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SBStiftungsBrief

Stiftungserrichtung/Stiftungsrechtsstreit Rechtsstreitigkeiten in Stiftungen: Diese Konflikte birgt die Errichtungsphase

Abo-Inhalt18.02.20257 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Dr. Caroline Krezer, Flick Gocke Schaumburg, Hamburg

| Rechtsstreitigkeiten im Stiftungsrecht sind keine Seltenheit. Bereits in der Errichtungsphase, aber auch während der operativen Arbeit kann es zu Konflikten zwischen Stiftung, Organen, Stiftern, Destinatären und anderen Beteiligten kommen. In einer Beitragsserie zeigt SB die rechtlichen Konstellationen auf und erklärt, wer in welcher Situation vor welchem Gericht Rechtsschutz suchen kann. In diesem ersten Teil geht es um die Herausforderungen in der Errichtungsphase einer Stiftung, konkret um Streitigkeiten bei der Anerkennung und um solche aufgrund von Vorbehalten Dritter. |

Den richtigen Rechtsweg finden

Stiftungsrechtliche Rechtsstreitigkeiten haben eine Besonderheit, die es oft stark erschwert, Rechtsschutz einzuholen: Das Stiftungsrecht kann sowohl zivil- als auch verwaltungsrechtliche Fragen aufwerfen, die dann entsprechend vor dem Zivilgericht oder vor dem Verwaltungsgericht zu bestreiten sind. Ob die Klage vor dem Zivil- oder Verwaltungsgericht zu erheben ist, lässt sich mit einer einfachen Grundregel feststellen: Besteht eine stiftungsinterne Streitigkeit, wird der Streit vor dem Zivilgericht ausgetragen, z. B. bei einem Streit zwischen Vorstandsmitgliedern. Betrifft der Streit aber stiftungsrechtliche Fragestellungen, ist der Streit vor einem Verwaltungsgericht auszutragen – insbesondere bei einem Streit mit der Stiftungsbehörde.

Das sind typische Streitigkeiten in der Errichtungsphase

Die Stiftungsbehörde prüft, ob alle Voraussetzungen für die Anerkennung der Stiftung vorliegen. Der Stifter kann die Stiftung hierbei zu Lebzeiten errichten, aber auch durch letztwillige Verfügung, z. B. durch Testament. In der Errichtungsphase ist eine Stiftung besonders anfällig für Streitigkeiten, da sie bis zur Anerkennung rechtlich nicht existiert. Erst mit der Anerkennung wird die Stiftung rechtsfähig und das Anerkennungsverfahren endet.

Vier Fälle führen in der Errichtungsphase regelmäßig zu Konflikten, nämlich

  • die Ablehnung der Anerkennung,
  • die Anerkennung, bei gleichzeitigem Erlass von Nebenbestimmungen,
  • die Untätigkeit der Stiftungsbehörde oder aber
  • ein Streit aufgrund von Vorbehalten Dritter gegen die Stiftung.

1. Fall: Ablehnung der Anerkennung

Wird die Anerkennung der Stiftung abgelehnt, erhält der Stifter von der Stiftungsbehörde einen sog. Ablehnungsbescheid. Aber wie kann er sich dagegen wehren?

