Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Jan. 2025 abgeschlossen.
GemeinnützigkeitsrechtBauliche Investitionen mit Stiftungsvermögen: Worauf kommt es in der Praxis an?
| Langfristige bauliche Investitionen mit dem Stiftungsvermögen werfen regelmäßig gemeinnützigkeitsrechtliche und stiftungsrechtliche Fragen auf. SB erreichte hierzu die Frage einer gemeinnützigen Stiftung. |
Frage: Unsere gemeinnützige Kulturstiftung beabsichtigt den Kauf eines Grundstücks. Auf diesem Grundstück möchte sie eine Kindertagesstätte (Kita) errichten, diese aber nicht selbst betreiben, sondern an
- einen privaten (nicht gemeinnützigen) Kindergartenbetreiber (1. Alternative) oder
- einen gemeinnützigen Kindergartenbetreiber (2. Alternative)
vermieten, der den Kindergarten unter eigenem Namen führt. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten belaufen sich auf zehn Mio. Euro, davon entfallen eine Mio. Euro auf den Kauf des Grundstücks.
Die Stiftung rechnet mit jährlichen Mieteinnahmen von nicht mehr als 260.000 Euro. Die jährliche Abschreibung beläuft sich bei einem Afa-Satz von drei Prozent auf 270.000 Euro. Vor diesem Hintergrund möchten wir wissen: Lässt sich das Projekt realisieren? Konkret: Welche gemeinnützigkeitsrechtlichen Überlegungen sind anzustellen? Was ist stiftungsrechtlich zu beachten?
Antwort: Die Kulturstiftung kann das Projekt realisieren, wenn sie die Immobilie an einen gemeinnützigen Kindergartenbetreiber vermietet. Voraussetzung ist allerdings, dass die Stiftungssatzung das erlaubt.
Gemeinnützigkeitsrechtliche Überlegungen
Zunächst stellt sich die Frage, welche Mittel die Stiftung für den Bau der Kita beabsichtigt, einzusetzen. Beabsichtigt die Stiftung zeitnah zu verwendende Mittel einzusetzen, muss sich die Nutzung – in dem Fall die Vermietung – ebenfalls dem steuerbegünstigten Bereich zuordnen lassen. Daher ist die vorrangige Frage, wie die Vermietungstätigkeit gemeinnützigkeitsrechtlich zu würdigen ist.
Langfristige Vermietungstätigkeit – und die Mittel dafür
Die langfristige Vermietung an einen Kindergartenbetreiber ist gemeinnützigkeitsrechtlich grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit. Das bedeutet: Zeitnah zu verwendende Mittel für die Anschaffung des Grundstücks und den Bau der Kita dürfen nicht eingesetzt werden.
Wichtig | Allerdings darf die Stiftung die Mittel aus der freien Rücklage entnehmen. Auch Mittel aus dem Grundstockvermögen können – soweit die Satzung der Stiftung dies ermöglicht – genutzt werden.
Zuordnung zur Vermögensverwaltung – dauerhafte Unterdeckung
Erfolgt die Zuordnung zur Vermögensverwaltung, darf die Tätigkeit – hier die Vermietungstätigkeit – nicht (dauerhaft) defizitär sein.
Zu einer Unterdeckung käme man im Fall der Kulturstiftung bereits allein durch die jährlichen Abschreibungen. Sondertatbestände, wie sie im AEAO zu § 55 AO formuliert sind, sind hier bei dem von der Kulturstiftung angedachten Vorhaben nicht einschlägig. Demnach wäre ein abschreibungsbedingter Verlust nur dann unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, wenn er ausschließlich durch die Berücksichtigung von anteiligen Abschreibungen auf gemischt genutzte Wirtschaftsgüter entstanden ist; das wäre hier nicht der Fall.
