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Betriebsausgaben/WerbungskostenHäusliches Arbeitszimmer: So unterscheidet es sich von „betrieblich genutzten Räumen“

Abo-Inhalt26.09.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Um Aufwendungen für betrieblich genutzte häusliche Arbeitszimmer steuerlich geltend machen zu können, müssen Sie besondere Aufzeichnungspflichten erfüllen. So will es § 4 Abs. 7 EStG. Diese lästige und aufwändige Pflicht gilt nicht für Räume, die betrieblich genutzt werden. Diese sind „aufzeichnungstechnisch“ also sozusagen privilegiert. Aber was unterscheidet betrieblich genutzte Räume von einem betrieblich genutzten häuslichen Arbeitszimmer? Was ist steuerlich besser und wo lauern Steuer- fallen? Genau das fragt sich auch ein SSP-Leser. |

Das betrieblich genutzte häusliche Arbeitszimmer

Ein häusliches Arbeitszimmer, das betrieblich genutzt wird, ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in Ihre häusliche Sphäre eingebunden ist. Der Raum gehört also zu Ihrer privaten Wohnung. Dieser Raum muss vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dienen – also klassischen Büroarbeiten. Er kann aber auch für geistige, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeiten genutzt werden.

Eine private Mitbenutzung ist unschädlich, solange diese weniger als zehn Prozent beträgt. Deshalb sind Aufwendungen für eine Arbeitsecke, also einen nur betrieblich genutzten Teil eines Raums, per se vom Abzug ausgeschlossen. Ein häusliches Arbeitszimmer ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH, Beschluss vom 27.07.2015, Az. GrS 1/14, Abruf-Nr. 183407).

Beispiele für betrieblich genutzte häusliche Arbeitszimmer

Betrieblich genutzte häusliche Arbeitszimmer liegen bspw. vor, wenn
  • ein selbstständiger Handelsvertreter, Schriftsteller, Übersetzer oder Journalist für seine Arbeit ausschließlich einen in seiner privaten Wohnung befindlichen Raum als Büro nutzt oder
  • ein Unternehmer außerhalb seines Betriebs in einem Raum in seiner privaten Wohnung Büroarbeiten erledigt.
Praxistipp | Befindet sich der Raum außerhalb der häuslichen Wohnung und wurde er zusätzlich angemietet, z. B. ein zusätzlich angemieteter Raum im Keller eines Mehrfamilienhauses oder ein Raum im Nachbargebäude, dann handelt es sich um ein außerhäusliches Arbeitszimmer. Dieses ist wie betrieblich genutzte Räume ohne Beschränkungen abzugsfähig (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 5).

Das macht „betrieblich genutzte Räume“ aus

Betrieblich genutzte Räume zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen. Das gilt selbst dann, wenn diese ihrer Lage nach mit Ihrer Wohnung verbunden und so in Ihre häusliche Sphäre eingebunden sind. Auch hier darf die private Mitbenutzung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein, damit sich abzugsfähige Betriebsausgaben ergeben (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Rz. 6).

Beispiele für betrieblich genutzte Räume

  • Betrieblich genutzte Räume liegen z. B. vor bei
    • einem in die häusliche Wohnung eingebundenen Foto- oder Tonstudio,
    • Behandlungs- und Praxisräumen,
    • Räumen zur Auftragsannahme,
    • Räumen, in denen eigene Angestellte arbeiten,
    • Lager- und Ausstellungsräumen.
  • Den Betriebsräumen zuzuordnen sind auch Räume mit intensivem und dauerhaftem Publikumsverkehr. Das ist z. B. der Fall
    • bei einer Steuerberaterkanzlei in der privaten Wohnung, wenn in den Büroräumen auch die Mandantengespräche stattfinden;
    • bei einer Arztpraxis in der privaten Wohnung, wenn die Räume für Patientenbesuche und -untersuchungen eingerichtet sind.

Wichtig | Allein der Umstand, dass die Patienten/Mandanten/Kunden die in die Wohnung integrierten Räume nur über den Flur erreichen können, der dem privaten Bereich zuzuordnen ist, begründet keine Abzugsbeschränkung oder Einordnung der Räume als häusliches Arbeitszimmer (BFH, Urteil vom 29.01.2020, Az. VIII R 11/17, Abruf-Nr. 216749).