  • Widerspruch: Der Stifter muss zunächst Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Behörde einlegen (sog. Vorverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO). Eine Ausnahme gilt für Bundesländer, in denen für die Anerkennung der Stiftung eine oberste Landesbehörde zuständig ist. In diesen Bundesländern kann direkt Klage erhoben werden.
  • Wichtig | Ob Widerspruch eingelegt werden kann, steht in der Rechtsbehelfsbelehrung des Ablehnungsbescheids.
  • Formale Anforderungen: Ein Widerspruch ist im Regelfall innerhalb eines Monats, nachdem der Bescheid dem Stifter bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift bei der Stiftungsbehörde bzw. der Widerspruchsbehörde einzulegen. Widerspruchsgegnerin ist die Stiftungsbehörde. Das Schreiben muss nicht als „Widerspruch“ bezeichnet werden. Aber es muss daraus hervorgehen, dass sich der Stifter gegen den Anerkennungsbescheid wendet und dessen Überprüfung wünscht. Eine Begründung ist zwar nicht zwingend, aber sinnvoll. So kann die Stiftungsbehörde die Einwände des Stifters gegen die Ablehnung der Anerkennung der Stiftung prüfen.
Praxistipp | Der Stifter sollte bei der Stiftungsbehörde Einsicht in die Akten nehmen, damit er weiß, welche Bedenken die Stiftungsbehörde gegen die Anerkennung der Stiftung hat.
  • Anerkennungsbescheid/Widerspruchsbescheid: Gelangt die Behörde – je nach Bundesland die Stiftungsbehörde selbst oder eine speziell eingerichtete Widerspruchsbehörde – zum Ergebnis, dass die Stiftung hätte anerkannt werden müssen, gibt sie dem Widerspruch statt und erkennt die Stiftung an. Andernfalls erlässt die Behörde einen Widerspruchsbescheid. In diesem muss sie die Ablehnung des Widerspruchs begründen.
  • Klage: Gegen die ablehnende Entscheidung im Widerspruchsverfahren – oder wenn ein Vorverfahren nicht erforderlich ist – kann der Stifter Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO). Diese Klage zielt darauf ab, die Stiftungsbehörde zur Anerkennung der Stiftung zu verpflichten.
  • Klagebefugnis: Klagebefugt ist ausschließlich der Stifter. Künftige Destinatäre oder andere Dritte, wie etwa Ehepartner oder Kinder des Stifters, sind regelmäßig nicht klagebefugt.
  • Frist und Zuständigkeit: Die Klage ist innerhalb eines Monats nach ordnungsgemäßer Zustellung des Ablehnungs- bzw. Widerspruchsbescheids zu erheben. Zuständig ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Stiftung ihren Sitz hat.
  • Begründetheit: Die Klage ist begründet, wenn die Ablehnung der Anerkennung rechtswidrig ist und der Stifter einen Anspruch auf Anerkennung hat.

Beispiel

Stifter A möchte eine gemeinnützige Stiftung mit dem Zweck „Förderung der Wissenschaft und Forschung“ errichten und diesen Zweck durch Stipendienvergabe an Doktoranden verfolgen. A möchte der Stiftung zehn Mio. Euro als Grundstockvermögen stiften. Die Stiftung soll einen Vorstand mit drei Personen haben. Die Stiftungsbehörde ist jedoch der Meinung, dass eine Stiftung mit einem so großen Vermögen einen Stiftungsrat benötigt. Da der Stifter keinen Stiftungsrat einrichten möchte, lehnt die Stiftungsbehörde die Anerkennung der Stiftung ab.
Lösung: Der Stifter muss gegen den ablehnenden Bescheid zunächst verwaltungsbehördlich Widerspruch einlegen und dann gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid vor dem Verwaltungsgericht klagen, damit seine Stiftung anerkannt wird. Die Klage ist begründet. Denn die Stiftungsbehörde ist nicht berechtigt, vom Stifter die Einrichtung eines zweiten Organs zu verlangen. Die Stiftungsbehörde wird dann durch ein Urteil verpflichtet, die Stiftung anzuerkennen.
Praxistipp | Es besteht regelmäßig kein Anwaltszwang. Die Stiftung, vertreten durch ihren Vorstand, ist jedoch gut beraten, einen qualifizierten Anwalt zuzuziehen, da es sich beim Stiftungsrecht um eine spezielle Materie handelt.

2. Fall: Anerkennung mit Nebenbestimmungen

Die Stiftungsbehörde kann die Stiftung auch anerkennen, im Anerkennungsbescheid jedoch gewisse Auflagen (sog. Nebenbestimmungen) festlegen. Der Stifter kann dann mittels Widerspruch und Anfechtungsklage ausschließlich gegen die Nebenbestimmung vorgehen. Die Rechtsmitteleinlegung berührt die Anerkennung nicht.

Auch in diesem Fall ist der Stifter verpflichtet, zunächst ein verwaltungsbehördliches Vorverfahren zu durchlaufen. Erst danach kann er eine Anfechtungsklage gegen die Stiftungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht erheben (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO). Widerspruchs- und klagebefugt sind sowohl der Stifter als auch die Stiftung, vertreten durch den Vorstand. Denn anders als im Fall 1 existiert die Stiftung bereits durch die Anerkennung.

