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VereinsrechtMitgliedschaftliche Arbeitspflichten: Arbeitsschutzrecht beachten
| Auch wenn Arbeitsleistungen in Vereinen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung erbracht werden, dürfen arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen nicht umgangen werden. Das hat das OLG Schleswig-Holstein klargestellt. |
Im konkreten Fall hatte ein Verein für Kanalsteurer auf dem Nord-Ostsee-Kanal die von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes eingezogenen Entgelte für die Kanalsteurer an seine Mitglieder ausgeschüttet. Der Verein änderte seine Satzungsklausel zur Vergütung der Kanalsteurer dahingehend, dass eine bestimmte Gehaltsgruppe den Verdienst um 30 Prozent gekürzt bekam. Dagegen klagte ein Mitglied und bekam vor dem OLG Recht. Der Beschluss der Mitgliederversammlung habe die schutzwürdigen Belange des Mitglieds unangemessen beeinträchtigt. Er habe gegen § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) verstoßen. Der Verein umging zudem zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften. Wäre das Mitglied aufgrund eines Arbeitsvertrags und nicht aufgrund der Vereinsmitgliedschaft tätig geworden, wäre es vor einer einseitigen Gehaltskürzung geschützt gewesen. Der Verein hätte die Vergütung lediglich im Rahmen einer Änderungskündigung – mit gesetzlichen Mindestkündigungsfristen nach § 622 BGB – kürzen können (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.02.2023, Az. 9 U 127/22, Abruf-Nr. 235976).
Praxistipp | Satzungen sehen in der Regel keine vergüteten Arbeitspflichten vor. Grundsätzlich wäre das aber vereinsrechtlich zulässig. Für Leistungen, die im Rahmen einzelvertraglicher Verpflichtungen erbracht werden, gilt dagegen ohnehin Arbeitsrecht – wenn sie nicht lediglich ganz geringfügig vergütet und damit „ehrenamtlich“ erbracht werden. |
AUSGABE: VB 7/2023, S. 1 · ID: 49581262