Welche Einstufung bietet bessere Abzugsmöglichkeiten?

Die Einstufung als betrieblich genutzte Räume im Vergleich zum Arbeitszimmer offeriert bessere Abzugsmöglichkeiten. Denn auf diese Räume entfallende Aufwendungen sind ohne Beschränkung als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Im Gegensatz dazu sind bei einem betrieblich genutzten häuslichen Arbeitszimmer noch einige Hürden zu nehmen. Zunächst muss für das Arbeitszimmer ermittelt werden, ob es den Mittelpunkt Ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Das ist der Fall, wenn im Arbeitszimmer nach Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkrete Tätigkeit wesentlich und prägend sind.

Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt im Rahmen dieser Würdigung lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Üben Sie mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, dann ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen. Vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen, wobei Versorgungsbezüge unberücksichtigt bleiben (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 12 ff).

Beispiele für Arbeitszimmer als Mittelpunkt der Tätigkeit

Das häusliche Arbeitszimmer stellt den Mittelpunkt der Tätigkeit dar, wenn
  • ein Schriftsteller im Arbeitszimmer die Texte für seine Bücher oder Aufsätze verfasst,
  • ein Vertreter seiner Tätigkeit überwiegend aus dem Arbeitszimmer heraus nachgeht, weil er seine Kunden online/telefonisch ermittelt und betreut.

Sollte der Mittelpunkt nicht im betrieblich genutzten Arbeitszimmer liegen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen seit 2023 nicht mehr abzugsfähig. Es kann dann maximal die Homeoffice-Pauschale geltend gemacht werden. Im anderen Fall – der Mittelpunkt liegt im Arbeitszimmer – haben Sie ein Wahlrecht: Entweder Sie setzen eine jährliche Pauschale von 1.260 Euro als Betriebsausgaben ab oder die tatsächlichen – auf das Arbeitszimmer entfallenden – Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG). Bei Abzug der tatsächlichen Aufwendungen haben Sie jedoch die Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs. 7 EStG zu beachten, wenn es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handelt.

Das Steuerrisiko „stille Reserven“

Auch wenn betrieblich genutzte Räume im Vergleich zum Arbeitszimmer Vorteile bieten, haben sie eine wichtige Gemeinsamkeit. Beide bieten erhebliche Risiken. Denn weil die Räume in beiden Fällen Betriebsvermögen darstellen, unterliegen die Wertsteigerungen der Immobilie insoweit der Besteuerung. Entweder im Falle der Entnahme ins Privatvermögen oder infolge einer Veräußerung. Hätte es sich um Privatvermögen gehandelt, unterläge der Gewinn nur nach Maßgabe des § 23 EStG der Besteuerung. Einen Rettungsanker bietet § 8 EStDV. Liegen die Voraussetzungen vor (Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 Euro), können die Räume als Privatvermögen behandelt werden – bei vollem Betriebsausgabenabzug. Alternativ hilft auch eine überwiegend private Mitbenutzung der Räume, um die Besteuerung der stillen Reserven zu vermeiden. Dann entfällt jedoch der Betriebsausgabenabzug – und es ist nur die Homeoffice-Pauschale abzugsfähig.

Fazit | Die Unterscheidung zwischen betrieblich genutzten Räumen und häuslichem Arbeitszimmer mag nicht immer leicht zu treffen sein. Allerdings sollten Sie spätestens wenn es mit dem Finanzamt zum Streit über die Themen „Mittelpunkt der gesamten Tätigkeiten“ oder „Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG“ kommt, eingehend prüfen, ob es sich bei einem vermeintlichen Arbeitszimmer nicht doch um betrieblich genutzte Räume handelt. Ist das der Fall, kann der Streit mit dem Finanzamt schnell zu Ihren Gunsten beendet werden.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Aufzeichnungspflichten beim häuslichen Arbeitszimmer: So erfüllen Sie § 4 Abs. 7 EStG „bp-sicher“, SSP 9/2024, Seite 13 → Abruf-Nr. 50090166

AUSGABE: SSP 10/2024, S. 9 · ID: 50126194

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