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SatzungSatzungsgestaltung (Teil 2): Das Stimmrecht als Bestandteil der Mitgliederrechte und -pflichten
| Die Bedeutung der Vereinssatzung für die praktische Vereinsorganisation ist kaum zu unterschätzen. Die VB-Beitragsreihe zeigt die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. In Teil 2 geht es darum, wie Sie durch entsprechende Satzungsklauseln das Stimmrecht im Verein gestalten können. |
Die verschiedenen Arten von Mitgliederrechten
Mitgliederrechte sind Rechte, die sich aus dem Rechtsverhältnis von Verein und Mitglied ergeben. Sie sind zum einen gesetzlich geregelt. Zum anderen kann aber auch die Satzung einzelnen Mitgliedern oder Mitgliedergruppen besondere Rechte einräumen. Zu den Mitgliederrechten gehören insbesondere Mitverwaltungsrechte wie die Teilnahme an der Mitgliederversammlung, das Rede-, Antrags- und Auskunftsrecht sowie das Stimmrecht einschließlich des aktiven und passiven Wahlrechts.
Gesetzlich geregelt sind daneben auch Schutzrechte, insbesondere das Minderheitenbegehren und der Austritt aus dem Verein (mit Begrenzung der Austrittsfrist). Auch die Einsicht in die Mitgliederliste gehört dazu, wenn ein berechtigtes Interesse besteht.
Aus der Mitgliedschaft ergeben sich regelmäßig auch Vorteilsrechte wie die Nutzung der Vereinseinrichtungen und die Teilnahme an Vereinsveranstaltungen.
Wichtig | Weil es sich hier um ein Mitgliederrecht handelt, können Mitglieder von Vereinsveranstaltungen nicht per Hausrecht ausgeschlossen werden. Eine solche Sanktion muss auf mitgliedschaftlicher Ebene (Vereinsstrafe) per Satzung geregelt werden.
Möglich sind auch Vermögensrechte, etwa Ansprüche auf Anteile am Vereinsvermögen bei Auflösung des Vereins. Bei gemeinnützigem Verein muss die Satzung das aber zwingend ausschließen.
Einschränkung und Entziehung von Mitgliederrechten
Das BGB-Vereinsrecht schützt nur wenige elementare Mitgliederrechte. Die meisten Mitgliederrechte können deswegen per Satzung eingeschränkt oder entzogen werden. Dabei muss aber der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden. Dieser greift aber nicht sehr weit.
Mitgliederrechte können gruppenweise eingeschränkt werden, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt. Dazu werden per Satzung Mitgliedergruppen (z. B. aktive Mitglieder, Fördermitglieder) definiert, denen dann die entsprechenden Rechte gewährt oder entzogen werden.
Die Einschränkung oder Entziehung von Mitgliederrechten darf aber nicht willkürlich oder diskriminierend sein. So dürfen Mitglieder z. B. nicht aufgrund ihres Geschlechts oder Alters in ihren Rechten beschränkt werden. Im Einzelfall kann aber ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegen. Das gilt etwa bei geschlechts- oder altersgetrennten Sportmannschaften oder dem Ausschluss von Frauen aus dem Männerchor eines Gesangsvereins.
Unentziehbare Mitgliederrechte
Absolut unentziehbar sind nur wenige Mitgliederrechte. Das sind
- das Recht auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung, verbunden mit dem Rede-, Antrags- und Stimmrecht,
- das Recht, die Ungültigkeit von Vereinsbeschlüssen durch Klage feststellen zu lassen,
- das Minderheitenrecht auf Einberufung einer Mitgliederversammlung und
- das Austrittsrecht.
Praxistipp | Gerade das Recht auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung ist oft nicht für alle Mitglieder gewünscht, weil das einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten kann. So gibt es z. B. Vereine mit einer großen Zahl von Fördermitgliedern, die sich am aktiven Vereinsleben nicht beteiligen (sollen). Das Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung kann ihnen aber nicht entzogen werden, solange sie Mitglieder sind. Es bleibt dann nur die Möglichkeit, Förderer anders an den Verein zu binden; z. B. mittels eines Förderkreises, dessen Mitglieder regelmäßig Beiträge und Spenden zahlen, aber nicht Vereinsmitglieder sind. |
Satzungsgestaltungen zum Stimmrecht
Gestaltungsbedarf ergibt sich für Vereine insbesondere beim Stimmrecht der Mitglieder. Hier ist eine Vielzahl von Regelungen möglich. Weil diese Rechte in der Regel Gruppenrechte sind, muss die Satzung hier zunächst Mitgliedergruppen bilden und diesen dann unterschiedliche Stimmrechte zuweisen.
Wichtig | Aus den Bezeichnungen der Mitgliedergruppen ergibt sich nicht automatisch ein Entzug des Stimmrechts. So ist z. B. eine als „Fördermitglieder“ bezeichnete Mitgliedergruppe nicht zwingend stimmrechtslos, außer das ergibt sich aus der Auslegung der Satzung. Zunächst sollte die Satzung also Mitgliedergruppen definieren, i. S. v. „Der Verein hat
- ordentliche Mitglieder
- Fördermitglieder
- Gastmitglieder“ etc.
Nicht erforderlich ist die, wenn sich der Mitgliederstatus aus eindeutigen Merkmalen ergibt, wie z. B. dem Alter oder der Dauer der Mitgliedschaft.
Dauerhafter Ausschluss des Stimmrechts
Das Stimmrecht kann für die definierten Mitgliedergruppen dauerhaft ausgeschlossen werden.
Klausel / Fördermitglieder haben kein Stimmrecht |
„Fördermitglieder haben kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung.“ |
Wichtig | Das Stimmrecht schließt das aktive Wahlrecht mit ein, nicht aber das passive Wahlrecht. Sollen bestimmte Mitgliedergruppen von Ämtern ausgeschlossen sein, muss das eigens geregelt werden (sog. Amtsfähigkeit). Möglich ist es auch, das Stimmrecht an persönliche Voraussetzungen zu knüpfen. Sinnvoll ist das bei Kindern und Jugendlichen, weil hier bei Abstimmungen oft das Einverständnis der Eltern eingeholt werden muss.
Klausel / Stimmrecht Minderjähriger |
„Mitglieder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres haben kein Stimmrecht.“ |
Zeitweiliger Ausschluss des Stimmrechts
Möglich ist auch ein zeitweiliger Ausschluss des Stimmrechts. Sinnvoll sein kann z. B. eine „Probezeit“ zu Beginn der Mitgliedschaft, für die ein Stimmrechtsausschluss gilt. So kann insbesondere verhindert werden, dass eine große Zahl von Neumitgliedern unerwartet Einfluss nimmt:
Klausel / Stimmrecht und Probezeit |
„Mitglieder haben im ersten Jahr nach dem Vereinsbeitritt kein Stimmrecht“. |
Ebenfalls sinnvoll ist eine Stimmrechtsauschluss für Mitglieder, gegen die ein Ausschlussverfahren läuft:
Klausel / Stimmrecht bei Ausschlussverfahren |
„Hat der Vorstand gegen ein Mitglied ein Ausschlussverfahren eingeleitet, hat das Mitglied bis zum Abschluss des Verfahrens kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung. Der Stimmrechtsentzug beginnt mit der Mitteilung über das Ausschlussverfahren an das Mitglied.“ |
Denkbar wäre auch, dass der Stimmrechtsausschluss als Vereinsstrafe verhängt wird. Das setzt aber eine hinreichende Definition der Tatbestände voraus, für die das gelten soll. Zudem darf ein Stimmrechtsentzug nicht wegen Bagatellvergehen verhängt werden, weil er dann als wesentlicher Eingriff in die Mitgliederrechte unangemessen („grob unbillig“) sein kann. Ein zeitweiliger Stimmrechtausschluss bietet sich deswegen vor allem bei Tatbeständen an, die leicht objektiv feststellbar sind:
Klausel / Zeitweiliger Stimmrechtsausschluss |
„Mitglieder die mit der Beitragszahlung trotz Mahnung mehr als zwei Monate im Rückstand sind, haben in der Mitgliederversammlung kein Stimmrecht.“ |
Partieller Stimmrechtsausschluss
Der Schutz vor wesentlichen Eingriffen in die Vereinsorganisation durch Mitgliedergruppen kann auch mittels eines partiellen Stimmrechtsausschlusses gewährleistet werden. So kann das Stimmrecht bei Satzungsänderungen oder der Vereinsauflösung bestimmten Mitgliedergruppen entzogen werden:
Klausel / Partieller Stimmrechtsausschluss |
„Bei Beschlüssen über Satzungsänderungen oder die Auflösung des Vereins haben nur ordentliche Mitglieder ein Stimmrecht.“ |
Das gleiche kann für Wahlen geregelt werden (z. B. die Vorstandsbesetzung):
Klausel / Stimmrecht für Vorstandswahl |
„Bei der Wahl des Vorstands (oder allgemein von Vereinsorganen) haben nur ordentliche Mitglieder ein Stimmrecht.“ |
Sonderstimmrechte
Denkbar ist auch ein Vetorecht von Mitgliedergruppen. Das sollte dann aber so geregelt werden, dass nicht alle bevorrechtigten Mitglieder zustimmen müssen, damit ein Beschluss nicht an einzelnen Personen scheitern kann:
Klausel / Besondere Mehrheitserfordernisse |
„Beschlüsse über Satzungsänderungen oder die Auflösung des Vereins bedürfen der Zustimmung von drei Vierteln der ordentlichen Mitglieder.“ |
Übertragung des Stimmrechts
Nach dem BGB-Vereinsrecht muss ein Mitglied sein Stimmrecht persönlich ausüben. Eine Übertragung ist deshalb nur möglich, wenn die Satzung das ausdrücklich vorsieht. Damit eine kontrollierte Stimmauszählung sichergestellt ist, sollte die Satzung ein entsprechendes Verfahren vorgeben.
