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Eigenheim„Wohn-Riester“-Neuerung ab 2024: Die Riester-Rente nutzen und daheim energetisch sanieren
| „Wohn-Riestern“ – das kennen die meisten nur im Zusammenhang mit der Finanzierung des Eigenheims und der Ablösung von Darlehen. Seit Jahresbeginn 2024 kann „Wohn-Riester“ aber weit mehr: Die Verträge lassen sich jetzt auch dazu nutzen, bestehendes Wohneigentum energetisch zu sanieren. Wie das geht, zeigt Ihnen SSP anhand eines Beispielfalls. |
Ausgangsfall: EFH soll energetisch saniert werden
Malte ist 40 Jahre alt, verheiratet und wohnt seit zehn Jahren in einem Einfamilienhaus (EFH), das ihm gehört. Er will seine laufenden Energiekosten reduzieren. Dazu soll ein Fachunternehmen umfangreiche energetische Sanierungen i. S. v. § 35c EStG vornehmen; konkret geht es um die Erneuerung der Fenster und Außentüren sowie der Heizungsanlage. Malte rechnet mit Gesamtkosten von 30.000 Euro. Das Problem: Malte hat die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung. Deshalb muss er ein mit 4,5 Prozent verzinstes und über zehn Jahre zu tilgendes Bankdarlehen aufnehmen (monatliche Rate: 311 Euro).
Lässt Malte die Maßnahmen durchführen, muss er bei der monatlichen Rate von 311 Euro insgesamt 37.320 Euro bezahlen. Dafür kann er die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragen. Dadurch spart er insgesamt 6.000 Euro:
... eine Ersparnis von 6.000 Euro bewirken | Abzugsfähig sind | Steuerermäßigung |
Jahr 1 | 7 % der Aufwendungen | 2.100 Euro (30.000 Euro x 7 %) |
Jahr 2 | 7 % der Aufwendungen | 2.100 Euro (30.000 Euro x 7 %) |
Jahr 3 | 6 % der Aufwendungen | 1.800 Euro (30.000 Euro x 6 %) |
Gesamt | 6.000 Euro |
Effektiv kostet Malte die energetische Sanierung somit 31.120 Euro (37.320 Euro ./. 6.000 Euro). Das Geld muss er in den nächsten zehn Jahren aufbringen; er hat also eine jährliche Belastung von im Schnitt 3.132 Euro – viel Geld, besonders in jungen Jahren.
Wie Sie Riester für die energetische Sanierung nutzen
„Steuer-sparsamer“ geht das, wenn Malte im Besitz eines Riestervertrags ist.
Erweiterung Ausgangsfall |
Malte ist auch im Besitz eines Riestervertrags. Der Vertrag enthält derzeit ein eingezahltes und staatlich gefördertes Kapital von 40.000 Euro. |
Das sind die Voraussetzungen für energetische Sanierungen per „Wohn-Riester“
Noch bis 31.12.2023 ließen sich Riesterverträge nicht einsetzen, um eine eigengenutzte Immobilie energetisch zu sanieren. Möglich macht das seit 01.01.2024 § 92a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Zwei Voraussetzungen sind zu erfüllen:
- 1. Die zu sanierende Immobilie muss... eigengenutzter Immobilien
- im (Mit-)Eigentum des Riester-Sparers (hier: Malte) stehen,
- in der EU oder dem EWR belegen sein und
- die Hauptwohnung bzw. den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Riester-Sparers darstellen.
- 2. Bei den Sanierungsmaßnahmen muss es sich um energetische Maßnahmen i. S. v. § 35c Abs. 1 S. 3 und 4 EStG handeln, die ein Fachunternehmen ausführt.
Im Fall von Malte sind alle Voraussetzungen zum „Wohn-Riestern“ erfüllt. Somit kann er die Kosten für die Sanierung seines EFH durch seinen Riestervertrag begleichen. Dazu muss er die benötigten 30.000 Euro aus seinem bestehenden Riester-Kapital entnehmen und damit die mit der Sanierung beauftragten Fachunternehmen bezahlen. Für die Kapitalentnahme gelten folgende Grenzwerte:
- Entweder muss das im Riestervertrag angesparte Kapital komplett entnommen werden (hier: 40.000 Euro) oder es müssen mindestens 3.000 Euro in dem Vertrag verbleiben (hier erfüllt; Restkapital = 10.000 Euro).... zwei Grenzwerte einzuhalten
- Die Entnahme aus dem Riestervertrag muss mindestens 20.000 Euro betragen (hier erfüllt; Entnahme: 30.000 Euro).
- Wichtig | Der „Mindest-Entnahme-Betrag“ reduziert sich auf 6.000 Euro, wenn das Kapital für die energetische Sanierung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung der Immobilie verwendet wird. Entscheidend für die Berechnung des Drei-Jahres-Zeitraums ist der Beginn der Sanierungsarbeiten.
