Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe 13.06.2024 abgeschlossen.
Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Juni 2024 abgeschlossen.
PV-AnlagenMusterfall: Was gilt bei der PV-Anlage eines Elektrotechnikbetriebs auf dem Einfamilienhaus?
| Die PV-Branche boomt. Auch viele Privatpersonen sind mittlerweile auf den Trend aufgesprungen und installieren im Rahmen eines (nebenberuflichen) Gewerbes PV-Anlagen. Zu Demonstrationszwecken wird dann häufig auch eine PV-Anlage auf dem privaten Einfamilienhaus installiert, in dem sich zugleich der Firmensitz des (nebenberuflichen) Elektrotechnikbetriebs befindet. Doch wie wird eine solche PV-Anlage steuerlich eingeordnet? Eine Frage, die sich auch ein SSP-Leser stellt. |
Der Musterfall: PV-Anlage zu Demozweck auf EFH
Ein Einzelunternehmer betreibt im Eigenheim einen Elektrotechnikbetrieb. Das Gebäude steht im Eigentum beider Ehegatten und stellt Privatvermögen dar, weil sämtliche Räume zu mindestens 50 Prozent privat mitgenutzt werden. Im Rahmen des Gewerbebetriebs werden u. a. PV-Anlagen verkauft und montiert. Auf dem Hausdach wurde 2024 eine PV-Anlage mit zwölf kWp inkl. Batteriespeicher installiert. Diese dient sowohl Demonstrationszwecken für interessierte Kunden als auch der Stromproduktion. Der erzeugte Strom wird vorrangig sowohl privat als auch gewerblich verbraucht, der Überschuss wird entgeltlich an den Netzbetreiber veräußert. Der gewerbliche Stromverbrauch resultiert aus dem Stromverbrauch für den Elektrotechnikbetrieb und dem Laden eines betrieblichen E-Fahrzeugs (Wallbox).
Die umsatzsteuerliche Beurteilung
Sowohl durch den Elektrotechnikbetrieb als auch durch den Betrieb der PV-Anlage wird der Tatbestand der Unternehmereigenschaft erfüllt. Da ein Unternehmer umsatzsteuerlich nur über ein einheitliches Unternehmen verfügen kann, gehören hierzu beide gewerbliche Betätigungen (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG). Im Zeitpunkt der Lieferung der neuen PV-Anlage wird ein steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz getätigt, der jedoch effektiv keine Umsatzsteuer auslöst. Denn die Lieferung der PV-Anlage nebst Speicher unterliegt seit dem 01.01.2023 dem Umsatzsteuersatz von null Prozent (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG). Deshalb steht dem Unternehmer auch kein Vorsteuerabzug zu.
Das einheitliche Unternehmen bedeutet auch, dass alle getätigten Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen und nicht insoliert die Kleinunternehmerregelung angewandt werden kann. Damit müssen sowohl für die Erlöse aus dem Betrieb des Elektrotechnikbetriebs als auch für die Einspeisevergütungen des Netzbetreibers Umsatzsteuern abgeführt werden. Soweit der durch die PV-Anlage erzeugte Strom innerhalb des Elektrotechnikbetriebs bzw. für das dem Unternehmen zugeordnete E-Fahrzeug verwendet wird, erfolgt keine Besteuerung. Denn es handelt sich insoweit um nicht steuerbare Innenumsätze. Soweit der erzeugte Strom für private Zwecke verbraucht wird, müsste grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterworfen werden (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG). Darauf wird jedoch verzichtet, da die PV-Anlage effektiv nicht zu einem Vorsteuerabzug geführt hat (BMF, Schreiben vom 27.02.2023, Az. III C 2 – S 7220/22/10002 :010, Abruf-Nr. 234002, Rz. 6).
Die ertragsteuerliche Beurteilung
Grundsätzlich handelt es sich beim Elektrotechnikbetrieb und dem Betrieb der PV-Anlage um zwei unterschiedliche Betätigungen, sodass zwei gesonderte Gewerbebetriebe vorliegen. Konkret liegt aber nur ein Gewerbebetrieb vor, weil sich beide Betriebe stützen und ergänzen (so auch BFH, Urteil vom 15.09.2010, Az. X R 21/08, Abruf-Nr. 110424 sowie Az. X R 22/08, Abruf-Nr. 110425 und OFD Niedersachsen, Verfügung vom 22.02.2016, Az. S 2240-160-St 221/St 222, III.2). Darauf, ob der erzeugte Strom zu mehr als 50 Prozent im Elektrotechnikbetrieb verbraucht wird (BMF, Schreiben vom 17.07.2023, Az. IV C 6 – S 2121/23/10001 :001, Abruf-Nr. 236439, Rz. 26), kommt es nicht an.
