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GesetzesänderungenDas sind die bedeutendsten Änderungen und Anpassungen zum Jahreswechsel für Stiftungen
| Die im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) enthaltenen Gesetzesänderungen für Gemeinnützige sind – größtenteils – am 01.01.2025 in Kraft getreten. SB hat das JStG 2024 für Sie unter die Lupe genommen und gibt einen Überblick über die für Stiftungen bedeutendsten Änderungen und Anpassungen. |
Die „neue“ Wohngemeinnützigkeit
Die Überlassung von vergünstigtem Wohnraum an hilfebedürftige Personen ist mit § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 AO seit dem 01.01.2025 ausdrücklich in den Katalog der gemeinnützigen Zwecke aufgenommen.
Gesetzeswortlaut seit 01.01.2025 |
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Diese Voraussetzungen müssen für Wohngemeinnützigkeit erfüllt sein
Nach der Gesetzesbegründung ist der wohngemeinnützige Zweck bei einer vergünstigten Vermietung an hilfebedürftige Personen nach § 53 AO erfüllt. Folge ist die ideelle Zweckverwirklichung (BT-Drucksache 20/12780 vom 09.09.2024, Seite 166 ff.). Dabei ist die Überlassung von Wohnraum unter drei Voraussetzungen steuerbegünstigt:
Beispiel |
Der Alleinstehende M hat 2025 monatliche Bezüge von insgesamt 3.350 Euro. Die S-Stiftung fragt, ob sie an M – wohngemeinnützig – vergünstigt vermieten kann. Ergebnis: Die S-Stiftung kann an M wohngemeinnützig vermieten, weil er die Bezugsgrenze von 3.378 Euro (= sechsfacher Regelsatz von monatlich 563 Euro gemäß § 28 SGB XII) nicht erreicht. M gilt insoweit als wirtschaftlich hilfebedürftig. |
- Anforderungen an Vermieter: Der Vermieter muss steuerbegünstigt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sein und die hierzu erforderlichen formellen und materiellen Anforderungen erfüllen. Das bedeutet für Stiftungen als Vermieter, dass diese nach ihrer Satzung und dem Stiftungsgeschäft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen müssen. Hierbei muss die vergünstigte Wohnraumüberlassung darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 AO).Vermieter muss steuerbegünstigt sein
- Anforderungen an Mieter: Unter Verweis auf § 53 AO sind zwei Varianten privilegiert – die persönliche und die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit:
- Die Mieter sind körperlich, geistig oder seelisch hilfebedürftige Personen i. S. v. § 53 S. 1 Nr. 1 AO. Zum Nachweis kann z. B. eine Pflegeeinstufung vorgelegt werden. Oder aber der Mieter ist schon über 75 Jahre alt (Abschn. 4 AEAO zu § 53 AO). Auf eine wirtschaftliche Unterstützungsbedürftigkeit kommt es dann nicht an (Abschn. 3 AEAO zu § 53 AO).
- Wirtschaftlich hilfebedürftig sind Mieter, wenn deren Bezüge nicht höher sind als das Fünffache bzw. bei Alleinerziehenden oder Alleinstehenden das Sechsfache des Regelsatzes der Sozialhilfe nach § 28 SGB XII. Zu den relevanten Bezügen zählen alle Einkünfte sowie alle anderen für die Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezüge aller Haushaltsangehörigen (Abschn. 6 S. 1 AEAO zu § 53 AO).Das sind die Einkunftsgrenzen bei wirtschaftlicher Hilfebedürftigkeit
- Anforderungen an den Mietzins: Der Mietzins muss vergünstigt und damit dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen. Dazu ist jeweils zu Beginn des Mietverhältnisses und bei jeder Mieterhöhung darzulegen, dass
- entweder der Mietzins dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt ist; diese orientiert sich an der ortsüblichen Nettokaltmiete lt. Mietpreisindex;
- oder der Mietzins nur die tatsächlichen Aufwendungen (inkl. Abschreibungen) ohne Gewinnaufschlag deckt.
Das sind die Folgen der Zuordnung zum ideellen Bereich
Sind die Voraussetzungen erfüllt, können potenziell entstehende Verluste aus dem Bereich der vergünstigten Wohnraumüberlassung mit anderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden.
Praxistipp | Anders als bei der bisherigen Zuordnung der reinen Wohnraumüberlassung zur Sphäre der steuerfreien Vermögensverwaltung eröffnet die Zuordnung zum ideellen Bereich Gestaltungen: Es ergeben sich nun umfangreiche Finanzierungsmöglichkeiten von Investitionen in die Errichtung, Instandhaltung und Modernisierung von Wohnimmobilien auch mit zeitnah zu verwendenden Mitteln, z. B. mit Spendengeldern. Zudem können derartige Investitionsvorhaben in der Mittelverwendungsrechnung z. B. als steuerliche Projekt- bzw. Investitionsrücklagen berücksichtigt werden, sofern die Unterstützung hilfebedürftiger Personen zur Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke dem Stifterwillen entspricht. |
Anwendungsfälle ergeben sich z. B. für das sog. Servicewohnen. Bislang musste für eine Zweckbetriebszuordnung entweder nachgewiesen werden, dass 2/3 der Leistungsempfänger hilfebedürftig sind (§§ 53, 66 AO) oder dass die Wohnraumüberlassung (vertraglich und faktisch) mit Pflege- oder Betreuungsleistungen verbunden ist (§ 68 Nr. 1a AO, AEAO Nr. 2 S. 1 zu § 68 Nr. 1 AO). Andernfalls war dieses Betätigungsfeld in der Regel der Vermögensverwaltung zuzuordnen – mit gravierenden Einschränkungen der Stiftung bei der Mittelverwendung. Nunmehr kann jeder einzelne Vermietungssachverhalt als gemeinnützig eingeordnet werden, wenn die drei vorbeschriebenen Anforderungen für die Wohngemeinnützigkeit erfüllt werden.
