FeedbackAbschluss-Umfrage

SteuergestaltungSolarpaket I: Balkonkraftwerke sind – auch aus steuerlicher Sicht – lukrativer denn je

Abo-Inhalt15.05.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Um grünen Ökostrom zu produzieren und sich von den Energiemärkten etwas unabhängiger zu machen, installieren immer mehr Leute ein Balkonkraftwerk. Da die Anschaffungskosten bereits durch den Nullsteuersatz erheblich gesunken sind und Balkonkraftwerke auch im Solarpaket I protegiert wurden, ist deren Lukrativität nochmal erheblich gestiegen. Grund und Anlass für SSP, die steuerliche Beurteilung zu betrachten und das Geschäftsmodell unter Renditeaspekten zu beleuchten. |

Das leisten Balkonkraftwerke

Mit einem Balkonkraftwerk haben Sie die Möglichkeit, wie bei einer klassischen PV-Anlage Ihren eigenen Strom zu produzieren und zu verbrauchen. Die installierten Photovoltaikmodule erzeugen unter Sonneneinstrahlung Solarstrom, der ins eigene Stromnetz eingespeist wird. Der Vorteil gegenüber einer herkömmlichen PV-Anlage besteht darin, dass Sie die Anlage selbst installieren können. Für die Inbetriebnahme sind nämlich keine besonderen Anschlüsse erforderlich, eine normale Steckdose genügt. Dafür darf der Wechselrichter eine maximale Leistung von 800 Watt haben – die Leistung der installierten PV-Module darf auch darüber liegen. Es handelt sich also um Mini-PV-Anlagen, die regelmäßig aus einem oder zwei Photovoltaikmodulen und einem Wechselrichter bestehen.

Praxistipp | Bisher lag die Grenze für Balkonkraftwerke bei 600 Watt. Diese ist durch das Solarpaket I auf 800 Watt angehoben worden. Außerdem muss das Balkonkraftwerk jetzt nicht mehr zwingend an einem Balkon montiert werden. Eine Montage ist auch auf dem Dach des Hauses, der Garage oder eines Schuppens oder an einer Gebäudewand oder freistehend im Garten möglich. Durch die einfache Installation (und Demontage) ergibt sich ein weiterer Vorteil. Balkonkraftwerke können bei einem Umzug mitgenommen werden. Sie eignen sich daher nicht nur für Eigentümer, sondern auch für Mieter.

Wie die Verwendung des erzeugten Stroms abläuft

Der vom Balkonkraftwerk erzeugte Strom wird zunächst in Ihr eigenes Stromnetz eingespeist und dort verbraucht. Wurde kein separater Batteriespeicher installiert, dann erfolgt der Verbrauch des Stroms von allen aktuell stromzehrenden Geräten im Haushalt (z. B. Elektrogeräte im Standby-Modus, WLAN-Router, Gefrier- und Kühlschrank, aktuell eingeschaltete Geräte wie eine Wasch- oder Spülmaschine, Lampen etc.). Nur wenn Sie mehr Strom verbrauchen als aktuell von dem Balkonkraftwerk erzeugt wird, kaufen Sie von Ihrem Stromanbieter kostenpflichtigen Strom dazu.

Und wenn Ihr Balkonkraftwerk aktuell mehr Strom erzeugt, als Sie momentan tatsächlich verbrauchen? In diesem Fall wird der Überschuss in das Stromnetz Ihres Netzbetreibers eingespeist. An dieser Stelle zeigt sich ein kleiner Nachteil gegenüber einer herkömmlichen (großen) PV-Anlage: Der eingespeiste Strom wird regelmäßig nicht vergütet. Daher ist es wichtig, dass Sie möglichst viel Strom selbst verbrauchen. Aufgrund der geringen Gesamtleistung der Anlage ist das aber regelmäßig kein Problem.

Wie fällt das Urteil unter Renditegesichtspunkten aus?

Aufgrund der geringen Installationskosten von derzeit etwa 600 Euro für zwei Module inkl. Anschlusskabel und einem 800 Watt Wechselrichter ergibt sich selbst bei einem moderaten Strompreis von 0,25 Euro je kWh und einer pessimistischen Betrachtung eine beachtliche Rendite. Diese resultiert daraus, dass in Höhe des von der Anlage erzeugten und vor Ort verbrauchten Stroms kein teurer Strom vom Netzbetreiber bezogen wird. Oder anders ausgedrückt: Die Stromrechnung des Netzbetreibers reduziert sich merklich.

Installationskosten
600 Euro600 Euro600 Euro600 Euro
Max. Leistung p. a.
800 kW800 kW800 kW800 kW
Tats. Leistung*
700 kW700 kW750 kW750 kW
Eigenverbrauch**
500 kW550 kW550 kW600 kW
Strompreis je kWh
0,25 Euro0,25 Euro0,25 Euro0,25 Euro
Stromersparnis p. a.
125 Euro137,50 Euro137,50 Euro150 Euro
Rendite p. a.
20,83 %22,92 %22,92 %25,00 %
  • * Annahme, dass die tatsächliche Leistung geringer als die maximale Leistung ausfällt (Standort).
  • ** Annahme, dass von dem erzeugten Strom nur 70 bis 80 Prozent privat verwendet werden.

