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PV-AnlagenPV-Anlagen-GbR liefert Strom an Schwester-GbR: So gehen Sie bei USt und ESt richtig vor

Abo-Inhalt03.06.20248 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Auf der Gewerbeimmobilie einer Personengesellschaft wird eine PV-Anlage installiert. Das ist in der Praxis keine Seltenheit. Soll der erzeugte Strom auch in der Immobilie verbraucht werden, wird oft eine Schwester-Personengesellschaft gegründet, die den Strom dann an die Personengesellschaft verkauft. Auch das ist weder Seltenheit noch Hexerei. Knifflig wird es in Sachen Umsatz- und Einkommensteuer. Was gilt da? Auch mit Blick auf § 3 Nr. 72 EStG? Und was ändert sich, wenn die Schwester-Personengesellschaft den erzeugten Strom unentgeltlich überlässt? SSP klärt auf. |

Der Musterfall: PV-GbR liefert Strom an Schwester-GbR

Die ABC-GbR (auch möglich: OHG, KG) ist Eigentümerin einer Immobilie. Darin betreibt sie einen Gewerbebetrieb. 2022 hat sie darauf eine PV-Anlage (< 30 kWp) mit Batteriespeicher errichtet. Für deren Betrieb wurde eine zweite Gesellschaft gegründet, die PV-GbR. Sie besteht nur aus Personen, die auch an der ABC-GbR beteiligt sind (Schwester-Personengesellschaft mit beteiligungsidentischen Beteiligungsverhältnissen). Der von der PV-GbR erzeugte Strom wird vorrangig an die ABC-GbR veräußert – zu fremdüblichen Preisen zzgl. Umsatzsteuer. Auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat die PV-GbR nämlich verzichtet. Soweit der Strom von der ABC-GbR nicht benötigt wird, speist ihn die PV-GbR ins Netz des örtlichen Betreibers ein. Dafür erhält sie eine Vergütung nach dem EEG zzgl. Umsatzsteuer.

Das gilt für die Umsatzsteuer

Mit dem Verkauf des erzeugten Stroms an die ABC-GbR bzw. den Netzbetreiber erbringt die PV-GbR umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze. Auf die Umsätze erhebt das Finanzamt Umsatzsteuer, da die PV-GbR wirksam auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet hat. Das bedeutet konkret: Die PV-GbR muss 19/119tel der erhaltenen Umsatzerlöse an das Finanzamt abführen – und zwar nicht nur für 2022, sondern auch für die Folgejahre.

Praxistipp | Die PV-GbR kann nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist – also ab dem 01.01.2027 – zur Kleinunternehmerregelung zurückkehren. Weil aber die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG beachtet werden muss, ist der Wechsel in der Praxis erst ab dem 01.01.2028 sinnvoll. Analog zur Umsatzsteuerpflicht ist die PV-GbR zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Vorsteuerabzug umfasst auch die für den Erwerb der PV-Anlage inkl. Batteriespeicher gezahlte Umsatzsteuer.

Wichtig | Anders sähe die Sache aus, wenn die PV-Anlage ab 2023 geliefert worden wäre. Dann würde der Erwerb nach § 12 Abs. 3 UStG mit null Prozent der Umsatzsteuer unterliegen und somit auch die Vorsteuer null Euro betragen. In dem Fall sollten Sie gründlich überlegen, ob der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung wirklich sinnvoll ist (Stichwort „Bürokratie“).

Parallel zur Umsatzsteuerpflicht der PV-GbR steht den Leistungsempfängern – das sind hier die ABC-GbR und der Netzbetreiber – nach Maßgabe des § 15 UStG der Vorsteuerabzug zu. Und zwar weil sie den von der PV-GbR produzierten Strom entgeltlich beziehen. Deshalb ist insbesondere für die ABC-GbR zu prüfen, ob sie Umsätze tätigt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen: Betreibt die ABC-GbR in der Gewerbeimmobilie ein Unternehmen, das umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigt (z. B. ein Modegeschäft), ist der Vorsteuerabzug zulässig. Betreibt sie hingegen ein Unternehmen, das keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze tätigt (z. B. Versicherungsagentur), ist aufgrund der steuerfreien Umsätze kein Vorsteuerabzug möglich (§ 15 Abs. 2 und 3 UStG).

Das gilt für die Einkommensteuer

Während die ABC-GbR steuerpflichtige Gewinneinkünfte erzielt, ist der Gewinn der PV-GbR gemäß § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei: Sie betreibt lediglich eine PV-Anlage auf einem nicht Wohnzwecken dienenden Gebäude und die installierte Bruttoleistung lt. MaStR beträgt nicht mehr als 30 kWp. Weil sich die Steuerbefreiung auf alle Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb der PV-Anlage erstreckt, sind sowohl die von der ABC-GbR als auch die vom Netzbetreiber gezahlten Vergütungen steuerfrei. Zudem ist aufgrund der Steuerfreiheit für die PV-GbR kein Gewinn zu ermitteln.

