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SBStiftungsBrief

Familienstiftung Beim BFH: Wirken sich die Anfallsberechtigten negativ auf das Steuerklassenprivileg aus?

Abo-Inhalt12.02.20254 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Errichtung einer Familienstiftung unterliegt nach Abzug eines Freibetrags der Schenkungssteuer. Doch wie hoch ist der Freibetrag? Darüber gab es bisher oft Streit – bis zum BFH-Urteil vom 28.02.2024. Dieser subsumierte unter den Begriff des „entferntest Berechtigten“ nämlich auch noch nicht geborene, aber nach der Stiftungssatzung potenziell berechtigte Personen. Nun feuert die Finanzverwaltung die Diskussion erneut an. Sie wirft die Frage auf, ob auch das Verwandtschaftsverhältnis zu etwaigen Anfallsberechtigten zu berücksichtigen ist. Das letzte Wort hat der BFH. |

Das Steuerklassenprivileg bei der Stiftungserrichtung

Bei der Errichtung einer Familienstiftung wird auf diese Vermögen übertragen. Diese Vermögensübertragung unterliegt der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG). Maßgebend ist die Bereicherung der Stiftung – soweit diese nicht steuerfrei ist. Das erfordert eine Bewertung der übertragenen Vermögensgegenstände nach § 12 ErbStG. Im Anschluss werden Freibeträge abgezogen und die anzuwendende Steuerklasse ermittelt. Da die Stiftung niemandem gehört, besteht zwischen dem Stifter und der Stiftung kein persönliches Verhältnis. Daraus folgt, dass grundsätzlich nur ein Freibetrag von 20.000 Euro abzuziehen wäre (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) und die ungünstige Steuerklasse III gelten müsste. Der Steuersatz betrüge dann 30 oder 50 Prozent – wäre da nicht § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG.

„Entferntest Berechtigter“ ist entscheidend

§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG sieht bei der Errichtung einer Familienstiftung ein Privileg vor. Für die Besteuerung ist das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter zugrunde zu legen („Steuerklassenprivileg“). Dieses Näheverhältnis gilt dann für die Steuerklasse und für den Freibetrag (R E 15.2 Abs. 2 ErbStR). „Entferntest Berechtigter“ ist derjenige, der zumindest theoretisch von der Stiftung gemessen an der Stiftungssatzung bedacht werden kann und für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an ihn erfolgt. Ob dieser Berechtigte bereits bei Stiftungserrichtung bezugsberechtigt ist und ob dieser einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil aus der Stiftung hat, spielt keine Rolle (R E 15.2 Abs. 1 S. 3 ErbStR).

Bereits potenziell „entferntest Berechtigter“ zählt

Der BFH hat 2024 nun klargestellt: Als „entferntest Berechtigter“ zum Schenker ist derjenige anzusehen, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann. Unerheblich ist, ob die Person zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren ist, jemals geboren wird und tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen wird (BFH, Urteil vom 28.02.2024, Az. II R 25/21, Abruf-Nr. 241787).

Finanzverwaltung will Anfallsberechtigte einbeziehen

Nun hat die Finanzverwaltung einen neuen Gedanken: Ist hinsichtlich des Begriffs „entferntest Berechtigter“ wie bisher geschehen nur auf die Bezugsberechtigten abzustellen, oder sind auch die Anfallsberechtigten zu berücksichtigen? In einem Verfahren vor dem FG Rheinland-Pfalz führte das Finanzamt nämlich aus, dass der Freibetrag im Urteilsfall nicht 100.000 Euro, sondern nur 20.000 Euro betragen würde, da auch die anfallsberechtigten Personen einbezogen werden müssten.

Für die Dauer des Bestehens der Familienstiftung kann diese Leistungen an die Bezugsberechtigten erbringen. Wird die Stiftung aufgelöst, dann geht zum Auflösungszeitpunkt vorhandenes Restvermögen an die Anfallsberechtigten. Wer das ist, bestimmt sich

  • bis zum 01.01.2023 – wie auch im Streitfall – nach § 88 BGB. Hiernach fällt mit dem Erlöschen der Stiftung das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen, wenn dort solche Personen als Anfallsberechtigte benannt sind. Fehlt es an dieser Bestimmung, fällt das Vermögen an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte, oder an einen anderen nach dem Recht dieses Landes bestimmten Anfallsberechtigten.
  • seit dem 01.01.2023 nach § 87c Abs. 1 BGB. Danach fällt das Stiftungsvermögen wie bisher an die in der Satzung bestimmten Anfallsberechtigten, wobei die Satzung auch vorsehen kann, dass die Anfallsberechtigten durch ein Stiftungsorgan bestimmt werden. Fehlt es daran, fällt das Stiftungsvermögen wie bisher an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte.

FG Rheinland-Pfalz: Anfallsberechtigung spielt keine Rolle

Wären die Anfallsberechtigten einzubeziehen, käme dies nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz dem Ergebnis eines fixen Freibetrags gleich, der sich stets nur auf 20.000 Euro – und nicht mehr – belaufen würde. Eine solche Lösung sei durch die in § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG gewählte Regelungstechnik jedoch gerade nicht beabsichtigt und würde das Gesetzgebungsziel unterlaufen.

Das FG entschied deshalb, dass auf Basis einer systematischen, historischen und teleologischen Auslegung zwischen der Steuersatzprivilegierung für Bezugsberechtigte und der Regelung für Anfallsberechtigte klar zu trennen sei. Personen, denen an der Familienstiftung lediglich eine Anfallsberechtigung zukommt, sind deshalb nicht in den Kreis des „entferntest Berechtigten“ i. S. v. § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG einzubeziehen; sie wirken sich folglich nicht auf die anzuwendende Steuerklasse und den zu gewährenden Freibetrag aus (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.10.2024, Az. 4 K 1042/23, Abruf-Nr. 245491).

Praxistipp | Urteile zu der Frage, ob die Anfallsberechtigten bereits bei der Bestimmung der Steuerklasse und des Steuersatzes zu berücksichtigen sind, sind bisher nicht vorhanden. Da die Finanzverwaltung aber Revision beim BFH eingelegt hat (Az. beim BFH II R 35/24), wird bald geklärt sein, wer in § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG gemeint ist. Betroffene halten ihre Bescheide offen.

AUSGABE: SB 3/2025, S. 52 · ID: 50271089

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