Auch der Autor dieses Beitrags betreibt seit einem Jahr ein Balkonkraftwerk mit einem 600 Watt Wechselrichter und zwei PV-Modulen mit insgesamt 750 Watt Leistung (Anschaffungskosten rd. 700 Euro). Das Kraftwerk hat im ersten Jahr 752 kWh Strom erzeugt, wovon 547 kWh selbst verbraucht wurden (73 Prozent). Bei einem ansonsten zu zahlenden Strompreis von 0,31 Euro je kWh wurde eine Ersparnis von 169,57 Euro in einem Jahr erzielt – eine Rendite von 24,22 Prozent!

So werden Balkonkraftwerke steuerlich behandelt

Die steuerlichen Grundsätze eines Balkonkraftwerks hängen davon ab, von wem und wo es installiert wird.

1. Balkonkraftwerk für ein privat genutztes Objekt

Installieren Sie das Balkonkraftwerk für ein privat genutztes Objekt (z. B. Mietwohnung, Ein- oder Zweifamilienhaus), ist die steuerliche Beurteilung simpel. Erhalten Sie für den eingespeisten Stromüberschuss keine Vergütung, liegt kein Gewerbebetrieb vor. Die Anlage ist steuerlich irrelevant. Erhalten Sie eine Vergütung, ist das Balkonkraftwerk steuerfrei (§ 3 Nr. 72 EStG). Die erzielte Stromersparnisse müssen Sie also nicht versteuern. Im Gegenzug können Sie die Installationskosten allerdings auch nicht von der Steuer absetzen. Haben Sie mit der Installation einen Handwerker beauftragt, können Sie für dessen Bruttolohnkosten die Steueranrechnung nach § 35a Abs. 3 EStG geltend machen.

2. Balkonkraftwerk für ein Mietobjekt

Installieren Sie das Balkonkraftwerk für ein Ihnen gehörendes Mietobjekt, dann werden Sie den erzeugten und vom Mieter verbrauchten Strom in der Regel an den Mieter zu fremdüblichen Konditionen verkaufen. Damit liegt zwar ein Gewerbebetrieb vor. Aber Sie müssen für den Gewerbebetrieb „Balkonkraftwerk“ keinen Gewinn ermitteln und versteuern. Denn die Einnahmen und Entnahmen sind gemäß § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei. Parallel lassen sich von Ihnen getätigten Aufwendungen für das Balkonkraftwerk nicht absetzen – auch nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

3. Balkonkraftwerk für ein betrieblich genutztes Gebäude

Installieren Sie das Balkonkraftwerk auf einem betrieblich genutzten Gebäude (z. B. auf dem Dach eines Autohauses), dann wird der erzeugte Strom vorrangig in Ihrem Betrieb (Autohaus) verwendet. Damit stellt das Balkonkraftwerk Betriebsvermögen Ihres bereits bestehenden Betriebs dar (einheitlicher Gewerbebetrieb, BMF, Schreiben vom 17.07.2023, Az. IV C 6 – S 2121/23/10001 :001, Abruf-Nr. 236439, Rz. 26). Sie können die Installationskosten sowie alle weiteren im Zusammenhang mit dem Balkonkraftwerk anfallenden Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Zwar ist das Balkonkraftwerk regelmäßig über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren abzuschreiben. Da die Installationskosten brutto jedoch typischerweise nicht mehr als 952 Euro betragen, kann auch ein Sofortabzug als geringwertiges Wirtschaftsgut erfolgen (§ 6 Abs. 2 EStG).

Praxistipp | Betragen die Bruttoinstallationskosten nicht mehr als 1.190 Euro, kommt auch ein Sammelposten in Frage (§ 6 Abs. 2a EStG). Der Vorteil: Die Abschreibung erfolgt über fünf Jahre. Zudem können Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu 40 Prozent in den ersten fünf Jahren zulässig sein (§ 7g Abs. 5 EStG) und es kann ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden (§ 7g Abs. 1 EStG).

Zwar ist zu beachten, dass für das Balkonkraftwerk ebenfalls die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG gilt und sich deshalb insoweit kein Betriebsausgabenabzug ergibt, wie die Ausgaben mit steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang stehen. Da jedoch keine steuerfreien Einnahmen erzielt werden (weder Privatentnahmen noch Vergütungen durch den Netzbetreiber), läuft das Abzugsverbot ins Leere. Sie können Betriebsausgaben ohne Einschränkungen geltend machen.

Wichtig | Grundsätzlich besteht unter den Voraussetzungen des § 15 UStG auch ein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Da ein ab dem 01.01.2023 geliefertes Balkonkraftwerk jedoch dem Steuersatz von null Prozent unterliegt (§ 12 Abs. 3 UStG), beläuft sich der Vorsteuerabzug auf null Euro.

AUSGABE: SSP 6/2024, S. 26 · ID: 50024566

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte