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MusterfallSponsoring durch Überlassen von Nutzungsrechten: Das sind die Steuerfolgen für den Verein

Abo-Inhalt01.08.2024845 Min. Lesedauer

| Gemeinnützige Einrichtungen nutzen für die Finanzierung ihrer Tätigkeiten vielfältige Formen des Sponsorings. Die steuerliche Bewertung kann dabei im Einzelfall sehr unterschiedlich sein, wie der folgende Musterfall zeigt. |

Der Fall aus der Praxis

Ein gemeinnütziger Verein mit dem Satzungszweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens hat ein Toolkit für adipöse Patienten entwickelt. Es enthält Druckvorlagen zu Informationsmaterialien für die Beratung, Schulung und Begleitung adipöser Patienten.

Die Finanzierung der Kosten für die Entwicklung und Erstellung der Materialien erfolgt über Pharmafirmen als Sponsoren, die das Toolkit unter eigenem Namen und Logo u. a. über Arztpraxen verteilen. Die Sponsoren kommen selbst für die Druckkosten auf; der Verein stellt nur die Vorlagen.

Dem Verein stellt sich die Frage, wie er die Einnahmen ertrag- und umsatzsteuerlich behandeln muss. Konkret heißt das, ob die Einnahmen in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb fallen oder als Vermögensverwaltung oder Zweckbetrieb begünstigt sein können?

Die vertragsrechtliche Einordnung des Sponsorings

Sponsoringverträge können eine Vielzahl von typischen (gesetzlich geregelten) oder atypischen Vertragsarten darstellen (BFH, Urteil vom 23.03.2023, Az. III R 5/22, Abruf-Nr. 235221). Im vorliegenden Fall sind die Zahlungen der Sponsoren eine Vergütung für die Überlassung von Nutzungsrechten an dem Toolkit. Als Text- und Grafikwerk ist es ein typisches urheberrechtlich geschütztes Werk. Voraussetzung bei solchen Werken ist, dass sie durch eine persönliche geistige Leistung entstanden sind. Das steht hier nicht in Frage.

Der Verkauf von Urheberrechten ist nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) ausgeschlossen, da das Recht selbst immer nur beim ursprünglichen Ersteller liegen kann. Möglich ist aber eine zeitlich begrenzte Überlassung dieser Rechte. Darum handelt es sich hier.

Rechteüberlassung als Vermögensverwaltung?

Ob die Überlassung von Urheberrechten eine vermögensverwaltende Tätigkeit sein kann, haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht geklärt.

So wird Vermögensverwaltung in § 14 AO definiert

Die allgemeine steuerrechtliche Definition des Begriffs Vermögensverwaltung findet sich in § 14 AO. Demnach liegt eine Vermögensverwaltung „in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, z. B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.Diese Definition ist schon dem Wortlaut nach nur beispielhaft. Sie stellt aber klar, dass typischerweise Kapitalerträge und die Vermietung und Verpachtung von Immobilien in die Vermögensverwaltung fallen. In diesen Sinn definiert die Finanzverwaltung Vermögensverwaltung als „Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten“ (R 15.7 Abs. 1 S. 2 EStR).

Das spricht gegen die Einordnung als Vermögensverwaltung

Steuerrechtlich spezifiziert wird der Begriff der Vermögensverwaltung im Einkommensteuerrecht bezüglich der Abgrenzung zum Gewerbebetrieb. Zwar kann auch die Überlassung von Urheberrechten nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG unter die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fallen. Ob dann analog zur Vermietung von Immobilien Vermögenseinkünfte vorliegen, ist nicht geklärt. Bei Einzelpersonen liegen hier aber regelmäßig Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vor. Analog wären das bei einem Verein gewerbliche Einkünfte. Deswegen wird fraglich sein, ob die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten eine vermögensverwaltende Tätigkeit ist.

Gegen eine Vermögensverwaltung spricht auch, dass die Nutzungsrechte im vorliegenden Fall an mehrere Sponsoren überlassen werden. Eine Überlassung von Grundstücken im Rahmen einer Vermietung und Verpachtung erfolgt dagegen regelmäßig exklusiv.

Es wird sich also um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handeln, der darauf zu überprüfen ist, ob er die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb erfüllt.

Rechteüberlassung als Zweckbetrieb?

Ob die Überlassung der Nutzungsrechte ein Zweckbetrieb sein kann, richtet sich nach den Vorgaben des § 65 AO für allgemeine Zweckbetriebe, weil eine einschlägige Regelung für einen besonderen Zweckbetrieb nach § 66 bis 68 AO für diese Leistung fehlt.