Betriebseinnahmen sind steuerfrei
Aus dem einheitlichen Gewerbebetrieb folgt, dass die PV-Anlage Teil des bereits durch den Elektrotechnikbetrieb begründeten Einzelunternehmens ist. Die Einnahmen aus der Anlage unterliegen der in § 3 Nr. 72 EStG verankerten Steuerbefreiung. Die Steuerbefreiung umfasst also sowohl die vom Netzbetreiber gezahlten Vergütungen für den eingespeisten Strom (EEG-Vergütungen) als auch den erzeugten und für private Zwecke verbrauchten Strom. Dieser Strom ist mit dem Teilwert zu bewerten und als gewinnerhöhende Entnahme anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG).
Betriebsausgaben sind teilweise abzugsfähig
Durch den einheitlichen Gewerbebetrieb folgt parallel, dass sämtliche im Zusammenhang mit der Installation und dem Betrieb der PV-Anlage anfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Die Anschaffungskosten für die PV-Anlage sind zu aktivieren und über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren abzuschreiben.
Weil die Einnahmen aus dem Betrieb der PV-Anlage aber steuerfrei sind (§ 3 Nr. 72 EStG), besteht für die Betriebsausgaben ein steuerliches Abzugsverbot (§ 3c Abs. 1 EStG). Doch Glück im Unglück. Zwar sind einige Betriebsausgaben nicht abzugsfähig, aber nicht alle. Denn ein Teil des Stroms wurde ja erzeugt und innerhalb des einheitlichen Gewerbebetriebs verbraucht. Insoweit liegen weder steuerfreie Einnahmen noch Entnahmen vor, sodass in diesem Umfang § 3c Abs. 1 EStG kein Abzugsverbot schafft. Deshalb gestattet das BMF (17.07.2023, Rz. 24), dass das Betriebsausgabenabzugsverbot nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen und Entnahmen gilt.
Beispiel 1 |
60 Prozent des Stroms werden in das Energienetz eingespeist bzw. für private Zwecke entnommen. Für diesen Strom werden Einnahmen bzw. Entnahmen in Höhe von insgesamt 800 Euro erfasst. Die restlichen 40 Prozent werden innerhalb des Elektrotechnikbetriebs verbraucht. Die im Jahr für die PV-Anlage angefallenen Aufwendungen belaufen sich auf 1.000 Euro. Lösung: Innerhalb der Gewinnermittlung werden 800 Euro als Ertrag und 1.000 Euro als Aufwand behandelt. Außerhalb der Gewinnermittlung erfolgt eine Kürzung des Gewinns um 800 Euro (§ 3 Nr. 72 EStG) sowie eine Hinzurechnung von 600 Euro (§ 3c Abs. 1 EStG; 60 Prozent von 1.000 Euro; max. 800 Euro). Effektiv wirken sich damit die Einnahmen und Entnahmen nicht und die Ausgaben nur zu 40 Prozent auf den steuerpflichtigen Gewinn aus. |
Gestaltungspotenzial mittels IAB und Sonderabschreibung
Für die PV-Anlage eines einheitlichen Gewerbebetriebs kann auch ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden (§ 7g Abs. 1 EStG). Sowohl die Bildung als auch die gewinnerhöhende Hinzurechnung im Jahr der Anschaffung (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG) wirken sich vollständig auf den Gewinn aus. Beide Positionen werden weder von § 3 Nr. 72 EStG noch von § 3c Abs. 1 EStG erfasst (BMF, 17.07.2023, Rz. 25). Zudem kann auch eine Herabsetzung der Anschaffungskosten gemäß § 7g Abs. 2 S. 3 EStG oder eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG (bei Anschaffung vor dem 01.01.2024 maximal 20 Prozent, bei Anschaffung nach dem 31.12.2023 maximal 40 Prozent) erfolgen. Diese beiden Abzüge werden jedoch von § 3c Abs. 1 EStG erfasst und wirken sich deshalb nur in dem prozentualen Umfang aus, wie keine nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreien Einnahmen und Entnahmen generiert werden. Auch hier wird die Kürzung der Betriebsausgaben auf die absolute Höhe der steuerfreien Einnahmen begrenzt.
Diese Begrenzung der Betriebsausgabenkürzung eröffnet Gestaltungspotential. Durch gezielte gewinnmindernde Abzüge nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG bzw. Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG – idealerweise i. V. m. einer in diesem Jahr bewusst hohen eigenbetrieblichen Nutzung des Stroms – lassen sich die Abzugspositionen ganz oder zumindest nahezu ganz und ohne Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG als Betriebsausgabe absetzen.
Beispiel 2 |
Wie Beispiel 1. Die Aufwendungen für die PV-Anlage betragen jedoch 3.500 Euro, weil eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG von 2.500 Euro vorgenommen wurde. So wirken sich IAB und Sonder-AfA konkret aus |
Wichtig | Auch wenn sich in späteren Jahren die Nutzungsverhältnisse ändern, wird der Betriebsausgabenabzug nicht rückwirkend korrigiert. Eine entsprechende Regelung sehen weder das Gesetz noch die BMF-Schreiben vor.
AUSGABE: SSP 6/2024, S. 23 · ID: 50028474