Der ABC-GbR – als die den Strom erwerbende und für betriebliche Zwecke nutzende Gesellschaft – geht aufgrund der Steuerbefreiung für die PV-GbR der Betriebsausgabenabzug aber nicht verloren. Sie kann die an die PV-GbR für den verbrauchten Strom geleisteten und fremdüblich bemessenen Zahlungen trotz Steuerbefreiung vom Gewinn absetzen. Zudem gilt:

  • 1. Die PV-Anlage stellt kein Sonderbetriebsvermögen auf Ebene der ABC-GbR dar. Der ABC-GbR wird nämlich nicht – wie von § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG gefordert – die PV-Anlage zur Nutzung überlassen; ihr wird nur der erzeugte Strom veräußert.
  • 2. Abhängig davon, wie die Gesellschaftsverträge ausgestaltet sind und ob die ABC-GbR der PV-GbR die für den Betrieb der PV-Anlage nötigen Dachflächen entgeltlich oder unentgeltlich überlässt, könnte eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorliegen. Das würde an der ertragsteuerlichen aber nichts ändern, weil die Einkünfte der PV-GbR aus der PV-Anlage weiterhin nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei wären und die ABC-GbR als „Besitzgesellschaft“ sowieso der Gewerbesteuer unterläge.

Die Fallabwandlung: PV-GbR überlässt Strom unentgeltlich

Was gilt, wenn die PV-GbR den Strom nicht – wie im Ausgangsfall – an die ABC-GbR veräußert, sondern ihn ihr unentgeltlich zur Verfügung stellt und nur den „überflüssigen“ Strom an den örtlichen Netzbetreiber veräußert?

Das gilt für die Umsatzsteuer

Die PV-GbR ist – wie schon im Ausgangsfall – Unternehmer, weil sie den erzeugten Strom u. a. an den Netzbetreiber veräußert und damit eine gewerbliche Tätigkeit selbstständig i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG ausübt. Dass sie der ABC-GbR den Strom unentgeltlich überlässt, ist für die Unternehmereigenschaft unbedeutend. Folglich unterliegen die vom Netzbetreiber gezahlten EEG-Vergütungen auch wie im Ausgangsfall der Umsatzsteuer.

Wichtig | Speist die PV-GbR mindestens zehn Prozent ein (Einspeisequote an den Netzbetreiber > zehn Prozent der gesamten Stromerzeugung), kann sie die PV-Anlage vollständig ihrem Unternehmen zuordnen (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Somit stünde ihr weiterhin der volle Vorsteuerabzug zu.

Die Kehrseite des vollen Vorsteuerabzugs und der teilweise unentgeltlichen Überlassung des Stroms: Die PV-GbR verwirklicht insoweit eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. v. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG. Somit muss die PV-GbR für den von der ABC-GbR genutzten Strom Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen – und zwar ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten. Die Bemessungsgrundlage richtet sich dabei nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG. Es ist also in erster Linie der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes für einen gleichartigen Gegenstand (= Strom) anzusetzen (BFH, Urteil vom 12.12.2012, Az. XI R 3/10, Abruf-Nr. 130718). Weil die Empfängerin der unentgeltlichen Wertabgabe, die ABC-GbR nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, führt die geschuldete Umsatzsteuer zu einer Definitivbelastung. Schuld daran ist, dass unentgeltliche Wertabgaben nicht per Rechnung abgerechnet werden können und somit eine elementare Voraussetzung für den Vorsteuerabzug fehlt (A 3.2 Abs. 2 UStAE).

Praxistipp | Die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe können Sie vermeiden, indem Sie die PV-Anlage nur anteilig – und zwar im Umfang der Einspeisungen an den Netzbetreiber – der GbR zuordnen. Der Haken: Durch die nur anteilige Zuordnung verlieren Sie den Anspruch auf den Vorsteuerabzug aus den Erwerbskosten für die PV-Anlage und den Batteriespeicher.

Das gilt für die Einkommensteuer

Bei der PV-GbR stellt der Strom, den sie der ABC-GbR unentgeltlich überlässt, eine gewinnerhöhende Entnahme dar. Die ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG mit dem Teilwert zu bewerten – und der dürfte im Fall von Strom dem gemeinen Wert, also dem üblichen Verkehrswert, entsprechen. Folglich werden stille Reserven aufgedeckt. Der Gewinn der PV-GbR bleibt jedoch weiterhin nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG in voller Höhe steuerfrei, weil sich die Steuerbefreiung auch auf die gewinnrealisierenden Entnahmen erstreckt.