§ 65 AO stellt an einen Zweckbetrieb folgende Anforderungen

  • Zweckverwirklichung: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss in seiner Gesamtrichtung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Was Zweckbetrieb ist, hängt also unmittelbar von den Satzungszwecken ab.
  • Zwecknotwendigkeit: Der Zweckbetrieb muss für die Erreichung der Satzungszwecke notwendig sein, d. h. die Zwecke können nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden.
  • Konkurrenzklausel: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

1. Das Kriterium „Zweckverwirklichung“

Ob ein Zweckbetrieb die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwirklicht, lässt sich in Bezug auf die Satzungszwecke in der Regel leicht klären. Der gemeinnützige Satzungszweck und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb müssen dabei eine Einheit bilden, sodass sich der Vereinszweck mit der Unterhaltung des Geschäftsbetriebes deckt und in ihm unmittelbar seine Erfüllung findet (FG Hamburg, Urteil vom 27.02.2004, Az. VII 58/04, Abruf-Nr. 234738).

Zu den typischen satzungsbezogenen Tätigkeiten im Rahmen der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens gehören neben konkreten medizinischen Leistungen die Beratung, Aufklärung und Information der Betroffenen. Die Herausgabe entsprechender Informationsmaterialien ist also eng mit den Satzungszwecken verbunden.

Es steht damit nicht in Zweifel, dass die Erstellung und Verbreitung der genannten Informationsmaterialien der Verwirklichung der Satzungszwecke dient.

2. Das Kriterium „Zwecknotwendigkeit“

Der Zweckbetrieb muss für die Erreichung der Satzungszwecke notwendig sein, d. h. die Zwecke können nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden. Die Körperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benötigen (AEAO, Ziff. 2 zu § 55).

Die Bewertung der Zwecknotwendigkeit zielt hier auf die Tätigkeit selbst, nicht auf ihre Finanzierung. Umgekehrt spielt die Entgeltfrage bei der Bewertung der Zwecknotwendigkeit grundsätzlich keine Rolle. Deswegen ist es hier zunächst ohne Bedeutung, dass das Toolkit aus Sponsoringmitteln und nicht aus Zuschüssen oder dem Einzelverkauf an Betroffene finanziert wird.

Es ist also ohne Belang, ob eine Verbreitung des genannten Adipositas-Toolkits auch ohne die Zahlungen der Sponsoren möglich wäre. Entscheidend ist, dass sie für die Erreichung der Satzungszwecke notwendig ist. Das steht aber nicht in Frage.

Dabei spielt es soweit keine Rolle, ob es auch andere Anbieter gibt, die ähnliche Leistungen erbringen. Das spielt lediglich für den Wettbewerb zu aktuellen oder potenziellen Konkurrenten eine Rolle. Das Verhältnis zu Dritten betrifft nach der Gesetzessystematik nicht § 65 Nr. 2 AO, sondern das Konkurrenzverbot des § 65 Nr. 3 AO (BFH, Beschluss vom 15.03.2022, Az. V R 46/19, Abruf-Nr. 230481).

Ebenfalls keine Rolle spielen kann, ob die Verbreitung der Informations- und Schulungsmaterialien über Dritte (hier die Sponsoren) erfolgt. Sie erhöht im Gegenteil den Verbreitungsgrad und macht den Betroffenen die Materialien kostenfrei zugänglich, was andernfalls evtl. nicht möglich wäre. Die Form der Verbreitung spricht also ebenfalls für die Zwecknotwendigkeit.

3. Das Kriterium „Konkurrenzklausel“

§ 65 Nr. 3 AO verlangt schließlich noch, dass der betreffende wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten darf, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Schädlich ist also lediglich ein vermeidbarer Wettbewerb. Dabei muss abgewogen werden zwischen der (absolut meist unvermeidbaren) Wettbewerbswirkung und der Bedeutung der wirtschaftlichen Tätigkeit für das Erreichen der Satzungszwecke.

Der BFH hat klargestellt, dass die Konkurrenzklausel nicht allgemein verstanden werden darf, sondern dass es auf den konkreten Fall und die speziellen Marktbedingungen ankommt. Dafür ist eine Reihe von Fragen zu prüfen. Auf diese Weise wird abgewogen zwischen der Förderung der Allgemeinheit und dem Aspekt der Wettbewerbsgleichheit. Wem der Vorrang einzuräumen ist, richtet sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten (BFH, Urteil vom 15.12.1993, Az. X R 115/91, Abruf-Nr. 234739). Die Fragen sind dabei insbesondere:

  • 1. Wird derselbe Kundenkreis erreicht?
  • 2. Ist die Art der Finanzierung die gleiche?
  • 3. Würde ein kommerzieller Wettbewerber die gleiche Tätigkeit erbringen?

