da keine Überschüsse erzielt werden, kann keine Ertragsteuerpflicht entstehen. Allerdings würden die Nutzungsentgelte der Mannschaftsmitglieder umsatzsteuerpflichtig, wenn die Kleinunternehmergrenze überschritten wird. Davon dürfte aber nicht auszugehen sein. Auch das hätte weiter keine Folgen, als dass Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgegeben werden müssten. Wegen des Vorsteuerabzugs müsste sich an der Kalkulation des Entgelts nichts ändern.

Fazit | Der Vorsteuerabzug aus Sportanlagen ist für Vereine ein problematisches Thema. Nur im Sonderfall ist er uneingeschränkt möglich. Mit Verweis auf § 4 Nr. 22b UStG kann das Finanzamt vielfach den Vorsteuerabzug verweigern oder stark einschränken. Gestaltungen (wie die o. g. oder auch die Auslagerung der Sportanlagen auf eine getrennte Gesellschaft) führen meist ertragsteuerlich zu einem ungünstigen Ergebnis. Es muss dann im Einzelfall geprüft werden, ob der (höhere) Vorsteuerabzug das rechtfertigt.

Weiterführender Hinweis
  • Sie haben in Ihrem Verein oder in Ihrer Beratung einen Zweifelsfall, für den Sie eine Expertenmeinung einholen wollen? Dann mailen Sie einfach an vb@iww.de. VB wird das gerne – anonymisiert – in der redaktionellen Berichterstattung aufgreifen und so für Mehrwert für alle Leser sorgen.

AUSGABE: VB 8/2025, S. 3 · ID: 50490026

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