Beispiel

Stifter A möchte eine gemeinnützige Stiftung mit dem Zweck „Förderung der Wissenschaft und Forschung“ errichten und diesen Zweck durch Stipendienvergabe verfolgen. A möchte der Stiftung 500.000 Euro als Grundstockvermögen stiften. Die Stiftungsbehörde meint, dass das Stiftungsvermögen nicht ausreicht, um den Stiftungszweck auf Dauer zu verfolgen. Sie erkennt die Stiftung unter der Auflage an, dass der Stifter binnen fünf Jahren weitere 500.000 Euro zustiftet.
Lösung: Im vorliegenden Beispiel wäre die Anfechtungsklage begründet, da die Stiftung ausreichendes Vermögen für ihre Zweckverfolgung erhalten hat und damit die Auflage rechtswidrig war, eine weitere Zustiftung vorzunehmen. Der Stifter hatte somit einen Anspruch auf Anerkennung seiner Stiftung ohne diese Nebenbestimmung. Durch die Anfechtungsklage wird die belastende Auflage beseitigt.

3. Fall: Untätigkeit der Stiftungsbehörde

Sofern die Stiftungsbehörde trotz eines Anerkennungsantrags des Stifters nicht reagiert, kann er frühestens drei Monate nach Antragstellung eine sog. Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben. Da es keinen Ablehnungsbescheid gibt, besteht keine Erfordernis für ein behördliches Vorverfahren. Ziel der Untätigkeitsklage ist, dass die Stiftungsbehörde verpflichtet wird, über den Anerkennungsantrag zu entscheiden.

4. Fall: Vorbehalte Dritter

In der Praxis haben nicht selten Dritte Einwände gegen die Existenz der Stiftung. Oft sind es Familienangehörige, die die Anerkennung verhindern wollen. Doch mit Einwänden kommen Dritte meist nicht weit: Denn im verwaltungsbehördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren darf immer nur derjenige Widerspruch und Klage erheben, der durch die Anerkennung der Stiftung in seinen Rechten verletzt sein könnte. Bei der lebzeitigen Stiftungserrichtung sind Dritte im Regelfall nicht in eigenen Rechten betroffen, da die Anerkennung der Stiftung Rechte Dritter in keiner Weise berührt. Sie sind daher weder widerspruchs- noch klagebefugt.

Beispiel

Der Stifter A möchte eine Stiftung errichten. Seine Kinder möchten gegen die Anerkennung der Stiftung vorgehen, da durch diese ihre mögliche Erb- und Pflichtteilsmasse erheblich geschmälert wird.
Lösung: Durch die Errichtung der Stiftung werden die Kinder des Stifters nur mittelbar und rein wirtschaftlich betroffen, ihre Rechte werden durch die Anerkennung nicht berührt. Es fehlt damit eine Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis.

Dritten steht jedoch immer die Möglichkeit offen, ihre behaupteten Ansprüche vor dem Zivilgericht zu verfolgen. Dabei können sie z. B. geltend machen, dass das Vermögen des Stifters ihm nicht gehört oder dass die Einsetzung der Stiftung zur Erbin bzw. Vermächtnisnehmerin unwirksam ist. Solange die Stiftung anerkannt ist, kann sie auch Klägerin und Beklagte in diesen Verfahren sein. Durch die Einlegung eines Widerspruchs oder die Erhebung einer Klage vor den Verwaltungsgerichten gegen die Anerkennung tritt ein sog. Suspensiveffekt ein. Das bedeutet, dass die Anerkennung der Stiftung rückwirkend wieder aufgehoben wird, sodass es (für die Zeit des Rechtsstreits) so ist, als würde die Stiftung nicht existieren. Dies führt dazu, dass sie nicht mehr Partei in einem zivilgerichtlichen Rechtsstreit sein kann. Der Suspensiveffekt tritt jedoch dann nicht ein, wenn gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Stiftungsanerkennung angeordnet wird.

Weiterführende Hinweise
  • Krezer, in: Stiftungsrecht nach der Reform, 2. Auflage 2024, Kapital 10.
  • Die Beitragsserie wird fortgesetzt. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe mehr zum Thema Streitigkeiten um Rechte und Pflichten von Stiftungsmitgliedern.

AUSGABE: SB 3/2025, S. 55 · ID: 50283669

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