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BilanzBilanzierungswahlrechte kennen – und steuergestaltend ausüben
| Der Totalgewinn ist von der Aufnahme bis zur Beendigung einer Tätigkeit immer identisch – unabhängig von der Art der Gewinnermittlung. Allerdings gibt es eine Vielzahl steuerlicher Wahlrechte, mit denen Sie aktiv und legal den Gewinn von einer Periode in eine andere Periode verschieben können. Der Vorteil: Durch den progressiven Einkommensteuersatz können so einfach Steuern gespart werden. Deshalb macht Sie SSP in einer Serie mit den praxisrelevantesten steuerlichen Wahlrechten vertraut. In Teil 1 erfahren Sie zunächst, welche Steuervorteile Wahlrechte effektiv bringen. |
Das kennzeichnet Bilanzierungswahlrechte
Bei der Aufstellung Ihrer Bilanz sind Sie durch HGB und EStG an feste Regeln gebunden. Aber es gibt Ausnahmen. Denn für bestimmte Wirtschaftsgüter, Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten stehen Ihnen für steuerliche Zwecke Bilanzierungswahlrechte – auch Ansatzwahlrechte genannt – zu. Diese ermöglichen es Ihnen, die Höhe des ausgewiesenen Gewinns aktiv zu beeinflussen.
Indem Sie Wahlrechte ausüben, können Sie also den Gewinn einer Periode
- aktiv reduzieren, z. B. durch die Vornahme einer Sonderabschreibung. In den folgenden Perioden erzielen Sie dadurch als Umkehreffekt einen höheren Gewinn, da die weitere Abschreibung geringer ausfällt.
- aktiv erhöhen, z. B. indem bisher gebuchte degressive Abschreibungen durch die lineare Abschreibung ersetzt werden. In den folgenden Perioden erzielen Sie dadurch als Umkehreffekt einen geringeren Gewinn.
Bilanzierungswahlrechte existieren sowohl für die Handels- als auch für die Steuerbilanz. Die für die Handelsbilanz zulässigen Wahlrechte haben für die Besteuerung jedoch keine Bedeutung. Denn aus einem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht folgt für die Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot und aus einem handelsrechtlichen Passivierungswahlrecht ergibt sich für die Steuerbilanz ein Passivierungsverbot (BMF, Schreiben vom 12.03.2010, Az. IV C 6 – S 2133/09/10001, Abruf-Nr. 101099).
Anders sieht das bei den Bilanzierungswahlrechten aus, die für die Steuerbilanz gelten. Diese können nämlich unabhängig von der Bilanzierung in der Handelsbilanz gewählt werden und wirken sich deshalb sofort für Zwecke der Besteuerung aus. Gleiches gilt für Wahlrechte, die sowohl für die Handels- als auch für die Steuerbilanz bestehen. Diese Wahlrechte können in der Steuerbilanz nämlich abweichend von der Handelsbilanz ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. EStG). Die in der Praxis relevantesten Wahlrechte für die Steuerbilanz finden Sie in der folgenden Übersicht:
Wahlrechte in der Steuerbilanz mit der höchsten Praxisrelevanz | |
§ 5 Abs. 5 S. 2 EStG | Eine aktive oder passive Rechnungsabgrenzung kann unterbleiben, wenn die Einnahme oder Ausgabe den Betrag für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG) nicht übersteigt. |
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG | Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens können bei dauernder Wertminderung auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG) abgeschrieben werden. |
§ 6 Abs. 2 EStG | Geringwertige Wirtschaftsgüter können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sofort und in voller Höhe abgesetzt werden. |
§ 6 Abs. 2a EStG | Für gewisse Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann ein Sammelposten gebildet und dieser linear abgeschrieben werden. |
R 6.5 Abs. 2 EStR | Werden Anlagegüter mit Zuschüssen aus öffentlichen oder privaten Mitteln angeschafft oder hergestellt, können die Zuschüsse als Betriebseinnahme oder steuerneutral durch eine Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten behandelt werden. |
R 6.6 EStR | Die Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven kann in bestimmten Fällen der Ersatzbeschaffung vermieden werden, indem die stillen Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden. |
§ 6b EStG | Stille Reserven aus der Veräußerung bestimmter Anlagegüter lassen sich zur Vermeidung der Besteuerung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten anderer bestimmter Wirtschaftsgüter übertragen. |
§ 7 Abs. 2 EStG | Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens können bei Anschaffung in vorgegebenen Zeiträumen wahlweise degressiv – anstatt linear – abgeschrieben werden. |
§ 7 Abs. 5a EStG | Wohngebäude können bei Erfüllung fest definierter Voraussetzungen degressiv – anstatt linear – abgeschrieben werden. |
§ 7b EStG | Für Wohngebäude können Sonderabschreibungen zulässig sein. |
§ 7g Abs. 1 EStG | Für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können gewinnmindernde Investitionsabzugsbeträge gebildet werden. |
§ 7g Abs. 5 EStG | Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind Sonderabschreibungen von bis zu insgesamt 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich. |
Grundvoraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere Verzeichnisse aufgenommen werden, die fortlaufend geführt werden. Die Verzeichnisse sind Bestandteil der Buchführung. Sie müssen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG enthalten
- den Tag der Anschaffung oder Herstellung,
- die Anschaffungs- oder Herstellungskosten,
- die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und
- die vorgenommenen Abschreibungen.