Zwar lässt die Finanzverwaltung weitere Ausnahmen in den Nrn. 4 bis 9 des AEAO zu § 55 AO zu, wonach der Verlust nicht schädlich ist. Keine Mittelfehlverwendung liegt etwa vor, wenn der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht (Nr. 6) oder genügend Verrechnungspotenzial aus Überschüssen anderer vermögensverwaltender Tätigkeiten in den jeweiligen Berichtsjahren oder den vorangegangenen Geschäftsjahren vorliegt (Nr. 4). Die Nrn. 4 bis 9 des AEAO zu § 55 AO sind aus unserer Sicht aber abschließend und führen die Fälle auf, in denen Verlustsituationen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und in der Vermögensverwaltung unschädlich sind.
Von einer Fehlkalkulation kann bei dem Vorhaben der Kulturstiftung nicht ausgegangen werden, wenn die Stiftung bereits von vornherein damit rechnet, dass die Vermietung ein Verlustgeschäft sein wird. Die von der Finanzverwaltung (noch) vorgesehene Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten mit Überschüssen aus anderen Geschäftstätigkeiten der jeweiligen Sphäre ist jedoch zumindest seit der Entscheidung des BFH vom 14.12.2023 (Az. V R 28/21, Abruf-Nr. 240817) für Dauerverluste kein Selbstläufer mehr.
Wichtig | Eine dauerhafte Unterdeckung dürfte daher u. E. stets zu einer Gemeinnützigkeitsgefährdung führen; dies jedenfalls dann, wenn die Vermietung an einen gewerblichen Kindergartenbetreiber erfolgen würde.
Ausweg: Vermietung an gemeinnützigen Kindergartenbetreiber
Für die Vermietung an einen gemeinnützigen Kindergartenbetreiber könnte die Kulturstiftung möglicherweise einen nunmehr auch durch die Finanzverwaltung abgesegneten Ausweg nutzen: Werden unentgeltlich oder maximal bis zur Kostendeckung Nutzungen überlassen oder Dienstleistungen an andere steuerbegünstigte Einrichtungen erbracht, liegt insofern eine nicht steuerschädliche Fördertätigkeit nach § 58 Nr. 1 AO vor. In diesem Falle könnte die Stiftung den Bau der Kita sogar aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanzieren.
Die Zwecke der Stiftung und des gemeinnützigen Kindergartenbetreibers müssen dabei nicht notwendigerweise identisch sein. Auch muss die Fördertätigkeit nicht zwingend in der Satzung geregelt sein, wenn es sich dabei nicht um die einzige Art der Zweckverwirklichung handelt (sehen Sie dazu im Einzelnen Nr. 3 AEAO zu § 58 AO).
Wichtig | Eine Unterdeckung in der Vermietung ist daher in diesem Fall für die gemeinnützige Stiftung steuerlich unschädlich, wenn die Vermietung an einen gemeinnützigen Kindergartenbetreiber erfolgt und als Fördertätigkeit nach § 58 Nr. 1 AO zu werten ist.
Was ist stiftungsrechtlich zu beachten?
Neben den gemeinnützigen Aspekten muss die Stiftung auch die stiftungsrechtlichen Anforderungen beachten. Aus stiftungsrechtlicher Sicht gilt zunächst: Der Stiftungsvorstand muss sich aus Compliance-Gesichtspunkten an die geltenden Gesetze halten. Das bedeutet: Eine gemeinnützigkeitsgefährdende Vermietung ist stiftungsrechtlich schädlich. Soll heißen:
Vermietung etwa an gewerblichen Kindergartenbetreiber schädlich
Eine gemeinnützigkeitsgefährdende Vermietung etwa an einen gewerblichen Kindergartenbetreiber – wie von der Kulturstiftung angedacht – ist auch stiftungsrechtlich schädlich.
Vermietung an gemeinnützigen Betreiber kann unschädlich sein
Die alternativ von der Kulturstiftung angedachte Vermietung an einen gemeinnützigen Kindergartenbetreiber ist nicht kostendeckend, aber nach § 58 Nr. 1 AO gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig. Hier bedarf es aber stiftungsrechtlich einer weiteren Prüfung, nämlich was in der Stiftungssatzung steht.
- Zwar müssen sich – wie oben ausgeführt – gemeinnützigkeitsrechtlich die Zwecke der Stiftung und des Zuwendungsempfängers unter den Voraussetzungen des Nr. 3 AEAO zu § 58 AO nicht notwendigerweise decken; die Kulturstiftung kann daher durchaus Zwecke einer Körperschaft mit anderer Zweckausrichtung fördern. Aus der gemeinnützigkeitsrechtlichen Zulässigkeit lässt sich aber nicht automatisch auf die stiftungsrechtliche Zulässigkeit schließen.