Zu Beginn des Mietverhältnisses wird die Hilfebedürftigkeit überprüft
Die Voraussetzungen für die Hilfebedürftigkeit sind lediglich zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses nachzuweisen. Die darauffolgende Einkommensentwicklung der Mieter bleibt unberücksichtigt.
Gemeinnützigkeit bleibt auch bei Sphärenwechsel bestehen
Im Laufe der Mietzeit kann es zu einer Überführung aus dem ideellen Bereich in die Vermögensverwaltung kommen. Grund dafür kann sein, dass die Wohnung nicht mehr vergünstigt oder nicht an eine begünstigte Person überlassen wird. Dieser Sphärenwechsel führt nach der Gesetzesbegründung regelmäßig nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Unklar ist aber, ob in diesem Fall die zeitnahe Verwendungspflicht dennoch auflebt. U. E. widerspräche diese Folgewirkung dem vertrauensschützenden Charakter der Regelung.
Wichtig | Klärungsbedürftig erscheinen die formellen Anforderungen an die Satzung der vermietenden Körperschaft. Des Weiteren wirft die Einordnung als ideelle Tätigkeit Fragen auf. Rechtssystematisch müsste der Wohnraumüberlassung die wirtschaftliche Betätigung abgesprochen werden, um diese der ideellen Sphäre zuzuordnen, § 14 AO. Angesichts der mit den Mieteinnahmen verbundenen Gegenleistung ist dies fraglich. Möglicherweise ist die Einordnung als „ideelle Tätigkeit“ untechnisch zu verstehen. Für diesen Fall wären die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach §§ 65 ff. AO zu prüfen, § 64 Abs. 1 AO. Werden im Zusammenhang mit der Wohnraumvermietung z. B. auch Kooperationsleistungen nach § 57 Abs. 3 AO erbracht, um einen gemeinsamen Zweckbetrieb zu verwirklichen, wäre u. E. jedenfalls zu prüfen, ob mit der vergünstigten Vermietung ein Zweckbetrieb nach §§ 65 ff. AO verwirklicht wird.
Gesetz gibt künftig Planungssicherheit bei Rücklagenbildung
Nach dem neuen § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO können Körperschaften ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nachhaltig zu erfüllen.
Es kommt bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der Stiftung aus der Ex-ante-Perspektive an, so die Gesetzesbegründung. Das heißt: Die Beurteilung des Erfordernisses einer Rücklagenbildung wird durch Betrachtung der Ausgangssituation bei der Planung beurteilt. Das soll steuerbegünstigten Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit verschaffen. Damit lassen sich insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen. Eine zurückblickende Betrachtung, die möglicherweise zu anderen Erkenntnissen kommt, ist damit unschädlich. Dennoch müssen die Rücklagen nach wie vor aufgelöst werden, sollte ein noch nicht umgesetztes Projekt dann (mangels Erfordernisses) nicht mehr realisiert werden.
Wichtig | Die Anpassung korrespondiert mit der neuen Wohngemeinnützigkeit. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden (vgl. BT-Drucksache 20/12780 vom 09.09.2024, Begründung zu Art. 13 Nr. 2, Seite 167).
Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen: Das ist neu
Der Gesetzgeber hat die Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen zum 01.01.2025 angepasst.
Gesetzeswortlaut des § 4 Nr. 21 UStG |
Um Einrichtungen des öffentlichen Rechts ergänzt ... Für die in den Nummern 15b und 15c bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht.
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Der persönliche Anwendungsbereich der leistungserbringenden Bildungseinrichtungen ist nun erweitert auf Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Schul- und Bildungsaufgaben betraut sind, sowie auf Privatlehrer. Letztere müssen an Schulen und Hochschulen unterrichten, bedürfen aber als natürliche Personen selbst keiner Erlaubnis oder Bescheinigung.
Hingegen brauchen alle Bildungsinstitutionen nach Buchstabe a) und b) eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, die sich bezieht auf Schulunterricht, Hochschulunterricht, den mit einer Ausbildung einhergehenden – theoretischen und praktischen – Unterricht, Fortbildung oder berufliche Umschulung.
Die Grenze zu den nicht steuerbefreiten Leistungen zieht die EuGH-Rechtsprechung. So ist ein spezialisierter, punktuell erteilter (Einzel-)Unterricht nicht steuerbefreit. Dies gilt auch, wenn ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird. Typische Beispiele sind der Fahrschulunterricht sowie der Schwimmunterricht, die keine Merkmale des Schul- und Hochschulunterrichts aufweisen (EuGH, Urteil vom 14.03.2019, Rs. C-449/17, Abruf-Nr. 208050 – A & G Fahrschul-Akademie GmbH; EuGH, Urteil vom 21.10.2021, Rs. C-373/19, Abruf-Nr. 225477 – Dubrovin & tröger GbR-Aquantics).
AUSGABE: SB 1/2025, S. 3 · ID: 50262328