Eine besondere Form der Verzeichnisse ist nicht vorgeschrieben. Sind die Angaben bereits – wie in der Praxis typisch – im Anlagenverzeichnis oder in einem Verzeichnis für geringwertige Wirtschaftsgüter enthalten, oder wird das Anlagenverzeichnis um diese Angaben ergänzt, ist diese Dokumentation ausreichend. Zudem genügt es, wenn die Aufstellung der Verzeichnisse nach Ablauf des Jahres im Rahmen der Erstellung der Steuererklärung erfolgt.
Wichtig | Bei der Ausübung steuerlicher Wahlrechte für Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens ist eine gesonderte Aufzeichnung nicht erforderlich, weil diese in der Handelsbilanz ohnehin nicht aufgeführt werden.
So tragen Bilanzierungswahlrechte zur Steuerersparnis bei
Würde sich Ihr Gewinn in jedem Jahr auf einen identischen Betrag belaufen, dann könnten Sie durch die aktive Bilanzgestaltung nur Liquiditäts- und damit verbunden Zinsvorteile generieren. Denn der Steuersatz wäre in jedem Jahr – unter der Prämisse, dass sich § 32a EStG nicht ändert – identisch.
Allerdings entspricht dieser Umstand nicht der Realität. Normalerweise schwankt der Gewinn von Jahr zu Jahr – insbesondere durch Sondereffekte wie etwa dem Verkauf von Immobilien. Das führt dazu, dass Sie in Jahren mit hohen Gewinnen überproportional mehr Steuern zahlen müssen als Sie in den Jahren mit geringen Gewinnen an Steuern einsparen. Schuld daran ist der in § 32a EStG verankerte progressive Steuersatz.
Beispiel 1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Unternehmer A erzielt über fünf Jahre insgesamt ein zu versteuerndes Einkommen von 250.000 Euro. In Variante a) schwankt das zu versteuernde Einkommen. In Variante b) bleibt es linear gleich.
Folge: Nur wegen der schwankenden Gewinne werden über fünf Jahre in Variante a) in Summe 4.458 Euro mehr Steuern bezahlt als in Variante b). Ziel von Bilanzierungswahlrechten sollte also sein, die schwankenden Gewinne auszugleichen, sodass sich ein lineares zu versteuerndes Einkommen ergibt. |
Wichtig | Dieses Prinzip gilt für Einzelunternehmer und Gesellschafter einer Personengesellschaft. Kapitalgesellschaften unterliegen selbst der Besteuerung. Für sie gilt das Phänomen der zunehmenden Steuerbelastung bei schwankenden Gewinnen nicht. Denn der Körperschaftsteuersatz beträgt immer 15 Prozent (§ 23 Abs. 1 KStG), GewSt-Hebesätze ändern sich selten.
Beispiele für die Effektivität der Bilanzierungswahlrechte
Beispiel 2 |
B ist verheiratet und erzielt normalerweise einen Gewinn von 60.000 Euro. Sonderausgaben hat er in Höhe von 10.000 Euro, sodass sein zu versteuerndes Einkommen gewöhnlich 50.000 Euro beträgt. 2024 konnte er wegen Sondereffekten einen Zusatzgewinn von 100.000 Euro erzielen (Gesamtgewinn = 160.000 Euro). So können Einzel-
unternehmer und ... |
Gestaltung zu Beispiel 2 |
... Gesellschafter von Personengesellschaften ... Lösung: Nun beträgt das zu versteuernde Einkommen jährlich 70.000 Euro, die jährliche Steuerbelastung 11.782 Euro. Binnen fünf Jahren sind insgesamt 58.910 Euro zu zahlen. Im Vergleich zu Beispiel 2 beträgt die Ersparnis 7.651 Euro. Hinzu kommen noch Zins- und Liquiditätsvorteile durch spätere Steuerzahlungen. |
Beispiel 3 |
... ihren zu versteuernden Gewinn ... Lösung: Die Einkommensteuer für 2024 beträgt 104.726 Euro. Für 2025 muss C unter Berücksichtigung des für den Veräußerungsgewinn geltenden ermäßigten Steuersatzes (§ 34 Abs. 3 EStG) 77.941 Euro zahlen. Summe: 182.667 Euro. |
Gestaltung zu Beispiel 3 |
... optimal periodengerecht verteilen Lösung: 2024 reduziert sich das zu versteuernde Einkommen von 300.000 Euro auf 150.000 Euro. Die Einkommensteuer beträgt nun 41.726 Euro. 2025 steigt dafür der tarifermäßigt besteuerte Veräußerungsgewinn von 350.000 auf 500.000 Euro. Denn die Auflösung der § 6b-Rücklage erhöht den Veräußerungsgewinn. Dadurch steigt die Einkommensteuer für 2025 auf 112.815 Euro. Summe: 154.541 Euro. Im Vergleich zu Beispiel 3 spart er 28.126 Euro. Die Ersparnis resultiert daraus, dass für den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks über 150.000 Euro die in § 34 Abs. 3 EStG verankerte Tarifermäßigung genutzt wird. |
- In den nächsten Ausgaben stellt Ihnen SSP die einzelnen Wahlrechte für die Steuerbilanz im Detail vor. Außerdem erfahren Sie, welche Wahlrechte sich auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nutzen lassen.
AUSGABE: SSP 2/2025, S. 22 · ID: 50227636