Praxistipp | Haben Sie – oder hätte Malte – keinen Riestervertrag, können Sie zur Finanzierung der Sanierungsaufwendungen auch ein Darlehen im Rahmen eines Altersvorsorgevertrags nach § 1 Abs. 1a AltZertG aufnehmen und dieses über einen Riestervertrag zurückführen. |
Die Doppelförderung ist ausgeschlossen
Wird eine energetische Sanierung durch „Wohn-Riester“ bezahlt, muss der Riester-Sparer gegenüber der zentralen Zulagenstelle (ZfA) für Altersvermögen schriftlich bestätigen, dass weder er selbst noch ein Mitnutzer der Wohnung für die Sanierungsaufwendungen
- eine Förderung durch Zuschüsse oder
- eine Steuerermäßigung nach §§ 35a oder 35c EStG oder
- eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG
beantragt hat oder beantragen wird. Dadurch soll eine Doppelbegünstigung verhindert werden. Ergo: Der Riester-Sparer muss sich entscheiden, ob er „Wohn-Riester“ nutzt oder eine andere Begünstigung beansprucht.
Wie läuft‘s mit der Steuer?
Würde Malte die 30.000 Euro nicht für die energetische Sanierung seines EFH hernehmen, sondern in seinem Riestervertrag belassen, würde ihm für dieses Kapital ab Renteneintritt eine Altersrente gezahlt werden. Und die unterläge nach § 22 Nr. 5 EStG der Besteuerung. Weil er die 30.000 Euro aber entnimmt, fällt seine spätere Rente entsprechend geringer aus. Was bleibt, ist die volle Besteuerung. Dafür sorgt das in § 92a Abs. 2 EStG geregelte Wohnförderkonto.
So wird das Wohnförderkonto versteuert
Im Wohnförderkonto von Malte wird zum einen die Entnahme in Höhe von 30.000 Euro vermerkt und zum anderen der Saldo bis zu seinem Renteneintritt mit jährlich zwei Prozent verzinst (Ausgleich für die frühzeitige Nutzung). Geht Malte mit 67 in Rente, enthält das Wohnförderkonto somit etwa 51.207 Euro.
Wichtig | Die durch Wohn-Riester geförderte Immobilie muss bis zum 85. Lebensjahr zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Verkaufen, Vermieten, Verschenken oder schlicht Ausziehen funktionieren nur dann ohne sofortige Nachversteuerung des Wohnförderkontos, wenn spätestens fünf Jahre später einer der Ausnahmetatbestände nach § 92a Abs. 3 EStG Anwendung findet.
Für die Versteuerung bestehen zwei Möglichkeiten:
- 1. Das Wohnförderkonto wird gleichmäßig auf die Jahre bis zum 85. Lebensjahr verteilt und als sonstige Einkünfte versteuert. So ergeben sich bei Malte jährliche Einkünfte von 2.844 Euro (51.207 Euro/18 Jahre) und – unter Annahme eines regulären zu versteuernden Einkommens im Rentenalter von 30.000 Euro, einem unveränderten Steuersatz und einer Zusammenveranlagung – eine Steuerbelastung von 11.052 Euro (614 Euro x 18 Jahre).Versteuerung erfolgt verteilt über die Jahre oder ...
- 2. Malte stellt einen Antrag auf einmalige Versteuerung des kompletten Saldos als sonstige Einkünfte. Der Vorteil: Das Finanzamt gewährt nach § 22 Nr. 5 S. 5 EStG einen Nachlass von 30 Prozent. Somit unterliegen nur 35.844 Euro (51.207 Euro ./. 15.363 Euro) der Besteuerung. Die Steuerbelastung beträgt einmalig 9.436 Euro.... per einmaliger Versteuerung
Welche der beiden Möglichkeiten für Malte lukrativer ist, hängt insbesondere von der Höhe seiner weiteren Einkünfte im Rentenalter ab.
Fazit | Den Riestervertrag für eine energetische Sanierung zu nutzen kann aufgrund des Stundungseffekts bis zum Rentenalter durchaus lukrativ sein. Anstelle binnen kurzer Zeit die Aufwendungen für eine Sanierung in meist jungen Jahren, wo Liquidität häufig benötigt wird, stemmen zu müssen, wird die Zahlung auf das Rentenalter, wo häufig ausreichend Liquidität vorhanden ist, verschoben. Der Preis der Stundung: Eine geringere Riesteraltersrente, keine Steuerermäßigung nach § 35c EStG und die Versteuerung des Wohnförderkontos. Ob „Wohn-Riester“ in Kombination mit energetischer Sanierung sinnvoll ist, ist anhand der persönlichen Umstände im Einzelfall abzuwägen. Ein guter Grund könnte z. B. sein, dass andernfalls ein hoch verzinstes Darlehen aufgenommen werden muss. |
AUSGABE: SSP 5/2024, S. 23 · ID: 49960040