Diese Fragen können für die genutzte Verbreitungsform des Adipositas-Toolkits verneint werden. Als Wettbewerber kämen insbesondere Verlage und der Buchhandel in Frage. Hier wird gelten:

  • 1. Der über die kostenfreie Verteilung über Arztpraxen und ähnliche Einrichtungen erreichte Nutzerkreis ist ein anderer als etwa der über den Buchhandel oder den Direktvertrieb durch einen Verlag.
  • 2. Die Finanzierung erfolgt nicht über Verkaufserlöse, wie im Buchhandel, sondern aus Drittmitteln der Sponsoren. Sie unterscheidet sich also grundlegend von der der typischen Konkurrenten.
  • 3. Zwar können (potenzielle) gewerbliche Wettbewerber ähnliche Produkte anbieten. Sie würde aber (schon weil die Abgabe nicht kostenfrei erfolgt) andere Vertriebswege wählen. Zu prüfen wäre schließlich auch, ob überhaupt vergleichbare Produkte auf dem Markt sind.

Ob die Entgelte für die Tätigkeit lediglich kostendeckend sind, spielt keine Rolle. Dass kommerzielle Wettbewerber anders als gemeinnützige eine Gewinnerzielungsabsicht haben, genügt also nicht als Abgrenzungskriterium. Auch das Wirtschaften nach dem Kostendeckungsprinzip führt als solches schon zu einer vermeidbaren Wettbewerbsbeeinträchtigung, wenn nicht ein vorrangiges Allgemeininteresse besteht (BFH, Urteil vom 15.12.1993, Az. X R 115/91, Abruf-Nr. 234739).

Es ist entsprechend ohne Bedeutung, ob die Zahlungen der Sponsoren die Kosten der Entwicklung und Erstellung der Materialien lediglich decken oder darüber hinaus Überschüsse erwirtschaftet werden.

Kann das Sponsoring ein Zweckbetrieb sein?

Ein Einwand des Finanzamts könnte sein, dass der in Frage stehende wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nicht der Vertrieb des Toolkits, sondern dessen werbliche Nutzung durch die Sponsoren ist. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Dagegen lässt sich aber einwenden, dass die Sponsoren den Vertrieb der Materialien übernehmen (der unmittelbar den Satzungszwecken dient) und nicht lediglich – wie bei Sponsorships sonst üblich – einen Imageeffekt durch die bloß finanzielle Unterstützung einer gemeinnützigen Einrichtung erreichen.

Wichtig | Natürlich ist die hier dargestellte steuerliche Bewertung des Sponsoringfalls nicht völlig rechtssicher. Sie liefert aber eine „Falllösung“, die für das Finanzamt plausibel sein sollte. Vielfach folgen die Finanzämter einer solchen Argumentation, wenn es um gemeinwohlorientierte Tätigkeiten geht.

Die umsatzsteuerliche Bewertung

Da es sich – wie gezeigt – im vorliegenden Fall um eine Übertragung von Rechten handelt, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, greift die einschlägige Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG.

Begünstigt sind danach Leistungen, die nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) vorgesehenen Rechtseinräumungen usw. zum Inhalt haben. Das betrifft u. a. die Einräumung und Übertragung von Verwertungsrechten durch den Urheber oder den Nutzungsberechtigten an Dritte (z. B. an Verleger oder Verwertungsgesellschaften). Das Urheberrecht als solches ist grundsätzlich nicht übertragbar.

Nach § 2 UrhG unterliegen u. a. Schriftwerke dem Urheberrecht. Nach dem Urheberrecht entstehen aus der Schaffung eines Werks die verschiedensten Rechte, wobei jedes Recht für sich Gegenstand der Steuerermäßigung sein kann. Hier sind das das Vervielfältigungsrecht und das Verbreitungsrecht. Ob die Steuerermäßigung des § 12 A bs. 2 Nr. 8a UStG für Zweckbetriebe greift, muss also nicht näher geprüft werden, weil bereits die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG einschlägig ist.

Fazit | Da die umsatzsteuerliche Bewertung eindeutig ist, besteht lediglich bei der ertragssteuerlichen Bewertung dieses Sponsoringfalls als Zweckbetrieb ein Risiko der Nachversteuerung durch das Finanzamt. Dieses Risiko ist vertretbar, weil die steuerliche Bewertung keineswegs eindeutig ist und die ertragsteuerliche Behandlung ohnehin ex post erfolgt. Dem Verein wäre evtl. zu raten, eine Rückstellung für die mögliche Körperschaft- und Gewerbesteuernachzahlung zu bilden.

Weiterführender Hinweis
  • Sie haben in Ihrer Vereinspraxis auch einen Fall, für den Sie eine „gutachtenähnliche Stellungnahme“ gebrauchen können? Schildern Sie ihn einfach der Redaktion → vb@iww.de und profitieren Sie vom VB-Expertennetzwerk.

AUSGABE: VB 8/2024, S. 15 · ID: 50110896

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