- Stiftungsrechtlich ist noch die Stiftungssatzung zu prüfen. Denn die Stiftungsorgane sind neben den gesetzlichen Anforderungen auch an die Vorgaben in der Satzung gebunden.... stiftungsrechtliche Zulässigkeit anhand der Satzung zu prüfen
- Regelt die Satzung z. B. auch die Fördertätigkeit und besteht dort eine eindeutige Zweckbindung, so muss das geplante Objekt zumindest auch der Verwirklichung des eigenen Zwecks dienen.
- Ist nach der Satzung der Stiftung eine Zuordnung zur Fördertätigkeit nicht möglich, kann die Stiftung allenfalls die Vermietungstätigkeit im Rahmen der Vermögensverwaltung ausüben; dies aber auch nur dann, wenn die Stiftungssatzung dies hergeben würde. Regelungen wie etwa „Das Grundstockvermögen kann in Aktien, festverzinslichen Wertpapieren und Investmentfonds sowie Beteiligungen gehalten werden“ wären für die geplante Vermietungstätigkeit schädlich.Gestattet die Satzung Förder- oder Ver-mietungstätigkeit?
Wenn Stiftungssatzung Fördertätigkeit nicht gestattet
Stellt die Kulturstiftung fest, dass eine Fördertätigkeit aufgrund der engen Stiftungssatzung nicht möglich ist, die Satzung ihr aber die Anlage/Umschichtung in Immobilien erlaubt, könnte gemeinnützigkeitsrechtlich noch der Ausweg über eine (sofortige) Wertberichtigung bleiben.
Der Charme einer Wertberichtigung
Durch eine Wertberichtigung könnte – falls rechtlich zulässig – zumindest eine dauerhafte Verlustdarstellung vermieden werden.
Vereinfachtes Beispiel | ||||||||
Bei der Stiftung läge der Jahresreinertrag bei 208.000 Euro (Mieteinnahmen von 260.000 Euro abzüglich angenommener jährlicher Betriebskosten von 52.000 Euro). Auf 33 Jahre (Abschreibungsperiode) gesehen, führt dies zu Einnahmen von 6,864 Mio. Euro. Bei einer entsprechenden Wertberichtigung ergäbe sich folgendes Bild:
|
Außer dem Jahr der Wertberichtigung würde die Stiftung in den folgenden Jahren (leicht) positive Ergebnisse zeigen. Eine gemeinnützigkeitsrechtliche Dauerverlustsituation würde sich nicht ergeben.
Aber: Gemeinnützigkeitsrechtliche Bedenken gegen Wertberichtigung
Gleichwohl bestehen u. E. erhebliche gemeinnützigkeitsrechtliche Bedenken, und zwar bezogen auf das Berichtigungsjahr, das für diese Vermögensanlage aufgrund der Wertberichtung mit einem deutlichen Verlust endet. Auch ein einzelner Verlust in der Vermögensverwaltung – zumindest in dieser Größenordnung – wird die Gemeinnützigkeit gefährden können. Denn auch hier werden Mittel des ideellen Bereichs für den Ausgleich des Verlustes herangezogen (verwendet) werden.
Die Kulturstiftung hätte daher zu prüfen, ob einer der in den Nrn. 4 bis 9 AEAO zu § 55 AO genannten Ausnahmefälle einschlägig sein könnte. Keine Mittelfehlverwendung liegt z. B. vor, wenn genügend Verrechnungspotenzial aus Überschüssen anderer vermögensverwaltender Tätigkeiten im Berichtsjahr oder den vorangegangenen (sechs) Geschäftsjahren vorliegt.
Möglicherweise ergibt sich hier durch die isolierte Betrachtung auf ein Geschäftsjahr eine andere ggf. positive Bewertungssituation.
Finanzverwaltung mit ins Boot holen |
AUSGABE: SB 1/2025, S. 7 · ID: 50240937