Klausel / Übertragung des Stimmrechts |
„Eine Übertragung des Stimmrechts ist nur mit schriftlicher Vollmacht möglich. Die Vollmacht muss dem Versammlungsleiter vor Beginn der Versammlung vorgelegt werden.“ |
Sinnvoll ist es auch, die Stimmzahl je Mitglied zu begrenzen:
Klausel / Begrenzung der Stimmzahl je Mitglied |
„Kein Mitglied kann mehr als drei Stimmen auf sich vereinigen.“ |
Eine Stimmrechtsübertragung enthält grundsätzlich kein imperatives Mandat, auch wenn eine solche Stimmbindung zwischen Vollmachtgeber und Vertreter vereinbart werden kann. Um einen Missbrauch zu verhindern und die Stimmauszählung einfacher zu machen, kann die Satzung regeln, dass die Stimmen nur einheitlich abgegeben werden können:
Klausel / Einheitliche Stimmabgabe |
„Die eigene und die übertragenen Stimmen können nur einheitlich abgegeben werden.“ |
Mehrfachstimmrechte
Um die Mitbestimmungsrechte bestimmter Mitgliedergruppen zu stärken, ist statt eines Stimmrechtsentzugs für die anderen Gruppen auch eine höhere Stimmgewichtung möglich. So können z. B. Gründungsmitglieder oder die vorher definierte Gruppe der aktiven/ordentlichen Mitglieder ein Mehrfachstimmrecht haben:
Klausel / Gewichtung von Stimmen |
„Gründungsmitglieder ... (aktive Mitglieder etc.) haben in der Mitgliederversammlung ein doppeltes Stimmrecht.“ |
Stimmverbot
Um Interessenkonflikte zu begrenzen, regelt § 34 BGB ein Stimmverbot für Mitglieder, die selbst an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind, über das beschlossen wird. Das gilt auch für den Vorstand. Es betrifft aber nur Rechtsgeschäfte und -streitigkeiten mit dem jeweiligen Mitglied selbst. Befangenheit oder Interessenskollision können aber auch in anderen Fällen vorliegen (z. B. bei Verträgen mit Familienmitgliedern). Es ist deshalb sinnvoll, das Stimmverbot über die gesetzliche Vorgabe des § 34 BGB hinaus zu erweitern.
Klausel / Adressaten des Stimmverbots |
„Das Stimmverbot des § 34 BGB gilt für Mitglieder und Vorstandsmitglieder auch bei Rechtsgeschäften, die Ehepartner, Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad betreffen.“ |
Stichentscheidungsrecht
Bei Vereinen mit wenigen Mitgliedern kann es bei Beschlüssen und Wahlen zu einer Stimmengleichheit kommen. Die Lösung lautet: Stichentscheidung:
Klausel / Entscheidungen bei Stimmgleichheit |
„Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorstandsvorsitzenden, im Fall seiner Verhinderung die des stellvertretenden Vorsitzenden.“ |
- Beitrag „Die Satzungsgestaltung im Verein (Teil 1): Der rechtliche Rahmen“, VB 3/2025, Seite 14 → Abruf-Nr. 50314340
AUSGABE: VB 4/2025, S. 15 · ID: 50367062