Zugleich liegt im Betriebsvermögen der ABC-GbR eine Einlage des Stroms vor. Auch die ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten. Sie mindert den steuerpflichtigen Gewinn der ABC-GbR. Weil die PV-GbR den Strom innerhalb der letzten drei Jahre vor der Einlage – konkret eine logische Sekunde früher – hergestellt hat, lassen sich als Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG höchstens die Herstellungskosten ansetzen.

Praxistipp | Die Herstellungskosten ermitteln Sie, indem Sie die der PV-GbR insgesamt im Jahr entstandenen Kosten durch die gesamte im Jahr erzeugte Strommenge teilen. Die Rückfallklausel des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 EStG, nach der die Einlage doch mit dem Teilwert zu bewerten ist, gilt nicht. Und zwar weil die Entnahme nicht aus dem Betriebsvermögen der ABC-GbR, sondern aus dem Betriebsvermögen der PV-GbR – und damit bei einem Dritten – erfolgte.

Wichtig | Auch für die Fallabwandlung gilt: Die PV-Anlage stellt bei der ABC-GbR kein Sonderbetriebsvermögen dar, weil sie ihr nicht überlassen wird. Überlassen wird nur der erzeugte Strom (R 4.3 Abs. 4 S. 2 EStR analog und BMF, Schreiben vom 15.06.2022, Az. IV C 6 – S 2139-b/21/10001 :001, Abruf-Nr. 229836, Rz. 44). Es könnte also höchstens der erzeugte Strom Sonderbetriebsvermögen darstellen. Das ist jedoch nicht der Fall, weil der Strom sofort verbraucht wird. Und selbst wenn der Strom Sonderbetriebsvermögen darstellen würde, würde sich im Ergebnis effektiv nichts ändern. Dann wäre der Strom nämlich nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen der PV-GbR in das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter auf Ebene der ABC-GbR zu überführen – und der Buchwert würde sich wiederum auf den Betrag der Herstellungskosten je kWh belaufen, da der Strom von der PV-GbR hergestellt wurde.

Neuer BVerfG-Beschluss: Ist die Buchwertfortführung jetzt zwingend?

Weil es sich bei der PV- und der ABC-GbR um beteiligungsidentische Schwester-Personengesellschaften handelt, wäre auch eine Übertragung des Stroms aus dem Gesamthandsvermögen der PV-GbR ins Gesamthandsvermögen der ABC-GbR zum Buchwert (= ebenfalls Herstellungskosten) denkbar. Diese Möglichkeit hat – entgegen des Wortlauts von § 6 Abs. 5 S. 3 EStG und der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 08.12.2011, Az. IV C 6 - S 2241/10/10002, Abruf-Nr. 114264, Rz. 18) – jüngst das BVerfG eröffnet (BVerfG, Beschluss vom 28.11.2023, Az. 2 BvL 8/13, Abruf-Nr. 239894).

In dem Beschluss hat das BVerfG den Gesetzgeber aufgefordert, rückwirkend für alle Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu schaffen. Wie diese konkret aussieht, ist noch unklar. Bis dato bleibt § 6 Abs. 5 S. 3 EStG anwendbar – jedoch mit der Maßgabe, dass Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften zu Buchwerten zulässig sind. Auch unter der Prämisse würden sich aber – sowohl im Ausgangsfall als auch in der Fallabwandlung – keine Änderungen ergeben: Der Gewinn der PV-GbR bliebe weiterhin nach § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei und der Gewinn der ABC-GbR würde sich wie bislang nur um den Buchwert des Stroms, also um die anteiligen Herstellungskosten je kWh, mindern.

Fazit | Die entgeltliche Veräußerung des Stroms an die Schwester-Personengesellschaft, die ABC-GbR, ist aus steuerlichen Gründen erheblich vorteilhafter als die unentgeltliche Überlassung. Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist von einer unentgeltlichen Überlassung abzuraten, wenn die Schwester-Personengesellschaft bei einem entgeltlichen Erwerb zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Nur bei einem entgeltlichen Erwerb ließe sich nämlich die bei unentgeltlicher Überlassung zur Definitivbelastung werdende Umsatzsteuer vermeiden. Aus ertragsteuerlicher Sicht ist per se von der unentgeltlichen Stromüberlassung abzuraten. Es würden sich nämlich nur die Betriebsausgaben der den Strom nutzenden Gesellschaft über die von der erzeugenden Gesellschaft aufgewendeten – geringeren – Herstellungskosten erhöhen. Bei einem entgeltlichen Erwerb ist hingegen der fremdübliche Strompreis abzugsfähig, was zu deutlich höheren Betriebsausgaben führt. Zwar fällt bei einer entgeltlichen Veräußerung parallel der Gewinn der PV-Anlage höher aus; das ist jedoch seit 2022 unerheblich, wenn der Gewinn ohnehin nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei ist.

AUSGABE: SSP 6/2024, S. 19 · ID: 49926006

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